Welche Partei punktet in BaWü bei den Apothekern? |
Ev Tebroke |
12.03.2021 12:00 Uhr |
In Baden-Württemberg schließen immer mehr Vor-Ort-Apotheken auf dem Land. Was wollen Sie dagegen tun?
Spätestens die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Apotheke vor Ort unersetzlich ist. Oftmals erfolgt die Schließung einer Apotheke, weil die Ärztin oder der Arzt in der Gemeinde aufgibt. Deshalb ist es so wichtig, die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in den Fokus zu nehmen. Dies gelingt aus unserer Sicht durch die Wiederherstellung der Attraktivität des Arztberufs. Als weiteren Punkt wollen wir das Förderprogramm Landärzte weiterentwickeln. Im Hinblick auf die Apotheken vor Ort ist uns Wettbewerbsgleichheit sehr wichtig. Die wesentliche Stellschraube der Wettbewerbsgleichheit zwischen inländischer Vor-Ort-Apotheke und dem Versand aus dem europäischen Ausland liegt auf Bundesebene. Hier wurden wichtige Schritte eingeleitet. Es muss ein Bewusstsein geschaffen werden, dass Arzneimittel Güter der besonderen Art sind. Die Beratung des verantwortlichen Apothekers vor Ort ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Homöopathische Arzneimittel sollen weiterhin apothekenpflichtig sein. Wir unterstützen das Ziel, die Leistungen von Apothekern wie die Notdienste und die Fertigung von Rezepturen angemessen zu honorieren. Bei einer Verschärfung der Situation könnte analog zum Landärzteprogramm eine entsprechende Förderung angedacht werden.
Wenn die Apothekenzahl stetig sinkt, wie wollen Sie die Arzneimittelversorgung auf dem Land aufrechterhalten? Welche Konzepte befürworten Sie?
Foto: FDP-BaWü
Die Apotheke am Ort ist für uns ein wesentlicher Standortfaktor. Wir sind nicht bereit, diese leichtfertig aufzugeben. Zusammen mit Kammer und Verband sind tragfähige Konzepte erforderlich, die auf der freiberuflichen inhabergeführten Apotheke aufbauen. Gute Erfahrungen wurden im Land mit Rezeptsammelstellen, Botendiensten und der Digitalisierung gemacht.
Gerade in ländlichen Gegenden wird die Vernetzung der Heilberufler immer wichtiger. Welche Vorschläge haben Sie um diese auszubauen?
Eine umfassende Digitalisierungsstrategie kann die Zusammenarbeit erleichtern. Bereits heute ist die Beratung und die Rolle der Apothekerinnen und Apotheker insbesondere bei der Medikation aus unserer Sicht unersetzlich. Wir gehen davon aus, dass die Behandlung von Patientinnen und Patienten immer mehr in Teams erfolgen wird. Deshalb sollten Modelle der Delegation bis hin zur Substitution entwickelt werden. Es ist erfreulich, dass die Apotheken in die Corona-Tests einbezogen wurden – auch wenn dies manchmal vor Ort auch Herausforderungen brachte. In der Bevölkerung wurde hierdurch und auch durch die Abgabe von FFP2-Masken die Apotheke als Ort der Gesundheit und Unterstützung sowie der kompetenten Beratung noch bekannter.
Den Vor-Ort-Apotheken fehlt der Nachwuchs. Welche Ideen haben Sie, um die Arbeit in der Offizin attraktiver zu machen?
Es braucht Planbarkeit und verlässliche Rahmenbedingungen, damit sich junge Menschen für dieses Studium begeistern und entscheiden. Es muss klar werden, dass Arzneimittel Güter besonderer Art sind und auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zum Teil erhebliche Risiken bergen. Deshalb braucht es aus unserer Sicht die kompetente Beratung der Apothekerin und des Apothekers. Es ist ein Irrweg, wenn eine einseitige Fokussierung auf den allerbilligsten Preis erfolgt. Modelle der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie des Berufseinstiegs in Anstellung können zudem den Berufsanfang erleichtern. Bezüglich der Rahmenbedingungen können wir die Forderung nach einer regelmäßigen Entgeltdynamisierung gut nachvollziehen.
Wo sehen Sie künftig die Rolle der Vor-Ort-Apotheken in der Arzneimittelversorgung?
Durch die personalisierte Medizin sehen wir neue Chancen für die Apotheken vor Ort. Es gibt spannende Überlegungen und Entwicklungen wie das Drucken von Medikamenten in der Offizin. Wir wollen weiterhin die Apotheken als kompetente Stellen der Arzneimittelberatung und -abgabe. Wir Freien Demokraten messen den Apotheken große Bedeutung bei. Während unserer »Woche der Gesundheit und Pflege« in diesem Jahr haben wir deshalb unter dem Titel »Der Gesundheitstalk: Die Apotheke vor Ort – mehr als Abgabestelle von Arzneimitteln« zusammen mit dem Präsidenten der Landesapothekerkammer und der Geschäftsführerin des Landesapothekerverbands am 2. Februar 2021 die wesentliche Herausforderungen und Perspektiven herausgearbeitet. Die Veranstaltung können Sie hier einsehen.
Welche weiteren Aufgaben/Dienstleistungen sollten Apotheken in Zukunft übernehmen?
Apotheken bieten heute schon eine Vielzahl von Dienstleistungen und Produkten, die von den Kundinnen und Kunde gerne nachgefragt werden. Wir sind offen für weitere Entwicklungen, wie wir dies oben mit dem Team-Ansatz bereits beschrieben haben.
Was die Arzneimittelversorgung betrifft, welche Lehren ziehen Sie aus der Corona-Pandemie?
Hierzu haben wir unserem Wahlprogramm die Aussage, dass wir Baden-Württemberg als Standort der pharmazeutischen Industrie stärken werden. Hierbei sind insbesondere die Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen. Es muss eine Strategie zur Grundstoff- und Arzneimittelproduktion im Land und in der EU geben, um bei Unterbrechungen der Lieferketten handlungsfähig zu bleiben.