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Covid-19-Erkrankung

Welche MS-Patienten sollten Corona-Medikamente bekommen?

Multiple Sklerose (MS) an sich ist kein Risikofaktor für einen schweren Covid-19-Verlauf, die Therapie mit bestimmten MS-Medikamenten schon. Die Fachgesellschaft gibt nun eine Empfehlung, ob und wann Corona-Infizierte MS-Patienten Antikörper, Lagrevio® oder Paxlovid™ bekommen sollten.
Daniela Hüttemann
26.01.2022  09:05 Uhr

»Bei MS-Patienten , die bestimmte Immuntherapien erhalten, muss mit einem abgeschwächten Impfschutz gerechnet werden«, warnt aktuell die Deutsche Multiple-Sklerose-Gesellschaft (DMSG). Konkret nennt sie die S1P1-Modulatoren Fingolimod, Siponimod, Ozanimod und Ponesimod sowie die B-Zell-depletierenden Therapeutika Ocrelizumab, Ofatumumab, Rituximab und Inebelizumab (letzteres ein Immuntherapeutikum für Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen). Unter diesen Medikamenten sei eine reduzierte Impfantwort belegt.

Der Fachausschuss Arzneimittel und Versorgung des Krankheitsbezogenen Kompetenz-netzwerks Multiple Sklerose (KKNMS) empfiehlt nun den Einsatz von Covid-19-Therapeutika bei MS-Patienten unter oben genannter Therapie, wenn bei ihnen eine nachgewiesene SARS-CoV-2-Infektion vorliegt. Die Covid-19-Behandlung sollte dann spätestens sieben nach Tage nach Symptombeginn starten. Die gleiche Empfehlung gilt, wenn aus anderen Gründen kein ausreichend hoher SARS-CoV-2-Spikeprotein-Titer erreicht wird.

Darüber hinaus empfiehlt der Ausschuss ebenfalls eine frühzeitige Covid-19-Behandlung, wenn weitere Risikofaktoren vorliegen, zum Beispiel ein Alter über 50 Jahre, ein höherer Grad an Behinderung (EDSS-Werte > 6,5), Adipositas, eine zusätzliche Immunsuppression oder weitere chronische Vorerkrankungen.

»Da Omikron derzeit die vorherrschende Virusvariante in Deutschland ist, sollte sich die Auswahl des therapeutischen Konzeptes an der Wirksamkeit gegen Omikron orientieren«, schieben die Autoren zugleich hinterher. Auch eine Post-Expositionsprophylaxe mit den monoklonalen Antikörper könne bei oben genannten MS-Patienten dann erwogen werden.

»Ganz wichtig und unstrittig: Die prophylaktische Gabe der monoklonalen Antikörper (passive Immunisierung) ist keine Alternative zu einer aktiven Immunisierung (Impfung), unter anderem auch, weil der Schutz nur kurz anhält und sich kein immunologisches Gedächtnis ausbildet«, betont der Ausschuss.

»Eine vollständige Impfung inklusive der dritten Impfung soll unter allen MS-Therapien und bei allen MS-Patienten unbedingt erfolgen«, betont Professor Dr. Heinz Wiendl, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Münster und Sprecher des Vorstandes des KKNMS.

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