Was tun bei einem Kater? |
Stada warb auf seinem Instagram-Account für Elotrans unter anderem mit Bildern einer Silvester-Party, bei der die Feiernden nach Elotrans-Packungen greifen (Symbolbild). / Foto: Getty Images/Eye Em/Elizaveta Starkova
«Extra noch 'ne Packung vorm Wochenende besorgt», schreibt aktuell ein Nutzer auf dem Instagram-Account von Elotrans. In den sozialen Medien ist in diesem Jahr um das Durchfallmedikament ein regelrechter Hype entstanden. Dabei wird immer wieder behauptet: Ein Beutelchen der Trinkmischung würde nach einer durchzechten Silvesternacht den Kater wie von Zauberhand verschwinden lassen. Darunter leiden vor allem Kinder und andere Menschen, die auf das Elektrolyt-Präparat bei Durchfallerkrankungen angewiesen sind.
Starker Alkoholkonsum könne sich zwar auf den Elektrolythaushalt im Körper auswirken, bestätigt Professor Dr. Heiner Wedemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). In diesem Fall führe die Einnahme von Elotrans eventuell zu einer Verbesserung, sagt Wedemeyer und schränkt ein: «Aber die Effekte werden nicht groß sein.»
Zu den Symptomen eines Katers zählen laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung etwa Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit und ein generelles Krankheitsgefühl.
«Wenn man Alkohol konsumiert, sollte man darauf achten, dass man dann auch mineralhaltige Stoffe dazu mittrinkt», erklärt Stefan Fink, Vorstand der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Das könne etwa ein Apfel- oder Orangensaft sein. Im Vergleich zu Elotrans sagt der Apotheker: «Wenn man eine Apfelsaftschorle trinkt und dann noch eine Banane dazu isst, dann haben Sie quasi den gleichen Effekt.»
Ähnlich sieht das auch Gastroenterologe Wedemeyer: «Viel Geld für Elotrans auszugeben, macht keinen Sinn – die guten alten Hausmittel sind gleichwertig», sagt er. Das rezeptfreie Mittel von Stada kostet pro Dosis rund 70 Cent.
Die Anti-Kater-Tipps des Ernährungsexperten: «Ausreichend trinken, Kohlenhydrate zufügen, gegebenenfalls eine Kopfschmerztablette, zum Beispiel Aspirin, salzig essen.»
Der Pharmakonzern Stada spielt auf Instagram mit der Verwendung von Elotrans als Anti-Kater-Mittel. Seit rund zwei Jahren bewirbt das Unternehmen das Durchfallmittel auf einem eigenen Account mit fast 13.000 Followerinnen und Followern. Dort sind etwa Bilder einer Silvester-Party zu sehen, auf der die Feiernden nach Elotrans-Packungen greifen. Häufig sind diese Beiträge mit scherzhaften Kommentaren zu starkem Alkoholkonsum und Partynächten versehen.
Im vergangenen Sommer sei die Nachfrage dann in den Apotheken aufgefallen, erinnert sich Fink. Der ABDA-Vorstand führt das auf den Hype im Netz zurück: «Es scheint wirklich einen starken Zusammenhang zu geben.» Die große Nachfrage habe wiederum zu Lieferengpässen geführt. Man könne nicht damit rechnen, dass das Medikament demnächst wieder in ausreichender Menge verfügbar sei, warnt Fink.
Stada teilte bereits vor einigen Wochen über Instagram mit: «Uns erreichen immer mehr Nachrichten, weil Elotrans in vielen Apotheken ausverkauft ist.» Der Hersteller wolle «mit Hochdruck daran arbeiten, die Produktionskapazitäten auszuweiten und die Nachfrage bestmöglich zu bedienen», hieß es damals.
Auf Nachfrage zu den Hintergründen Social-Media-Aktivitäten erklärte das Unternehmen: «Hintergrund des Auftritts in sozialen Medien ist die Tatsache, dass sich Patienten mit Durchfall schambedingt vor der Gesellschaft zurückziehen. Durch die lebhaften Inhalte versucht Stada einen offenen Umgang mit diesem unangenehmen Thema zu schaffen.»
Elotrans ist nicht zur Vorbeugung oder Behandlung eines Katers zugelassen. Apotheker Fink nennt die zwei eigentlichen Hauptanwendungsgebiete: Zum einen sei es für Säuglinge und Kleinkinder bei Durchfallerkrankungen und Erbrechen gedacht, zum anderen würden es Reisende, die Angst vor Magen-Darm-Infekten unterwegs hätten, prophylaktisch kaufen.
Mit dem Hype, übermäßigem Alkoholgenuss mit Elotrans zu begegnen, geht Fink deshalb hart ins Gericht: «Es ist nicht notwendig, dass man Medikamente für Säuglinge wegkauft.» Denn, wie es im Beipackzettel der Arznei heißt: «Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern können Durchfälle, besonders bei gleichzeitigem, unstillbarem Erbrechen, rasch zu schweren Krankheitserscheinungen führen.» Dazu zählen Bewusstseinstrübungen und Schocks.
Wer Elotrans unbedacht einnimmt, sei gewarnt: Bei einem übermäßigen Konsum der Elektrolyt-Mischung könne es zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, etwa Herzmedikamenten, kommen, erklärt Fink. Wer zu viel davon trinke, setze seinem Mineralhaushalt der Gefahr aus, zu kippen.
Auch Wedemeyer warnt: «Wenn andere Erkrankungen vorliegen, zum Beispiel eine Niereninsuffizienz, oder andere Medikamente genommen werden, kann man Probleme bekommen.»