Was können Apotheker tun? |
Bekommt der Patient die richtigen Medikamente? Gerade an Schnittstellen, zum Beispiel bei Aufnahme ins Krankenhaus oder Entlassung nach Hause, passieren viele Fehler. / © Adobe Stock/drubig-photo
Schnittstellen im Gesundheitswesen treten auf, wenn die Zuständigkeit der Behandlung wechselt. Typische Übergänge sind die Aufnahme ins Krankenhaus, Verlegung in ein Altenheim, eine Pflege- oder Reha-Einrichtung, aber auch Verlegungen innerhalb einer Klinik, zum Beispiel von der Intensiv- auf die Normalstation. An Schnittstellen können Informationsverluste auftreten, die insbesondere für die Arzneimitteltherapie von großer Bedeutung sind.
So sind fehlerhafte Arzneimittelanamnesen bei der stationären Aufnahme eine Hauptursache für Verordnungsfehler im Krankenhaus (8, 19). Bis zu 40 Prozent der Medikationsfehler aus der Aufnahmemedikation finden sich später in Entlassbriefen wieder (12). Mangelnde Weitergabe und Begründung von Änderungen der Medikation im Krankenhaus gefährden die ambulante Weiterbehandlung, führen zu erneuten Änderungen und sogar zur Rehospitalisierung (14, 26, 41).
Die einzige Konstante in den Verlegungsprozessen ist der Patient, der allerdings nicht immer auskunftsfähig ist und unter Umständen nicht alle Informationen hat oder versteht. Unterstützende Maßnahmen haben deshalb große Bedeutung und werden idealerweise bereits vor geplanten Versorgungswechseln initiiert. Dazu gehört zum Beispiel der Medikationsplan, auf den Patienten mit mindestens drei Dauermedikamenten im ambulanten Bereich beziehungsweise bei Entlassung aus dem Krankenhaus einen gesetzlichen Anspruch haben.
Aus einem bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP) mit einem auslesbaren 2D-Barcode können Informationen gleich in das elektronische System der Praxis oder des Krankenhauses übernommen werden. Gleicht ein Apotheker die Medikation ab (Medication Reconciliation), werden Medikationsfehler wirksam reduziert (29). Welchen Beitrag die 2025 gestartete elektronische Patientenakte (ePA) bei der Verhinderung von Informationslücken und -defiziten leisten kann, wird davon abhängen, wie vollständig und aktuell sie ist.
Apotheker können in der ambulanten und stationären Versorgung zu einem sicheren Schnittstellenübergang beitragen.
Vor der Aufnahme in ein Krankenhaus, Altenheim oder in eine Pflege- oder Reha-Einrichtung kann die Haus-/Stammapotheke des Patienten eine Übersicht oder Medikationsliste seiner verordneten und selbst erworbenen Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel erstellen und mitgeben. Diese ist unter Umständen vollständiger als der Medikationsplan des Hausarztes, da sie auch Verordnungen anderer Fachärzte und selbst erworbene Präparate beinhaltet. Auf die Rolle des Apothekers im Aufnahmemanagement des Krankenhauses wird später ausführlich eingegangen.
Bei Verlegungen innerhalb des Krankenhauses kann ein Stationsapotheker durch einen Medikationsabgleich (Medication Reconciliation) und/oder eine Medikationsanalyse eingebunden sein. Insbesondere bei Verlegungen zwischen Normal- und Intensivstationen sind Anpassungen erforderlich, weil zum Beispiel die Fähigkeit zur oralen Arzneimitteleinnahme eingeschränkt ist und somit der Applikationsweg geändert werden muss. Dies kann zum Pausieren und/oder Absetzen von oralen Medikamenten führen. Mitunter ist eine Dosisänderung oder gar ein Substanzwechsel erforderlich. Bei diesen Therapieanpassungen passieren häufig Fehler (38).
Bei einer Verlegung von der Intensiv- auf eine Normalstation ist zu prüfen, welche Medikamente aus der Vormedikation wieder indiziert sind, was allerdings häufig nicht stattfindet (32). Andererseits werden Medikamente, die auf der Intensivstation indiziert sind, bei Verlegung oftmals nicht abgesetzt oder gestoppt (38). Beispiele hierfür sind die Stressulkus-Prophylaxe mit Protonenpumpeninhibitoren oder Antipsychotika bei Delir, die langfristige Schäden verursachen können, wenn sie ohne Indikation weitergegeben werden (15).
Bei der Entlassung aus dem Krankenhaus geht es um die rechtzeitige und vollständige Weitergabe von Informationen zur (geänderten) Arzneimitteltherapie und die Sicherstellung der lückenlosen Versorgung. Denn bei nahezu allen Klinikpatienten (98 Prozent) gibt es Änderungen in der Medikation (Tabelle 1); 60 Prozent haben sogar mindestens fünf Änderungen (21). Diese Änderungen werden im Entlassbrief häufig unvollständig mitgeteilt (21). Gesetzlichen Anspruch hat der Patient auf einen (zumindest vorläufigen) Entlassbrief und ab drei Arzneimitteln auf einen Medikationsplan (18).
Für die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) bringen ein Medikationsabgleich und eine Medikationsanalyse durch einen Krankenhausapotheker einen deutlichen Benefit. Beim Medikationsabgleich vergleicht er die Vormedikation, die stationäre und die geplante Entlassmedikation. Studien zeigen, dass auch hier häufig Diskrepanzen und Fehler auftreten (bei 25 bis 55 Prozent der Patienten), die durch den Apotheker bereinigt und vermieden werden (3, 13, 42). Beispiele für typische Fehler sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Fehler | Beispiel |
---|---|
fehlende Weiterführung gezielt pausierter Arzneimittel | orale Antikoagulation nach Pausierung vor OP nicht weiterverordnet |
falsche Rückumstellung auf Vormedikation nach Switch auf Klinikpräparate | ACE-Hemmer: Lisinopril 20 mg auf Ramipril 5 mg umgestellt, bei Entlassung Verordnung von Lisinopril 5 mg |
Fehler bei Kombipräparaten | Levodopa/Benserazid: keine Angabe der genauen Darreichungsform (lösliche Tablette, Retard?…)ACE-Hemmer/HCT: nur ein Arzneistoff wird weiter verordnet |
Doppelmedikation | Patient kam mit Simvastatin, wurde stationär wegen Interaktionen umgestellt auf Rosuvastatin, bei Entlassung beides verordnetPatient kam mit ACE-Hemmer + HCT, in der Klinik Verordnung der Einzelsubstanzen, bei Entlassung Kombipräparat und zusätzlich HCT-Monopräparat verordnet |
fehlende Weiterführung der Vormedikation durch fehlerhafte Erfassung bei stationärer Aufnahme | betrifft häufig besondere Darreichungsformen wie Augentropfen oder Inhalatoren sowie besondere Applikationsschemata, zum Beispiel Bisphosphonat 1 × wöchentlich oder 1 × monatlich |
In den Entlassbrief können zudem Informationen und Hinweise integriert werden, die Stationsapotheker bei der pharmazeutischen Arzneimittelanamnese oder beim Medikationsmanagement gegeben haben, zum Beispiel zu notwendigem Therapeutischen Drug Monitoring (TDM), zu Dosisanpassungen an die Nierenfunktion oder zur altersgerechten Umstellung von Arzneimitteln. Dies kann zum Beispiel in Form von Textbausteinen in elektronischen Systemen an den Stationsarzt übermittelt und von diesem in den Entlassbrief eingefügt werden.
Aufnahmegespräch im Krankenhaus: Pharmazeutisches Personal ist bei der Arzneimittelanamnese oft gründlicher als Pflegekräfte oder Ärzte. / © Shutterstock/fizkes
Sinnvoll ist zudem, dass Krankenhausapotheker sich in Arbeitsanweisungen zum Entlassmanagement ihres Krankenhauses einbringen, insbesondere zur korrekten Ausstellung von Entlassrezepten und gesetzeskonformen Mitgabe von Arzneimitteln.
Apotheker können auch in die Beratung und Schulung von Patienten vor und bei der Entlassung einbezogen sein. Wissen und Adhärenz lassen sich so verbessern. Die Wiederaufnahmerate ins Krankenhaus konnte in Studien gesenkt werden (7, 30, 36).
Nach der Entlassung sollte der niedergelassene Apotheker insbesondere bei Stammkunden nicht plausible Weiterverordnungen kritisch hinterfragen und mit dem Hausarzt oder gegebenenfalls Klinikarzt besprechen.
Bei der stationären Aufnahme ist das Ziel, zügig alle notwendigen Informationen zur Arzneimitteltherapie zu erheben und für die stationäre Versorgung umzusetzen. Aus diesem Grund wird international und in Deutschland gefordert (2, 16):
Grundsätzlich ist für die Anamnese der behandelnde Arzt verantwortlich. Er kann ärztliche Tätigkeiten delegieren und von Apotheke und Pflegekräften unterstützt werden (9).
Apotheker informieren den Stationsarzt über alle arzneimittelbezogenen Probleme eines Patienten – oft als Notiz in den elektronischen Systemen. / © Getty Images/Hispanolistic
Zahlreiche internationale und nationale Studien zeigen, dass die Arzneimittelanamnese durch pharmazeutisches Personal vollständiger und korrekter ist als durch Pflegekräfte, Ärzte oder andere Standardvorgehen (34, 37). Untersuchungen liegen für diverse medizinische Fachbereiche, zum Beispiel Chirurgie, Innere, Psychiatrie und Pädiatrie, sowie verschiedene Settings (Normalstation, Notaufnahme, elektive und nicht-elektive Patienten) vor. Vor allem in den chirurgisch tätigen Fächern ist die Einbeziehung von Apothekern vorteilhaft, da der Arzt überwiegend im OP und nicht auf Station ist. Wichtig ist dafür eine enge interprofessionelle Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegekräften und Apothekern.
Die Beteiligung der Apotheke an der Arzneimittelanamnese bei stationärer Aufnahme hat eine Reihe weiterer Vorteile, zum Beispiel:
Die Aufgabe des Apothekers im Aufnahmemanagement lässt sich in drei Teile gliedern: die bestmögliche Erhebung der Vormedikation (Best Possible Medication History, BPMH), eine Medikationsanalyse der Aufnahmemedikation und die Erstellung eines Vorschlags für die stationäre Medikation. Die Ergebnisse werden dem Arzt zur Prüfung, Bearbeitung und Anordnung zur Verfügung gestellt. Eine transparente und schnell sichtbare Dokumentation der Ergebnisse und wer wann was durchgeführt hat, sind für alle Beteiligten wichtig, um Fehler und Doppelerhebungen zu vermeiden und eine zügige Versorgung des Patienten sicherzustellen.
Ziel ist es, die Vormedikation des Patienten und weitere Aspekte zu seiner Medikation möglichst umfassend und richtig aufzunehmen (Tabelle 2). Um alle wichtigen Informationen zu erfassen, wird die Verwendung eines strukturierten Fragebogens empfohlen. Studien haben gezeigt, dass dies zu korrekteren Ergebnissen führt (11, 33).
Was wird erfasst? | Erläuterungen |
---|---|
alle Arzneimittel und weiteren Präparate des Patienten | verschreibungspflichtige Arzneimittel von Haus- und Fachärzten Selbstmedikation mit Arzneimitteln (gezielt zum Beispiel nach Schmerz-, Schlaf- und Abführmitteln fragen) pflanzliche und weitere Präparate der alternativen und komplementären Medizin, Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine, Mineralstoffe fest angesetzte und bei Bedarf eingenommene Arzneimittel kürzlich abgesetzte und pausierte Arzneimittel Unverträglichkeiten und Allergien gegenüber Arzneimitteln |
genaue Angaben | Präparatename, Wirkstoff, Stärke und Dosis Darreichungsform (Retard, long?…) Einnahme- oder Applikationsschema gegebenenfalls Indikation und Startdatum, zum Beispiel bei Arzneimitteln, die vor einem Eingriff aufdosiert werden müssen, beziehungsweise Datum des Absetzens/Pausierens, zum Beispiel präoperativ gegebenenfalls Adhärenz, oder Anwendungsprobleme, zum Beispiel mit Inhalatoren oder Augentropfen |
weitere Angaben | Alkohol- und Nikotinkonsum, Nikotinersatzpräparate Konsum von Cannabis, anderen Drogen Angaben zu Größe und Gewicht Besonderheiten wie Dialyse, Ernährungssonde, Stoma, Kontrazeptiva oder Hormonpräparate |
Für die Best Possible Medication History (BPMH) sollen mindestens zwei Quellen herangezogen werden; eine davon ist das Gespräch mit dem Patienten, gegebenenfalls auch Angehörigen oder gesetzlichen Vertretern (2, 4, 31). Das Patientengespräch ist sehr wichtig, da nur so erfragt werden kann, wie und was der Patient wirklich von der verordneten Medikation einnimmt und welche Selbstmedikation er hat.
Eine Übersicht über mögliche Quellen der BPMH mit ihren Vor- und Nachteilen zeigt die Tabelle 3 (Seite 32). In die Erfassung kann auch weiteres pharmazeutisches Personal wie PTA und Pharmazeuten im Praktikum nach Schulung eingebunden werden (10, 17). Studien zeigen, dass dies zu besseren Ergebnissen als bei einer Erfassung durch Pflegefachpersonen führt.
Quelle | Vorteil | Nachteil |
---|---|---|
Patient, Angehörige | Auskunft zur aktuellen Medikation: was wirklich genommen wird | eventuell nicht auskunftsfähig oder -willig, Sprachbarrieren, Falschangaben möglichInformationsgewinn abhängig von Qualität der Befragung (Interviewtechnik) |
Arzneimittelpackung | vollständige Angaben zum Präparat | keine Aussage, ob und wie es wirklich genommen wird |
Medikationsplan vom Hausarzt | alle verordneten Medikamente mit Dosis, Applikationsschema | häufig nicht aktuell, unvollständig, kürzliche Änderungen nicht enthaltenkeine Aussage zur tatsächlichen Anwendung |
Medikationsplan der niedergelassenen Apotheke | kann alle verordneten Arzneimittel und Selbstmedikation enthalten | keine Angaben zum Applikationsschemanicht vollständig bei Besuch mehrerer Apotheken |
Medikationsplan des Alten- oder Pflegeheims | alle verordneten Medikamente mit Dosis, Applikationsschema,in der Regel vollständig und aktuell | oft schwer lesbares Format (mehr eine Stellliste), gelegentlich Selbstmedikation nicht enthalten |
selbst geschriebener Medikationsplan | kann alle verordneten Arzneimittel enthalten | oft unvollständig, zum Beispiel fehlende Stärken, keine Selbstmedikation, Nicht-Oralia oder nicht täglich angewendete Arzneimittel vergessen, abgesetzte Medikamente nicht erwähnt |
Entlassbrief aus Voraufenthalt | Medikation zum Zeitpunkt der Entlassung vollständig und mit Applikationsschema | kann veraltet sein, alle Änderungen seitdem nicht enthaltenSelbstmedikation fehlt |
Medikation aus Voraufenthalt | Medikation vom stationären Voraufenthalt vollständig und mit Applikationsschema | kann veraltet sein, alle Änderungen seitdem nicht enthaltenSelbstmedikation fehlt |
Arztbriefe, Verlegungsberichte | Medikation zum jeweiligen Zeitpunkt | Stand beachten, kann veraltet sein, unter Umständen nur Medikation eines Facharztes enthalten bei Verlegung von Intensivstation typische Intensivmedikation mit aufgeführt ohne Hinweis zur Fortführung/Beendigung |
Die Analyse der Aufnahmemedikation ist ein wichtiger Baustein für die AMTS im Krankenhaus. Eine Medikationsanalyse ist die strukturierte Analyse der aktuellen Gesamtmedikation eines Patienten. Sie hat zwei Ziele: die Erhöhung der Effektivität der Arzneimitteltherapie und die Minimierung von Arzneimittelrisiken.
Dafür sind vier Schritte nötig: Datenquellen identifizieren und Informationen zusammentragen, Probleme und Risiken evaluieren und dokumentieren, Lösungen erarbeiten und Maßnahmen vereinbaren (1). Verschiedene Aspekte spielen eine Rolle, zum Beispiel:
Oft können Apotheker im Krankenhaus eine umfassende Medikationsanalyse (Typ 3) unter Einbeziehung von Medikationsdaten/mitgebrachter Medikation, Patientengespräch und klinischen Daten (Diagnosen, Laborwerte) vornehmen (1). Damit sind tiefergehende Prüfungen möglich und oft fallen bisher unbekannte Aspekte der Medikation auf. So ergab zum Beispiel eine Studie, dass bei etwa einem Viertel der stationär aufgenommenen urologischen Patienten die Vormedikation nicht an die Nierenfunktion angepasst war (35).
Apotheker informieren den Stationsarzt in geeigneter Weise über alle entdeckten arzneimittelbezogenen Probleme. Heute erfolgt dies häufig als Notiz in den elektronischen Verordnungssystemen, sodass der Arzt dies beim Öffnen der Kurve oder Verordnung sieht. Kritische Punkte sollten sofort persönlich und/oder telefonisch geklärt werden. Andere Aspekte lassen sich gleich im Patientengespräch anbringen, wie der Hinweis auf die zeitlich getrennte Einnahme, zum Beispiel von verordnetem L-Thyroxin und Calcium in der Selbstmedikation.
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Ein 78-jähriger Mann wurde nach Sturz mit Unterschenkelbruch am Vorabend stationär aufgenommen. Folgende Medikation wurde in der Kurve notiert:
Dem Apotheker fällt am nächsten Tag beim Blick in die Kurve auf:
Nach bestmöglicher Erhebung der Vormedikation (BPMH) in Rücksprache mit dem Patienten und dem Hausarzt und Prüfung der Medikation ergibt sich folgendes Bild:
Im Krankenhaus gibt es gesetzlich vorgeschrieben eine Arzneimittelliste, die aus organisatorischen und ökonomischen Gründen zu verwenden ist. Da bei der Umstellung auf die gelisteten Präparate Fehler passieren können, sollte man nach standardisierten Regeln mit Unterstützung durch elektronische Verordnungssysteme vorgehen (40). Fehler wie in Tabelle 1 aufgeführt, sind auch hier möglich und unbedingt zu vermeiden.
Apotheker können durch ihre detaillierte Kenntnis von Arzneimitteln eine korrekte Umstellung sicherstellen. Dabei müssen die Ergebnisse aus der Medikationsanalyse mit einfließen. Immer wichtiger wird die Berücksichtigung der massiven Lieferengpässe und der daraus resultierenden Umstellungen sowohl ambulant als auch stationär.
Insbesondere beim präoperativen Umgang mit Arzneimitteln kann der Apotheker die Einhaltung klinikinterner Regeln unterstützen, indem zu jedem Arzneistoff und unter Berücksichtigung der patientenindividuellen Situation ein Hinweis zum Absetzen oder zur Fortführung der Therapie an den Arzt mit angegeben wird. Die Informationen zur Vormedikation sind ebenfalls für den Anästhesisten wichtig, der präoperativ mögliche Risiken für Operation und Anästhesie beurteilen muss.
In einigen Häusern sind bereits Apotheker in der Anästhesieambulanz etabliert, die vor dem prästationären Anästhesiegespräch (teilweise länger vor der OP) die Medikation erfassen und so dem Anästhesisten eine sicherere Beurteilung ermöglichen. Apotheker erfassten dabei in Studien die Medikation vollständiger als der Anästhesist selbst (22, 27).
Finden die BPMH und Medikationsanalyse erst statt, wenn bereits eine stationäre Medikation angeordnet war, müssen diese Verordnungen abgeglichen werden. Gibt es bewusste oder ungeplante Änderungen? Was ist aus der Medikationsanalyse jetzt relevant? Am häufigsten finden sich beim Abgleich fehlende stationäre Weiterverordnungen mit unterschiedlicher klinischer Relevanz. Bei wichtigen Diskrepanzen, zum Beispiel fehlenden Insulinen oder falschen Parkinsonpräparaten, muss die Station/der Verordner sofort informiert werden. Grundsätzlich sollten alle Beteiligten aus Apotheke, Pflege und Ärzteschaft wissen, wie bei Unklarheiten und Diskrepanzen vorzugehen ist.
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Eine 65-jährige Patientin kommt zu einer gynäkologischen Operation am nächsten Tag. Laut Kurveneintrag der aufnehmenden Pflegekraft nimmt sie keine Medikamente. In der Anästhesieambulanz hatte die Patientin der Apothekerin allerdings Arzneimittel angegeben, weshalb sie auf Station nochmals von der Apothekerin befragt wird. Das Ergebnis:
Folgende Fehler können sich aus der unzureichenden Arzneimittelanamnese ergeben:
Apotheker können eine gute Informationsweitergabe zur Arzneimitteltherapie an Schnittstellen sinnvoll unterstützen – im ambulanten und im stationären Bereich. Sie spielen eine Schlüsselrolle beim Medikationsabgleich, bei der Aufklärung der Patienten über ihre Medikamente und der Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen, um die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten. Dies trägt wesentlich zu einer sicheren Versorgung und einer höheren AMTS bei.
Die Integration von Krankenhausapothekern in das Aufnahme- und Entlassmanagement ist in Deutschland ausbaufähig. Dies wäre ein zusätzlicher Gewinn für eine sichere Arzneimitteltherapie.
Heike Hilgarth studierte Pharmazie an der Universität Leipzig und wurde 2019 promoviert. Sie ist Antibiotic Stewardship Expertin und hat sich zur Fachapothekerin für Klinische Pharmazie weitergebildet. Drei Jahre lang war sie als Apothekerin am Ipswich Hospital Trust, Ipswich/Großbritannien tätig, vor allem bei Visiten im Rahmen des kontinuierlichen Medikationsmanagements und der interprofessionellen Zusammenarbeit. Dies war auch ein Schwerpunkt ihrer Arbeit am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf von 2006 bis 2021. Seit Oktober 2021 ist sie als Wissenschaftsreferentin bei der ADKA in Berlin tätig.
Dorothea Strobach studierte Pharmazie an der Universität Greifswald und wurde 2004 zu einem Thema in der Arteriosklerose-Grundlagenforschung an der LMU München promoviert. Sie arbeitete in der öffentlichen Apotheke und erhielt 1998 die Anerkennung als Fachapothekerin für Offizinpharmazie. Seit 1999 arbeitet sie in der Apotheke des Klinikums der Universität München, LMU, in der Arzneimittelinformation, die sie seit 2012 leitet. Den Titel Fachapothekerin für Klinische Pharmazie erwarb sie 2011. Sie unterrichtet Studierende der Pharmazie und Medizin an der LMU München.