Was ist überhaupt Natrium Oxybutyricum? |
Sven Siebenand |
20.08.2020 17:26 Uhr |
Wurde der russische Politiker Alexej Nawalny mithilfe von Natriumoxybat in einem Tee vergiftet? / Foto: Adobe Stock/doodlart
Der russische Regierungskritiker Alexej Nawalny liegt nach einer möglichen Vergiftung in einem Krankenhaus im Koma. Er ist an ein Beatmungsgerät angeschlossen worden und nicht bei Bewusstsein. »Ich bin sicher, dass er absichtlich vergiftet wurde», sagte seine Sprecherin Kira Jarmysch dem Radiosender Echo Moswky. »Er befindet sich in einem ernsten, aber stabilen Zustand«, bestätigte ein behandelnder Arzt vor Journalisten. Zur Diagnose nannte er keine Details. Vergiftung sei eine Möglichkeit.
Einige Medien melden, dass der Politiker mit Natriumoxybat vergiftet worden sein könnte. Diese Substanz ist keine unbekannte. Sie wird seit Jahren zur Behandlung der Narkolepsie eingesetzt. Beispielsweise im Präparat Xyrem®, das der Betäubungsmittelverordnung unterliegt, ist sie enthalten. In geringen Dosen hat Natriumoxybat eine aufputschende Wirkung, vermutlich, weil der exzitatorische Neurotransmitter Glutamat freigesetzt wird. Der genaue Wirkmechanismus ist aber noch nicht geklärt. Man weiß jedoch, dass sich in höheren Dosen die Wirkung umdreht. An dem sedierenden Effekt könnte die Aktivierung des GABAB-Rezeptors maßgeblich beteiligt sein. Diese Wirkung erklärt die Verwendung von Natriumoxybat als Narkosemittel, allerdings gilt eine Narkose mit der Substanz als schlecht steuerbar.
Auch als Partydroge und als Inhaltsstoff von K.-o.-Tropfen ist γ-Hydroxybuttersäure (GHB) oft genannt. Häufig handelt es sich dabei –wie bei den zugelassenen Medikamenten – nicht um GHB, sondern um GHB-Salze.
Natriumoxybat ist farb- und geruchslos und hat einen salzigen bis seifigen Geschmack. Den Berichten zufolge könnte der russische Politiker Nawalny beim Trinken eines Schwarzen Tees am Flughafen der Stadt Tomsk damit vergiftet worden sein. Symptome einer Vergiftung können neben starker Schläfrigkeit zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen und Schwindel sein. Auch Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Herzrhythmusstörungen, Gleichgewichts- und Gedächtnisstörungen können auftreten, ebenso unkontrollierbare Muskelzuckungen. Überdosen sind allein wegen der Gefahr der Atemdepression und des Atemstillstands lebensgefährlich. In Fällen einer akuten Intoxikation ist generell eine intensivmedizinische Behandlung, in der Regel mit Intubation/Sauerstoffgabe, notwendig.