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Obstipation

Was im Akutfall hilft

Obstipation gehört zu den häufigen Beratungsanlässen in der Apotheke. Meist lässt sie sich leicht beheben, doch sollte bei anhaltenden Beschwerden stets ein Blick auf deren mögliche Ursachen geworfen und ein Arztbesuch angeraten werden.
Maria Pues
09.12.2020  12:30 Uhr

Qualität statt Quantität, das gilt auch für den Stuhlgang. Gemäß der aktuellen Diagnose-Kriterien (Rom-IV-Kriterien) ist nicht nur die Häufigkeit des Stuhlgangs (weniger als dreimal wöchentlich) kennzeichnend für eine Obstipation. Auch wie der Stuhlgang erfolgt und wie der Stuhl bei mehr als 25 Prozent der Defäkationen (also keinesfalls immer) beschaffen ist, spielt eine wichtige Rolle. Ist der Stuhlgang nur mit starkem Pressen möglich? Ist der Stuhl hart oder klumpig? Hat der Patient das Gefühl, dass die Stuhlentleerung nur unvollständig erfolgt? Oder hat er das Gefühl, dass eine Obstruktion beziehungsweise Blockierung vorliegt? Sind – insbesondere bei pflegebedürftigen Patienten – manuelle Manöver erforderlich, um die Defäkation zu erleichtern? Beantwortet der Patient mindestens zwei der Fragen mit Ja, kann man von einer Obstipation ausgehen. Bestehen die Beschwerden seit mindestens drei Monaten, spricht man von einer chronischen Obstipation.

Akute Obstipationen haben ihren Ursprung häufig in einer Veränderung von Lebensgewohnheiten: zum Beispiel ungewohnte Kost auf Reisen, Bettruhe durch eine Erkrankung, aber auch fiebrige Infekte. Sie können im Rahmen der Selbstmedikation rasch behoben werden, wenn die Verstopfung ohne weitere Beschwerden einhergeht, etwa Bauchschmerzen, Teerstuhl oder Übelkeit und Erbrechen. Bei diesen Symptomen sollte an einen Arzt verwiesen werden. Auch chronische Obstipationen sind laut Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer zur Leitlinie Selbstmedikation ein Fall für den Arzt, da es hier gilt, die Ursachen abzuklären. Zu diesen gehören unter anderem verschiedene Grunderkrankungen wie Morbus Parkinson, Multiple Sklerose oder Demenzerkrankungen, aber auch bestimmte Pharmakotherapien, zum Beispiel mit Opiaten, Anticholinergika oder Antihypertensiva.

Hydragoge Laxanzien sind Mittel der Wahl 

Macrogol, Bisacodyl und Natriumpicosulfat sind laut Leitlinie »Chronische Obstipation« die Mittel der ersten Wahl und sorgen auch bei akuter Obstipation rasch für Abhilfe. Am schnellsten erfolgt der Wirkungseintritt bei Bisacodyl (wie in Dulcolax®), nämlich nach sechs bis zwölf Stunden. Daher empfiehlt sich eine abendliche Einnahme, um eine morgendliche Defäkation zu erreichen. Da die Anwendung zu einer vollständigen Darmentleerung führt, sind weitere Defäkationen erst wieder nach zwei bis drei Tagen zu erwarten. Mit einer weiteren Anwendung sollte daher abgewartet beziehungsweise bei chronischer Obstipation nach Rücksprache mit dem Arzt ein individueller Einnahmerhythmus festgelegt werden. Die Wirkung von Natriumpicosulfat (wie in Laxoberal®) setzt mit zehn bis zwölf Stunden etwas später ein. Dieser Wirkstoff liegt auch in flüssiger Form vor. Er eignet sich damit für Patienten, die Schwierigkeiten haben, feste Arzneimittel zu schlucken. Zudem erlaubt sie eine flexible Dosierung. Auch viele pflanzliche Abführmittel wirken meist nach acht bis zwölf Stunden.

Alle drei wirken antiresorptiv und hydragog, reduzieren also die Flüssigkeits-Resorption aus dem Darm beziehungsweise erhöhen dessen Einstrom in das Darmlumen. Das Mehr an Flüssigkeit erhöht das Stuhlvolumen und macht festen Stuhl weicher. Daneben erhöhen sie die Darmmotilität, was bei einem trägen Darm erwünscht ist, aber in seltenen Fällen zu Bauchbeschwerden führen kann. Macrogol 3350 Pulver gehört zu den osmotisch wirksamen Laxanzien. Es muss in eine bestimmte Menge Wasser gegeben und getrunken werden, bei akuter Obstipation bis zu dreimal täglich. Die Wirkung setzt nach ein bis zwei Tagen ein. Bisacodyl, Natriumpicosulfat und Macrogol eignen sich auch in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie zu einer längerfristigen Anwendung und sind auch zur Anwendung bei Kindern (Altersgrenzen beachten) zugelassen.

Eine sehr rasche Wirkung (15 bis 20 Minuten nach der Anwendung) lässt sich außerdem mit lokal anwendbaren osmotisch wirksamen Substanzen erreichen, etwa mit Glycerol (wie in Glycilax® Zäpfchen oder Babylax® Mini-Klistiere) oder Kohlendioxid (wie in Lecicarbon®). Auch Bisacodyl gibt es in Form von Suppositorien.

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