Was hilft bei Hallux valgus? |
Bei einem Hallux valgus, auch Ballenzeh genannt, reibt der Ballen häufig an den Schuhen, was zu Schmerzen und Rötungen führen kann. / Foto: Adobe Stock/Jatuporn Tansirimas
Die häufigste Vorfußdeformität bei Erwachsenen ist der Hallux valgus, auch als Ballenzeh bekannt. An der Volkskrankheit leidet etwa jeder achte Einwohner in Deutschland. Die schmerzhafte Abweichung der Großzehe tritt dabei überwiegend beim weiblichen Geschlecht auf, was einen Zusammenhang mit hochhackigem und spitz zulaufendem Schuhwerk nahelegt. High Heels erhöhen das Gewicht, das der Vorfuß zu tragen hat, und belasten dadurch die Sehnen und Grundgelenke der Zehen. Deformitäten wie Spreizfüße und Krallenzehen können leichter entstehen. Enge, spitz zulaufende Schuhe drücken die große Zehe kontinuierlich in Richtung der kleineren Zehen, und schädigen das Bindegewebe und die Muskeln, die das vordere Fußgewölbe stützen.
Ein Hallux valgus ist aber nicht nur Folge von ungünstigem Schuhwerk. Eine familiäre Disposition, weiches Bindegewebe und eine konstitutionelle Bänderschwäche können ebenso wie eine Schwangerschaft, Übergewicht, und häufiges, langes Stehen die Entstehung begünstigen. Die 79-jährige Ulla Schönegge leidet seit etwa 30 Jahren an einem Hallux valgus am rechten Fuß. »Die Beschwerden sind bei mir vermutlich erblich bedingt und wurden mit den Jahren immer stärker«, berichtet sie im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung.
Bei den meisten Patienten entwickelt sich zunächst ein sogenannter Spreizfuß. Dabei ist der vordere Teil des Fußes verbreitert. Mit der Zeit schiebt sich die große Zehe zu den mittleren Zehen, gleichzeitig bildet sich eine Wölbung an der Fußinnenseite aus. Diese entsteht dadurch, dass sich die beiden ersten Mittelfußknochen aufspreizen und das erste Mittelfußköpfchen heraustritt (Pseudoexostose). Beim Gehen reibt der »Ballen« am Schuh, wunde Stellen und schmerzhafte Entzündungen sind die Folge.
Ein Besuch beim Arzt ist spätestens dann angezeigt, wenn Patienten unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen leiden. Dabei stimmen die Beschwerden nicht unbedingt mit dem Ausmaß der Schieflage überein. Bleibt ein Hallux valgus unbehandelt, können sich daraus weitere Zehenfehlbildungen wie eine Hammerzehe oder eine Arthrose des Großzehengrundgelenks entwickeln.
Bei der Auswahl der Therapie zieht der Arzt Faktoren wie das Stadium des Hallux valgus, den Leidensdruck des Patienten, sein Alter und eine möglicherweise bereits bestehende Arthrose mit ein. Im frühen Stadium stehen Maßnahmen wie Beratung, Druckentlastung des Großzehenballens, Krankengymnastik, manuelle therapeutische Maßnahmen, geeignete sportliche Aktivitäten und eine optimale Schuhversorgung an. Zur Schmerzlinderung kann das Apothekenteam entzündungshemmende Salben und systemische nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) empfehlen. Hilfsmittel wie Einlagen, Schaumstoffpolster, Nachtschienen und Bandagen können ebenfalls die Beschwerden lindern. Wichtig ist dabei der Hinweis, dass sie die Fehlstellung nicht korrigieren oder rückgängig machen können. Auch kommen nicht alle Patienten gleich gut mit den Hilfsmitteln zurecht.
Schönegge hat mit Einlagen keine guten Erfahrungen gemacht und erzählt, dass sie ihr eher mehr Schmerzen bereitet als Erleichterung verschafft hätten. Sie hat für sich mit Fußgymnastik die beste Lösung gefunden. »Den Hallux valgus rückgängig machen, kann ich dadurch natürlich nicht. Aber ich kann mit meinen Übungen meine Beweglichkeit verbessern und die Schmerzen reduzieren«, erklärt sie. Konsequent durchgeführtes Training kräftigt die Fußmuskeln, strafft das Bindegewebe und kann dadurch Fehlstellungen entgegenwirken. Für geeignete Übungen empfiehlt Dr. Manfred Lang, Fußchirurg aus Erlangen, seinen Patienten die Internetseite »medibook«. Dort finden Betroffene videogestützte Übungsanleitungen, Trainingsprogramme sowie Informationen und Tipps rund um Fuß und Sprunggelenk.
Wer ganzheitliche Ansätze bevorzugt, kann die Bewegungslehre Spiraldynamik® ausprobieren, für die laut dem Experten gute Erfahrungen vorliegen. Dabei lernen Patienten spezielle Kraft- und Beweglichkeitsübungen, mit denen sie die Zehen trainieren und gezielt gerade halten können. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen allerdings im Regelfall die Kosten für die Spiraldynamik nicht.
Der Experte aus Erlangen weist darauf hin, dass sich Patienten von rein konservativen Methoden nicht zu viel versprechen sollten: »Die Vielfalt und Vielzahl dieser Therapien zeigen, dass eine definitive, andauernde Beschwerdefreiheit ohne Korrektur der Fehlstellung nur schwerlich zu erreichen ist.«