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Organalterung

Was bei Senioren zu beachten ist

Immer mehr ältere, teils hochbetagte Patienten werden mit Arzneimitteln behandelt. Von zentraler Bedeutung für die Arzneistoffauswahl und -dosierung ist die altersbedingt nachlassende Organfunktion, insbesondere der wichtigsten Ausscheidungsorgane Niere und Leber.
Ulrich Jaehde
Lars Wismar
20.04.2023  11:00 Uhr

Bei der Arzneistoffauswahl besonders aufpassen

Die potenzielle Nephrotoxizität eines Arzneimittels ist bei älteren Patienten immer zu beachten, insbesondere wenn Risikofaktoren vorliegen. Zu diesen zählen unter anderem Diabetes mellitus, Nierenfunktionsstörungen, vaskuläre Erkrankungen und Volumenmangel (16). Die Schädigung der Nieren kann verschiedenen Mechanismen folgen. Man unterscheidet intraglomerulär-hämodynamische und tubulotoxische Schädigungen sowie interstitielle Nephritiden und Kristall-Nephropathien (17). Eine Auswahl relevanter Arzneistoffe zeigt die Tabelle 2.

Möchte man wissen, ob ein Arzneistoff nephrotoxische Wirkungen hat, eignet sich die Datenbank »Nephrotox« als Einstieg. Dort finden sich neben den Toxizitätsmechanismen auch Verweise auf die Metadatenbank PubMed für eine tiefergehende Recherche. Die Datenbank bietet allerdings keine Informationen zum Ausmaß der Nephrotoxizität, zu Handlungshinweisen oder Alternativen.

Art der Nierenschädigung Arzneistoffbeispiele
intraglomerulär-hämodynamisch ACE-Hemmer, Sartane, Ciclosporin, NSAR
tubulotoxisch Aminoglykoside, Amphotericin B, Cisplatin, Foscarnet
interstitielle Nephritis akuter Effekt: Aciclovir, NSAR
chronischer Effekt: Cisplatin, Lithium
Kristall-Nephropathien Aciclovir, Ampicillin, Methotrexat, Probenecid
Tabelle 2: Mechanismen der arzneimittelbedingten Nierenschädigung (17);

Generell sollten nephrotoxische Kombinationen bei älteren Patienten vermieden werden. Müssen einer oder mehrere solcher Arzneistoffe angewendet werden, muss eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gewährleistet sein und die Therapiedauer sollte möglichst kurz sein. Es ist unbedingt notwendig, die Nierenfunktion sowohl vor als auch im Verlauf der Therapie regelmäßig zu kontrollieren. Risikofaktoren sollten möglichst vor oder mit Beginn der Therapie korrigiert werden.

Bezüglich der Hepatotoxizität von Arzneistoffen unterscheidet man intrinsische und idiosynkratische Schädigungen. Erstere sind dosisabhängig, vorhersehbar und zeigen eine kurze Latenz sowie hohe Inzidenz. Sie sind daher im Alltag sehr präsent. Typische Beispiele sind Paracetamol, Ciclosporin und Methotrexat. Idiosynkratische Schädigungen sind oft weniger bekannt. Sie sind dosisunabhängig und somit unvorhersehbar, zeigen eine niedrige Inzidenz sowie lange und variable Latenz. Hintergrund ist, dass entsprechende Arzneistoffe normalerweise nicht lebertoxisch wirken, da die notwendige Dosis dafür oberhalb der Letaldosis liegt. Eine vorgeschädigte Leber ist jedoch anfälliger; somit können auch unterhalb der Letaldosis liegende Dosierungen toxisch sein. Typische Arzneistoffe sind Amoxicillin-Clavulansäure, Diclofenac und Lisinopril (18).

Informationen zur Hepatotoxizität eines Arzneistoffs liefert die Datenbank »LiverTox«. Diese bietet einen Überblick zu berichteten Leberschädigungen durch Arzneistoffe einschließlich eines »Likelihood-Scores«, der die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung angibt. Zusätzlich finden sich Informationen zum Mechanismus der Hepatotoxizität.

Um Leberschäden bei älteren Pa­tienten zu vermeiden, sollten Risikofaktoren und Leberwerte vor und während der Therapie überprüft werden. Zu den Risikofaktoren zählen unter anderem weibliches Geschlecht, Übergewicht, Diabetes mellitus, hepatische Vorerkrankungen und Alkoholkonsum (19). Bei Verdacht auf eine Leberschädigung sind neben den klassisch hepatotoxischen Arzneimitteln (intrinsisch) auch die idiosynkratisch schädigenden Wirkstoffe zu beachten. Auch für hepatotoxische Kombinationen gilt: am besten vermeiden beziehungsweise Therapiedauer möglichst begrenzen. Außerdem sollten ältere Patienten ihren Alkoholkonsum einschränken. Nehmen sie potenziell hepatotoxische Arzneimittel ein, ist gänzlich auf Alkohol zu verzichten.

Neben der eingeschränkten Nieren- und Leberfunktion sind auch weitere altersbedingte Veränderungen bei der Arzneimittelauswahl zu berücksichtigen (Tabelle 3). Hilfreiche Nachschlagewerke zu ungeeigneten Arzneimitteln für ältere Patienten sind die FORTA- und die Priscus-2.0-Liste (Kasten) (20, 21).

Arzneistoff und Arzneiform Altersbedingte Veränderung Lösung
Verdauungssystem
große Tabletten, Kapseln Schluckbeschwerden flüssige Zubereitungen oder Schmelztabletten
Arzneistoffe, die einen niedrigen pH-Wert im Magen benötigen (Beispiel: Calciumcarbonat) reduzierte Freisetzung (vor allem bei gleichzeitiger Einnahme von Protonenpumpenhemmern) Calciumcitrat oder -gluconat
Opioide reduzierte Darmmotilität vorsichtig einsetzen, bei Dauertherapie mit Laxanzien kombinieren
Haut
TTS: transdermale Systeme schnellere Anflutung, geringere Wirkdauer reduzierte Kontrollierbarkeit beachten, bei Bedarf Arzneiform wechseln
Zentrales Nervensystem
Anticholinergika erhöhte Empfindlichkeit durch geringere Mengen an Acetylcholin einschleichend dosieren, Kombinationen mehrerer Anticholinergika vermeiden
Tabelle 3: Weitere altersbedingte Veränderungen mit Relevanz für die Arzneimittelauswahl
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