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Pharmazeutische Dienstleistungen

Warnen die hessischen Hausärzte ihre Patienten vor Apotheken?

In Internetforen kursiert derzeit ein Dokument, das mit einem Logo des Hessischen Hausärzteverbandes gekennzeichnet ist. In dem Dokument wird Patienten davon abgeraten, die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen wahrzunehmen, weil Apotheker nicht genug ausgebildet seien. Ursula Funke, Präsidentin der Hessischen Landesapothekerkammer, ist verägert.
Benjamin Rohrer
30.06.2022  13:30 Uhr
Warnen die hessischen Hausärzte ihre Patienten vor Apotheken?

In zahlreichen Internetforen wird derzeit ein Dokument geteilt, das mit einem Logo des Hausärzteverbandes Hessen gekennzeichnet ist. In dem Papier sprechen sich die Mediziner gegen die Inanspruchnahme von pharmazeutischen Dienstleistungen aus. Im Titel hat der Hausärzteverband den im Heilmittelwerbegesetz fixierten Patientenhinweis zur Apotheker- und Arzt-Konsultation entscheidend abgeändert: »Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin.«

Ferner heißt es auf dem Info-Blatt, dass sich die Patienten »nach einer Gesetzesänderung (…) jetzt auch in Apotheken« zu ihrer medikamentösen Therapie beraten lassen können. Und weiter: »Doch Vorsicht! Die neuen Regelungen kosten nicht nur Ihre Krankenkassen 90 Euro, sie sorgen auch dafür, dass Apotheken sich in unsere fundierten ärztlichen Therapien einmischen – ohne tiefere medizinische Kenntnisse und ohne ein entsprechendes Studium.« Die ersten und »einzig richtigen« Ansprechpartner für die medikamentöse Behandlung seien weiterhin die verordneten Ärzte, heißt es weiter.

Verband antwortet nicht auf Anfragen

Ob das Info-Blatt tatsächlich vom Hausärzteverband stammt, ist allerdings nicht nachzuvollziehen. Auf seiner Internetseite hat der Verband das Papier nicht veröffentlicht. Allerdings wurde dort schon Mitte Juni eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sich der Verband darüber beschwert, dass die Apotheken »massiv in den hausärztlichen Leistungskatalog eingedrungen« seien. Auf mehrere Nachfragen der PZ zu der Patienten-Info reagierte der Hausärzteverband nicht.

Kammerpräsidentin Funke ist verärgert

Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, ist verärgert. Gegenüber der PZ erklärte sie: »Die Aussagen sind fernab jeglicher Realität. Wir Apotheker sind schon lange in §20 ApoBetrO zur Beratung zur Arzneimittelversorgung verpflichtet. Medikationsanalysen werden seit Jahren in vielen Projekten - ich nenne nur ATHINA, Apo-AMTS - durchgeführt und kein Arzt oder keine Ärztin hat sich je darüber beschwert. Wenn wir uns ARMIN anschauen, das ursprüngliche ABDA-KBV-Modell, das von Apothekern UND Ärzten erarbeitet wurde, klappte hier die Zusammenarbeit hervorragend, und das zum Wohle des Patienten, denn hierum geht es. Die jetzigen Diffamierungen sind der Tatsache geschuldet, dass es die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen gibt. Es geht nur ums Geld und nicht um die bessere Versorgung der Patienten, was unsere gemeinsame Aufgabe vor Ort ist.«

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