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Polyvalente Immunglobuline
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Von Substitution bis Immunmodulation

Polyvalente Immunglobuline gehören zu den wenigen Fertigarzneimitteln, deren Wirkstoffe humanen Ursprungs sind. Herstellung und Dokumentation erfolgen strikt geregelt. Die Immunglobulin-Substitution bei Antikörpermangel ist gut etabliert; die Anwendung zur Immunmodulation bei Autoimmunerkrankungen nimmt immer mehr zu.
AutorKontaktEva Gottfried
Datum 03.11.2024  08:00 Uhr

Guillain-Barré-Syndrom: Therapie mit ivIG

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine seltene, aber schwere und fulminant verlaufende immunvermittelte Neuropathie, die sich bei 70 Prozent aller Patienten nach Infektion mit Erregern wie Campylobacter jejuni entwickelt (12). GBS gilt in der westlichen Welt als häufigste Ursache für akute neuromuskuläre Paralysen und muss multidisziplinär behandelt werden. Zwar haben etwa 80 Prozent der Patienten eine gute Prognose, allerdings ist die Mortalität mit etwa 20 Prozent hoch (12).

Neben ivIG (2 g/kg über fünf Tage verteilt) gilt auch die Plasmapherese als Standardtherapie des GBS und wird hier als Alternative zur Ig-Substitution betrachtet, nicht zuletzt auch angesichts von Lieferengpässen (8). Laut pharmakologischer Studien sollen die Effekte vergleichbar und besser als eine reine Supportivtherapie sein; allerdings ist die Plasmapherese mit einem höheren technischen Aufwand verbunden.

Neben direkten Vergleichen zeigen Studien auch, dass Corticosteroide den Effekt der ivIG nicht signifikant verbessern können. Eine abschließende Bewertung steht aber noch aus (8, 12).

Wirksam gegen antimikrobielle Resistenz?

Antimikrobielle Resistenzen (AMR) gelten inzwischen als eines der großen Global-Health-Probleme. Zu den Problemkeimen gehören unter anderem β-Lactam-resistenter Streptococcus pneumoniae, Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA), Carbapenem-resistente Klebsiella-Spezies, resistenter Escherichia coli, Clostridium difficile, Mycobacterium tuberculosis und Candida auris (5).

In einem neuen Ansatz untersuchen Forscher nun, ob ivIG die körpereigenen Immunitätsmechanismen im Sinne einer passiven Immunisierung steigern können, um pathogene Mikroorganismen zu eliminieren und Antibiotika reduzieren zu können (5). Dabei werden verschiedene Mechanismen diskutiert, zum Beispiel die Neutralisierung von Mikroben, Toxinen und Superantigenen durch Rezeptorblockade, die Blockade der Internalisierung und eine verbesserte Opsonisierung vor Phagozytose der Erreger. Weiterhin wird eine antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC) mittels NK-Zellen vermutet, die virusinfizierte Zellen abzutöten vermag und zur verbesserten Immunstimulation durch Antigene führen könnte. Außerdem wird diskutiert, ob ivIG aktivierte Komplementfaktoren blockieren und überschießende Immunreaktionen bremsen können (5).

Die Vor- und Nachteile der ivIG-Therapie werden weiter untersucht. Projekte hierzu sind bereits ein Teil der europäischen Initiative zur Bekämpfung von AMR (5).

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