»Von der Apotheke der Welt zum Meister der Mangelverwaltung« |
Von den warmen Worten und der Wertschätzung für die wichtige Versorgerrolle der Apotheken während der Pandemie ist nach den Ausführungen Funkes nichts übriggeblieben. »Im Gegenteil: Man verspürt eher einen Tritt. Zuerst die Honorarkürzung durch die Erhöhung des gesetzlichen Kassenabschlags um 23 Cent – was einer Kürzung von 13,5 Prozent entspricht - und dann noch die angedachte 50-Cent-Engpass-Pauschale pro Austausch kommen für mich einer schallenden Ohrfeige rechts und links gleich.«
Da Leistung immer Gegenleistung brauche, sei die Zeit reif, den ABDA-Forderungskatalog mit Vehemenz zu verfolgen. Höchste Priorität haben dabei die Handlungsfreiheit der Apotheken für die schnelle Patientenversorgung, die Erhöhung des Fixums und die Reduzierung von Retaxationen auf das sachlich gebotene Maß, führte Funke aus. Die vom ABDA-Gesamtvorstand gleichzeitig beschlossenen Eskalationsstufen würden nach politischer Situation durchgeführt. Um das »Überraschungsmoment« zu nutzen, sei das Stufenkonzept nicht unter der Kollegenschaft im Vorfeld zu diskutieren. »Gelingen können die Anstrengungen aber nur, wenn alle Apotheker in der Fläche in den nächsten Monaten an einem Strang ziehen.« Dass die erleichterten Austauschregeln vom 7. April bis 31. Juli verlängert wurden, könnte man laut Funke auch so deuten, dass das neue Selbstbewusstsein der Apothekerschaft bei der Politik angekommen ist. Ausdrücklich bedankte sich Funke bei Gabriele Regina Overwiening für ihren ideellen und zeitlichen Einsatz: »Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Gespräche unsere ABDA-Präsidentin führt und wie viele Termine sie aufgrund ihrer guten Vernetzung in alle Richtungen wahrnimmt.«
Unverständlich ist nach den Ausführungen der Kammerpräsidentin die Haltung der Kassenärzte. Diese warnen eindringlich davor, die flexiblen Austauschregeln zu verstetigen. Und auch die AOK ließ verlauten, dass diese Forderung nicht sachgerecht sei. »Aussagen, dass der Arzt aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit wissen muss, welches Arzneimittel der Patient einnimmt, lassen die Vermutung aufkommen, dass zumindest einigen Ärzten nicht bekannt ist, dass seit Einführung der Rabattverträge Patienten in der Regel ein durch ihre Krankenkasse bestimmtes Arzneimittel erhalten.«
In diesem Kontext appellierte Funke eindringlich an die Notwendigkeit des heilberuflichen Miteinanders. »Nur so wird der Alltag sowohl in der Arztpraxis als auch in der Offizin erleichtert und die Patientenversorgung verbessert.« Bei ihren Ausführungen hatte die Kammerpräsidentin freilich auch das spezielle Verhalten der KV Hessen im Sinn. Zur Erinnerung: Die KV-Vorstände in Hessen werteten die pharmazeutischen Dienstleistungen und ihre Vergütungen als eine »Kriegserklärung« der Apotheker an die Ärzteschaft. Auch der Hausärzteverband attestierte den Apothekern mangelnde Qualifikation in puncto Arzneimittelberatung. Gesprächsangebote vonseiten der LAK Hessen blieben unbeantwortet.
Stefan Sydow vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, der der Delegiertenversammlung beiwohnte, geht davon aus, dass die Streitigkeiten behoben sind und bemerkte positiv, dass die LAK Hessen »jederzeit zu einem sachlichen Dialog gesprächsbereit war und ist«.
Ein weiterer Tagungsordnungspunkt war die neu zu gestaltende Nacht- und Notdienstaufteilung unter den Apotheken. Die Ausgangsproblematik ist klar: Durch die vielen Apothekenschließungen ist es zu vielen Turnuskürzungen gekommen, was zum Teil zu immensen Mehrbelastungen der bestehenden Apotheken führte. Hauptgeschäftsführer Ulrich Laut stellte detaillierte Pläne vor, wie im Rahmen der geltenden Rechtslage Verbesserungen erzielt werden könnten. Mithilfe einer digitalen Lösung werden dabei vor allem Apotheken, die sehr viele Notdienste leisten, entlastet. Das digitale System werde bereits in Nordrhein-Westfalen genutzt und wird in Rheinland-Pfalz vermutlich ab Januar 2024 zum Einsatz kommen. Nach den Ausführungen Lauts werde das neue Konzept seit einem Jahr erarbeitet; derzeit sei man in Gesprächen mit dem Hessischen Sozialministerium, um über eine Anpassung der Richtlinie hinsichtlich der Entfernungen zwischen Notdienstapotheken zu sprechen.
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