Viele Meldungen zu leichten Impfreaktionen |
Die Zahl von rund 2,5 Millionen Patienten mit Impfnebenwirkungen sei «keineswegs unerwartet und dramatisch». Unter Impfnebenwirkungen versteht die KBV nämlich auch typische harmlose Impfreaktionen, die ein bis drei Tage anhalten: etwa Hautausschlag, Rötungen und Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber oder Müdigkeit. «Sie bilden den mit Abstand größten Anteil der registrierten Unverträglichkeiten und Komplikationen.»
Mitnichten wurden also nur schwere Nebenwirkungen gemeldet. Die KBV wertete Abrechnungsdaten anhand von vier Diagnose-Schlüsseln aus, von denen nur einer spezifisch auf Corona-Impfungen angewandt wird. Die anderen drei können genauso bei Impfreaktionen nach einer Tetanus- oder Hepatitis-Spritze vergeben werden. Ärzte und Ärztinnen müssen diese sogenannten ICD-Codes auf ihren Abrechnungen angeben.
Wer sich zum Beispiel nach einer Impfung zu schlapp fühlt, um arbeiten zu gehen, konsultiert den Arzt für eine Krankschreibung. Dazu müssen die Patienten aber nicht unbedingt behandelt werden, wie die KBV mitteilt. Ein ICD-Schlüssel wird aber dennoch vergeben. Solch ein Code kann also je nachdem eine übliche und ungefährliche Impfreaktion beschreiben oder eine über das übliche Maß hinausgehende Nebenwirkung, die zusätzlich dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) anzeigt werden muss.
Das PEI bewertet Nutzen und Risiko von Impfstoffen. Dem Institut wurden bis Ende 2021 insgesamt 244.576 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung nach einer Corona-Impfung gemeldet. «In 29.786 Verdachtsfällen wurden schwerwiegende unerwünschte Reaktionen gemeldet», so das PEI. «Der Unterschied zwischen den von Ärztinnen und Ärzten dokumentierten im Vergleich zu den dem PEI gemeldeten Impfreaktionen ist daher nachvollziehbar und war zu erwarten», heißt es von der KBV.
Die Zahl der gesamten Corona-Impfungen in Deutschland lag 2021 laut Robert-Koch-Institut bei rund 150 Millionen. Die knapp 2,5 Millionen von der KBV dokumentierten Patienten mit Nebenwirkungen müssen zudem nicht ausschließlich wegen Symptomen nach einer Impfung in die Praxen gekommen sein: «Patientinnen und Patienten werden auch wegen anderer Beschwerden wie einer chronischen Grunderkrankung zum Arzt gegangen sein und dabei die Impfnebenwirkung erwähnt haben, was der Arzt wiederum dann codiert hat», so die KBV.
Ebenso hinkt der Vergleich der Zahl gemeldeter Nebenwirkungen der Covid-19-Impfung bei der KBV mit der von früheren Impfungen, worauf auch die KBV hinweist: Expertinnen und Experten haben immer wieder betont, dass die hohe öffentliche Aufmerksamkeit während der Pandemie auch zu mehr Meldungen möglicher Impfreaktionen und -nebenwirkungen führt.
In der Vergangenheit gab es mehrfach Versuche, eine angeblich unerkannte hohe Anzahl von Corona-Impfnebenwirkungen nachzuweisen. Bisher gibt es dafür aber keinen Beleg. Vermeintliche Analysen wiesen arge Mängel auf: Die Studie eines Stiftungsprofessors der Berliner Charité stellte sich als offene Internet-Umfrage heraus, deren Datenbasis selbst die Charité nicht für geeignet hielt. Eine Auswertung der Krankenkasse BKK Provita unterschied nicht zwischen vorübergehenden Impfreaktionen und anhaltenden Nebenwirkungen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.