vfa sieht Pharmabranche vor erneutem Umsatzsprung |
»Die Pharmaindustrie in Deutschland zeigt sich in der Krise äußerst robust«: vfa-Präsident Han Steutel sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Pharmabranche sei ein maßgeblicher Faktor für das Wirtschaftswachstum. / Foto: Bernd Brundert
Angetrieben von der starken Nachfrage nach Corona-Impfstoffen erwartet die deutsche Pharmaindustrie einen kräftigen Schub für ihr Geschäft. Im neuen Jahr dürfte der Umsatz der Branche um acht Prozent und die Produktion um gut drei Prozent wachsen, prognostiziert der vfa. Damit dürfte auch die Beschäftigung bis Ende 2022 um drei Prozent auf mehr als 122.000 Menschen zulegen.
»Die Pharmaindustrie in Deutschland zeigt sich in der Krise äußerst robust«, sagte vfa-Präsident Han Steutel der Nachrichtenagentur dpa. Sie sei damit ein maßgeblicher Faktor für das Wirtschaftswachstum. Der Coup von Biontech, den weltweit ersten zugelassenen Corona-Impfstoff aus Deutschland auf den Markt zu bringen, habe direkt und indirekt positive Folgen für den hiesigen Pharmastandort, sagte Steutel. »Es ist nicht nur die Produktion deutscher Unternehmen gestiegen, auch ausländische Konzerne wie Astra Zeneca und Johnson & Johnson lassen verstärkt hier produzieren.« Der Impfstoff-Erfolg von Biontech sei eine riesige Chance.
Schon dieses Jahr erlebte die Pharmabranche einen rasanten Aufschwung: Der Umsatz dürfte laut vfa um 13 Prozent steigen, die Produktion um fünf Prozent. Allein am Vakzin von Biontech und Pfizer wirken in Deutschland 13 Betriebe mit. Vom Wachstum der deutschen Wirtschaft von 2,7 Prozent, das die »Wirtschaftsweisen« für 2021 prognostizieren, dürften allein 0,5 Prozentpunkte auf Biontech entfallen, errechnete der Verband. Er vertritt 45 Unternehmen mit rund 92.000 Beschäftigten.
Damit der hiesige Pharmastandort wettbewerbsfähig bleibe, müsse Deutschland aber in Sachen Bürokratieabbau, Digitalisierung und klinische Forschung besser werden. Genehmigungen etwa dauerten zu lange, auch weil Datenschutz in Deutschland ein besonders sensibles Thema sei. »Bei Corona-Impfstoffen waren die Behörden schnell, das zeigt, dass es auch sonst zügiger gehen kann«, sagte Steutel. Wenn für die Erforschung von Arzneien klinische Studien mit Patienten durchgeführt werden müssten, sei derzeit eine Genehmigung in den betroffenen Bundesländern nötig – im schlimmsten Fall also bis zu 16. »Es fehlt eine zentrale Stelle«, monierte Steutel. In anderen europäischen Ländern dauere es 100 Tage, die Genehmigung für eine klinische Studie zu bekommen. »In Deutschland sind es 200 Tage.«
Auch bei der Zusammenarbeit zwischen Forschern, Kliniken und Universitäten sieht Steutel Nachholbedarf. Es gebe Lücken bei der Digitalisierung und Probleme beim Datenaustausch. »Pharmaunternehmen können nicht auf elektronische Patientendaten zugreifen, was faktisch überall auf der Welt geht. Für unseren Ruf ist das nicht gut.« Druck für die Pharmabranche komme aus China. »Die Konkurrenz für Europa und die USA wird langfristig sein«, sagte Steutel. Chinas Pharmabranche sei stark bei Patentanmeldungen und schnell in der klinischen Forschung mit großen Patientengruppen.
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