Versorgungsapotheker unzufrieden mit Teilen der Ampel-Koalition |
Theo Dingermann |
11.05.2022 10:30 Uhr |
Dr. Klaus Peterseim, Chef des Bundesverbands der Versorgungsapotheker (BVVA), würde sich eine direkte Kommunikation mit der Ampel-Koalition wünschen. / Foto: PZ/Alois Müller
Vor allem die Mitglieder der neuen Regierungsfraktionen der Grünen und der FDP tun sich nach Aussage mehrerer Teilnehmer der Jahrestagung des Bundesverbands der Versorgungsapotheker (BVVA) schwer, sich für Anliegen von Berufsvertretungen zu öffnen. Dies gelte erfreulicherweise nicht für Mitglieder der alten Regierungsfraktionen, betonte der langjährige BVVA-Vorsitzende, Dr. Klaus Peterseim, der zur Eröffnung der Tagung den gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Tino Sorge begrüßen konnte, der live aus Berlin zugeschaltet war. Trotz der engen Taktung der Termine während einer Sitzungswoche in Berlin stand der Magdeburger CDU-Politiker nicht nur für ein Statement, sondern auch für Fragen zur Verfügung. Das zeuge laut Peterseim von Wertschätzung aber auch von Dankbarkeit, die die Apothekerschaft angesichts ihrer herausragenden Leistungen beim Management der Pandemie von unterschiedlichen Seiten erfährt.
Nicht nur Peterseim, sondern auch der Oppositionspolitiker Sorge zeigten sich angesichts dieser erfreulichen Reaktionen verwundert, dass teils langläufig bekannte und benannte Probleme so schleppend angegangen und abgearbeitet werden. Verabschiedete das Parlament zu Zeiten des CDU-Bundesgesundheitsministers Jens Spahn aus dem BMG stammende Gesetzesentwürfe in schneller Folge, herrsche jetzt in dieser Hinsicht Stillstand, beklagte Sorge. Alles drehe sich monoton um das Thema »Corona«, so der Oppositionspolitiker. Es sei an der Zeit, sich verstärkt den berechtigten Anliegen der Apothekerschaft anzunehmen.
Diese Anliegen konkretisierte Peterseim in seinem Rechenschaftsbericht. Er wies auf mehrere Gesetzesvorhaben und Regelungsdefizite hin, die gerade auch für die Versorgungsapotheker von Bedeutung sind. Zum Referentenentwurf des BMG zur zweiten Verordnung zur Änderung der AMG-Zivilschutzausnahmeverordnung habe sich der Verband mit einer Stellungnahme positioniert, so Petersheim. Man sorge sich, heißt es in der Stellungnahme, dass die unscharfe Ausweitung des Anwendungsbereichs verbunden mit den erheblich erweiterten Ausnahmetatbeständen den krisenbezogenen Ausnahmecharakter der vorgesehen Maßnahmen relativiert und insbesondere die strengen Regeln zum Schutz der Arzneimittelsicherheit und der Vertriebswege für Arzneimittel leichtfertig aushöhlen werde.
Rechtssicherheit fordert der Verband für die sektorübergreifende Vor-Ort-Kooperation in der Arzneimittelversorgung, ohne die nach wie vor berufs-, wettbewerbs-, und strafrechtlich Sanktionen drohten, so die Sorge des BVVA-Vorsitzenden. Das gelte beispielsweise für die Arzneimittelversorgung in der ambulanten Pflege, für die Arzneimittelversorgung von Palliativpatienten und für die Arzneimittelversorgung in der Substitutionstherapie.
Ein aktuelles Anliegen des Verbands betreffe natürlich auch die Themen Digitalisierung in der Arzneimittelversorgung und E-Rezept, betonte Peterseim. Hier müsse der Gesetzgeber eine angemessene Berücksichtigung der besonderen Situationen in der Heimversorgung, der Substitutionsversorgung, der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung und der Arzneimittelversorgung ambulanter Patienten im Krankenhaus sicherstellen.
Als weitere Baustellen identifizierte Peterseim die besondere Problematik der Angabe der Chargenbezeichnung im elektronischen Abgabedatensatz des E-Rezepts im Falle von verblisterten Arzneimitteln, die längst überfällige Abschaffung der Nullretaxationen bei erfolgter Versorgung der Patienten und die Unterbindung von nicht im Patienteninteresse liegenden Versorgungsumsteuerungen (mittelbare MVZ-Trägerschaft durch Eigentümer, die weder regional noch fachlich mit dem MVZ verbunden sind).