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Landgericht Stuttgart

Urteil: Doc Morris-Werbung ist irreführend

Nach einem Rechtsstreit zwischen der Apothekerkammer Nordrhein und dem Online-Versender Doc Morris geht die Kammer als Gewinnerin hervor. DocMorris dürfe nicht mehr mit zwei Aussagen werben, die den Kunden des Versenders falsche Hoffnungen versprechen. Dies sei ein wichtiges Zeichen für die Vor-Ort-Apotheken, meint der Jurist Morton Douglas.
Charlotte Kurz
14.08.2020  13:30 Uhr

Es ist eine »gute Nachricht für die niedergelassenen Apotheker«, so Rechtsanwalt Morton Douglas. Die niederländische Versandapotheke Doc Morris darf ihren Online-Medikamentenversand nicht mehr mit den folgenden Aussagen bewerben: »Versorgt dich sicher in jeder Lebenslage« und »Schnell und bequem gesundwerden und das von zu Hause aus«. So entschied das Landgericht (LG) Stuttgart am 29. Juli.

Hintergrund des Urteils ist ein Rechtsstreit zwischen der Apothekerkammer Nordrhein (AKN), die Douglas rechtlich vor Gericht vertrat und Doc Morris. Die Kammer klagte, dass Doc Morris die Verbraucher mit den Werbeaussagen, die im Oktober 2019 im Internet abrufbar waren, in die Irre führen würde. Doc Morris behaupte demnach in der Lage zu sein, die Verbraucher in jeder Lebenslage umfassend mit Medikamenten versorgen zu können. Das sei laut Anklagebegründung jedoch gerade nicht der Fall. Doc Morris »sei u.a. nicht verpflichtet, Notdienste abzuhalten, so dass in kritischen Zeiten in der Nacht und am Wochenende der Verbraucher gerade nicht von der Beklagten versorgt wird. Außerdem könne die Beklagte den Verbraucher nicht mit sämtlichen erforderlichen Medikamenten versorgen«, so begründet es die Kammer in dem Urteilsschreiben, dass der PZ vorliegt.

Das Gericht betonte in seiner Entscheidungsbegründung, dass insbesondere die Aussage »in jeder Lebenslage« eine zeitliche und eine qualitative Bedeutung hat. »Es wird damit ausgedrückt, dass man jederzeit und darüber hinaus auch für jegliches gesundheitliches Problem, das ein in der Apotheke erhältliches Produkt erforderlich macht, eine Versorgung bei der Beklagten erhält.« Dies gehe über eine allgemeine werbende Anpreisung hinaus, so das LG Stuttgart. Demnach werde der Verbraucher durch die Doc Morris-Aussagen in die Irre geführt.

Versandhandel kann nur verzögert ausliefern

Zudem spielt auch die Geschwindigkeit, wie schnell Patienten an ihre Medikamente kommen, eine wichtige Rolle. »Verglichen mit der Versorgung durch eine stationäre Apotheke sei zum einen die Versorgung durch die Apotheke der Beklagten gerade nicht schnell, sondern aufgrund der Postlaufzeiten (…) verzögert«, argumentierte die AKN. Zudem sei auch der Wortlaut »von zuhause aus« missverständlich, denn bei verschreibungspflichtigen Medikamenten müsse der Patient das Rezept zur Post oder zum Briefkasten bringen, um das Rezept an die Versandapotheke zu schicken. Das LG gab der AKN recht. Der Kunde könne nicht »schnell« gesund werden, da er zwei Postlaufzeiten abwarten müsse, bevor er sein Medikament erhält. Die Formulierung sei somit ebenfalls gemäß § 5 Absatz 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) irreführend.

Es sei erfreulich, »dass die Gerichte im Zusammenhang mit Werbung, die Gesundheitsdienstleister verbreiten, einen strengen Maßstab anlegen und daher derartige Aussagen, die sachlich einfach falsch sind, für unzulässig erklären« erklärte Douglas. Gegenüber der PZ betonte er: »Das Urteil ist damit sehr wichtig, auch im Hinblick auf die Einführung des E-Rezepts.« Der Versandhandel könne eben nicht alles, dies wird den niedergelassenen Apothekern Mut machen, da ist sich der Jurist aus Freiburg sicher.

Für den Versender aus den Niederlanden hat das Urteil keine finanziellen Konsequenzen, so lange sich Doc Morris an das Urteil hält und diese Art von Werbung nicht mehr veröffentlicht. Allerdings ist das Urteil nicht rechtskräftig, Doc Morris könnte also in Berufung gehen. »Ob ihnen das Urteil dafür wichtig genug ist, bleibt abzuwarten«, sagte Douglas.

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