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Apotheker ohne Grenzen

Ukraine: Spendenbereitschaft hat nachgelassen

Seit Kriegsbeginn hat die Hilfsorganisation Apotheker ohne Grenzen (AoG) 120 Hilfslieferungen in die Ukraine organisiert und 2,5 Millionen Euro Spendengelder eingenommen. Die Spendenbereitschaft hat nach den ersten beiden Monaten abgenommen – die Organisation bittet daher noch immer um Geldspenden.
Melanie Höhn
20.06.2022  16:15 Uhr

Die Hilfsorganisation Apotheker ohne Grenzen berichtet von drastischen Engpässen in der Ukraine, sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich. Gebiete in der Nähe der Kampfhandlungen, aber auch dort, wo sich Geflüchtete konzentriert aufhalten, seien besonders von Medikamentenmangel betroffen, sagte Andreas Portugal aus dem Ukraine-Koordinationsteam von AoG gegenüber der PZ. Für die Zivilbevölkerung werde die gesamte Bandbreite an Arzneimitteln angefragt, es gehe aber auch um die Versorgung von Kriegsverletzungen der Armee. Anfragen bekommt die Organisation von Krankenhäusern, Militärkrankenhäusern, aber auch von Bürgermeistern aus Städten, die mit der medizinischen Versorgung überfordert und wo viele Geflüchtete untergekommen sind.

Die Bilanz der Hilfsorganisation nach knapp vier Monaten Krieg: Die Anfragen sind zurückgegangen, doch noch immer gebe es mehr Anfragen, als Möglichkeiten zu liefern, resümiert Andreas Portugal. »Unsere Hilfe ist weiterhin sehr wichtig. Wahrscheinlich wird es so schnell keine deutliche Besserung der Situation geben. Wir müssen einen langen Atem haben«, sagt er. »Mittlerweile haben wir viel Know-how gesammelt und werden dadurch auch von anderen NGOs um Unterstützung gebeten. Die Spendeneingänge halten leider nicht mit dem Bedarf mit«, so Portugal weiter. In den ersten beiden Monaten des Krieges sei die Spendenbereitschaft beispiellos gewesen, danach habe sie deutlich nachgelassen. »Das führt dazu, dass wir Anfragen ablehnen müssen, weil wir nicht genug Spenden für alle haben«, erklärt Portugal. Warum Geldspenden am sinnvollsten sind, darüber hatte die PZ bereits ausführlich berichtet. 

Großer Pool an ausgebildeten Einsatzkräften

Die aufwendige Koordination aller Anfragen und die Hilfseinsätze in den ukrainischen Nachbarländern könne der Verein nur leisten, weil er auf einen großen Pool an speziell für die Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit ausgebildeten Einsatzkräften (größtenteils Apothekerinnen und Apotheker) zurückgreifen kann. Dabei arbeitet AoG eng mit anderen Hilfsorganisationen wie dem Malteser Hilfsdienst, Action medeor oder der ukrainischen Pilotenvereinigung Air Rescue, lokalen Krisenstäben sowie öffentlichen Einrichtungen und Behörden zusammen, zum Beispiel der ukrainischen Botschaft in Berlin. Es geht um eine gezielte und bedarfsgerechte Beschaffung essenzieller Medikamente und die direkte, zielgerichtete Verteilung.

Mitglieder von AoG waren und sind immer wieder in angrenzenden Ländern wie Polen und Rumänien aktiv, um auch von dort aus zu unterstützen. »Wir haben Flüchtlingslager besucht, um zu schauen, ob wir die medizinische Arbeit dort unterstützen können«, so Portugal weiter. »In den meisten Fällen war das nicht nötig, aber es gab auch kleinere Unterstützungen dort.« AoG-Regionalgruppen wie in München oder Greifswald organisieren Lieferungen mit Partnern – auch in Nürnberg unterstützt die Regionalgruppe jetzt eine Lieferung. Die Berliner Regionalgruppe organisiert die Versorgung der ankommenden Geflüchteten mit Partnern und unterstützt die Medikamentenversorgung.

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