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Sicca-Syndrom

Tränen für trockene Augen

Ein dünner Tränenfilm schützt die Augen und sorgt für klare Sicht. Wenn das Auge trocken wird, treten entsprechend Beschwerden auf. Wichtiges Standbein der Therapie sind Tränenersatzmittel, in denen eine Reihe von Substanzen zur Anwendung kommen.
Christina Hohmann-Jeddi
14.03.2022  18:00 Uhr

Das trockene Auge (Sicca-Syndrom) ist eine ausgesprochen häufige Erkrankung. Etwa 15 bis 17 Prozent der deutschen Bevölkerung ist betroffen, heißt es in der Leitlinie »Trockenes Auge« des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Die Inzidenz der Erkrankung nimmt mit dem Alter zu und Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Unter Sicca-Syndrom werden alle Symptome verstanden, die durch eine verminderte Befeuchtung des Auges entstehen. Charakteristisch sind ein Brennen und Rötungen des Auges sowie ein Fremdkörpergefühl. Der Grund für die Symptome sind Störungen des Tränenfilms, der wichtige Funktionen für das Auge hat: Er dient neben der Befeuchtung und Nähstoffversorgung der äußeren Hornhautschichten auch zur Reinigung des Bindehautsacks, glättet Hornhautunebenheiten und wirkt zudem antiviral und antibakteriell.

Der Film ist dreischichtig aufgebaut (siehe Grafik). Eine dünne Mucin-Schleimschicht sitzt direkt der Hornhaut auf. Darüber befindet sich die mengenmäßig größte wässrige Schicht, die nach außen von einer dünnen Lipidschicht abgeschlossen wird, die wiederum als Verdunstungsschutz und als Stabilisator des gesamten Tränenfilms dient.

Ist eine der Schichten gestört, treten Probleme auf. Laut Leitlinie ist meist eine Störung der Lipidphase des Tränenfilms, die zu einer verstärkten Verdunstung der Tränenflüssigkeit in der wässrigen Phase führt, die Ursache der Beschwerden. Störungen der wässrig-muzinösen Tränenfilmanteile, bei denen beispielsweise zu wenig Tränenflüssigkeit gebildet wird, sind seltener und betreffen nur 15 bis 20 Prozent der Fälle. Häufig liegen Mischformen vor.

Zum Teil kann auch eine dauerhafte Einnahme von bestimmten Arzneimitteln ein trockenes Auge hervorrufen. Hier sind vor allem trizyklische Antidepressiva, Benzodiazepine, Neuroleptika, Betablocker, Antihistaminika, Diuretika, hormonelle Kontrazeptiva und eine postmenopausale Estrogentherapie zu nennen.

Ebenso können manche Erkrankungen wie Diabetes, Psoriasis oder Morbus Parkinson und auch augenspezifische Probleme wie Lidfehlstellungen, Hornhauterkrankungen, Kataraktoperationen oder eine Fehlfunktion der Meibom-Drüsen, die Lipide für die äußere Tränenschicht produzieren, ein Sicca-Syndrom auslösen. Die Ursachen sollten ärztlich abgeklärt werden, um gezielt behandeln zu können.

Je nach Stärke der Beschwerden und möglicher Ursache kommen verschiedene Therapieansätze zum Einsatz. So kann bei Störungen der Lipidschicht zunächst eine Lidrandpflege hilfreich sein, durch die die am Rand der Augenlider sitzenden Talgdrüsen (Meibom-Drüsen) gesäubert und aktiviert werden. Bei dieser sollten morgens und abends für etwa fünf Minuten warme Kompressen (zum Beispiel in warmes Wasser getauchte Wattepads) auf die geschlossenen Augen gelegt werden. Anschließend kann mit einem Wattestäbchen unter sanftem Druck das Ober- und Unterlid massiert werden, um das erwärmte Fett aus den Drüsen zu drücken.

Ersatz für den Tränenfilm

Ein wichtiger Bestandteil der Therapie des Sicca-Syndroms sind Tränenersatzstoffe, die als Tropfen, Salben oder Gele zubereitet sein können. Hier kommen verschiedene Inhaltsstoffe infrage, die sich hinsichtlich ihres Polymerisationsgrads und ihrer Viskosität unterscheiden. Für leichtere Beschwerden eignen sich etwa niedrigviskose Tränenersatzmittel, die zum Beispiel Polyvinylpyrrolidon (PVP), Polyvinylalkohol (PVA), Glycerol und kurzkettige Hyaluronsäure enthalten. Sie dienen als Feuchthaltemittel und ergänzen den Tränenfilm.

Bei mittelstarken Beschwerden können höherviskose Filmbildner wie die Cellulosederivate Hypromellose oder Natriumcarboxymethylcellulose und Carbomere eingesetzt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass zu hohe Konzentrationen zu Sehproblemen wie »Schleiern« führen können. Bei stärkeren Beschwerden oder bei dem Wunsch nach seltener Applikation können Präparate mit Verdickungsmittel und Lipiden eingesetzt werden. Dazu zählen höherkettige Hyaluronsäure, Sojalecithin, Propylenglykol und Polyethylenglykol. Gerade Produkte mit Lipiden (wie Triglyceride oder Phospholipide) helfen bei Störungen der Lipidschicht wie etwa bei Meibom-Drüsen-Dysfunktion.

Konservierte Augentropfen sollten maximal viermal am Tag appliziert werden, weil manche Konservierungsstoffe den Aufbau des präkornealen Tränenfilms ungünstig verändern und die Tränenfilm-Aufreißzeit verkürzen, was die Lidschlagfrequenz erhöht. Bei häufiger und langfristiger Applikation der Tränenersatzmittel und bei Allergie sollten bevorzugt Präparate ohne Konservierungsstoffe oder mit modernen Substanzen wie Polyquad oder Polyhexanid angewendet werden.

Grenzen der Selbstmedikation

Zum Teil geht das trockene Auge, etwa wenn es längere Zeit unbehandelt bleibt, mit einer Entzündung oder einer Keratinisierung des Augenoberflächenepithels einher. Hier können laut Leitlinie Immunmodulatoren wie Steroide, Ciclosporin A oder Vitamin-A-Säure lokal eingesetzt werden. Bei Heilungsstörungen der Hornhaut können Augentropfen mit autologem Serum helfen, die aus dem Blut des Patienten hergestellt werden.

Gerade bei Komplikationen und bei lang anhaltenden Problemen sollten Patienten einen Arzt aufsuchen, um die Ursachen des trockenen Auges abklären zu lassen. So können auch systemische Grunderkrankungen oder Augenerkrankungen erkannt werden, die die Probleme verursachen.

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