Tanezumab fällt bei der EMA durch |
Annette Rößler |
21.09.2021 13:08 Uhr |
Chronische Schmerzen infolge einer Arthrose sind schwierig zu behandeln. Bei vielen Patienten wird irgendwann ein Gelenkersatz notwendig. / Foto: Shutterstock/Solarisys
Tanezumab ist ein monoklonaler Antikörper, der von den beiden Pharmaunternehmen Eli Lilly und Pfizer gemeinsam entwickelt wird. Vorgesehen war, dass sich beide Partner gemeinsam um die Vermarktung des Wirkstoffs in den USA kümmern und Pfizer dies außerhalb der Vereinigten Staaten alleine übernimmt. Dazu wird es nun allerdings vorerst nicht kommen, denn nach der Ablehnung eines Expertenkomitees der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA im März dieses Jahres senkte jetzt auch der zuständige Ausschuss der EMA den Daumen.
Aus pharmakologischer Sicht ist das bedauerlich, denn Tanezumab adressiert ein neues Target, den Nervenwachstumsfaktor (Nerve Growth Factor, NGF). Der NGF reguliert die Funktion und Struktur sensorischer Nerven und gehört damit zur Gruppe der sogenannten Neurotrophine. Man nimmt an, dass der NGF an der Schmerzmodulation beteiligt ist, indem er Nozizeptoren sensibilisiert. Tanezumab ist ein NGF-Inhibitor.
Der Antikörper sollte unter dem Handelsnamen Raylumis® zur Behandlung von Patienten mit mittleschweren bis schweren chronischen Schmerzen infolge einer Knie- oder Hüftarthrose dienen. Vorgesehen war, dass Tanezumab für Patienten, deren Schmerzen mit nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) oder Opioiden nicht ausreichend kontrollierbar sind oder die diese Medikamente nicht anwenden können, eine neue Therapieoption darstellt. Raylmuis® sollte dabei subkutan verabreicht werden.
Als Beleg für die Wirksamkeit legte Pfizer der EMA die Ergebnisse von drei Studien mit insgesamt 3021 Arthrosepatienten vor, in denen Tanezumab mit Placebo (zwei Studien) beziehungsweise mit NSAR (eine Studie) verglichen worden war. Beurteilt wurden die Auswirkungen der Behandlung auf die Schmerzen und die Funktionalität der betroffenen Gelenke. In beiden Kategorien habe Tanezumab zwar gegenüber Placebo geringfügig besser abgeschnitten, aber nicht im Vergleich zu NSAR, teilt die EMA mit. Zudem sei es unter Verum häufiger zu Nebenwirkungen gekommen, darunter ein rasches Fortschreiten der Athrose bis hin zur Notwendigkeit eines Gelenkersatzes.
Unter dem Strich überwiege somit aus Sicht der EMA der Nutzen des neuen Medikaments nicht dessen Risiken, sodass sie von der Zulassung abrate. Ob die Hersteller nun versuchen werden, Tanezumab in einer anderen Indikation zur Marktreife zu bringen, ist unklar. Getestet wurde der Antikörper jedenfalls bereits auch bei chronischen Rückenschmerzen (»Pain« 2020, DOI: 10.1097/j.pain.0000000000001928).