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Hochschulpolitik

Studieren und engagieren

Das Pharmaziestudium ist zeitintensiv, die Freizeit knapp. Warum sich das Engagement an der Uni dennoch lohnt und wie es konkret aussehen kann, erläutert Ilias Essaida, Beauftragter für Gesundheitspolitik beim BPhD.
Anna Carolin Antropov
09.10.2019  09:00 Uhr

Vormittags Vorlesungen, Labor bis abends und im Anschluss noch Protokolle schreiben und Strukturformeln pauken – so sieht der Alltag vieler Pharmaziestudierender aus. Glücklicherweise gibt es einige Studierende, die sogar freiwillig mehr Zeit investieren und sich in die Hochschulpolitik einbringen. Dieses Engagement bereichert nicht nur ihr Privatleben, sondern ist auch dringend notwendig, um die Studienumstände für alle zu verbessern und aktiv mitzugestalten. »Es wäre fatal, wenn wir als Studierende nicht manchmal den Regulierenden auf die Finger klopfen und sie auf Missstände hinweisen würden«, sagt Ilias Essaida im Gespräch mit der PZ. Der 18-Jährige ist seit dem 1. Juli Beauftragter für Gesundheitspolitik beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD).

Die Wege in ein Ehrenamt sind vielfältig: Sie reichen von Möglichkeiten innerhalb der Universität über parteinahe, politische Wege bis hin zum Mitwirken in einem Verband. So gibt es an der Universität beispielsweise Fachbereichs- und Institutsräte sowie verschiedene Kommissionen, in denen studentische Vertreter sitzen.

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) stellt das geschäftsführende Organ der Studierendenschaft dar und wird vom Studierendenparlament gewählt. Wer Hochschulpolitik-Luft schnuppern möchte, für den ist sicherlich die Fachschaft eine gute erste Anlaufstelle. Obwohl unter dem Begriff Fachschaft üblicherweise der Teil der Studierenden verstanden wird, der sich aktiv als Mitglied für sein Studium einsetzt, gehört streng genommen jeder Student mit Immatrikulation zur Fachschaft eines Studienfachs. Sie organisiert nicht nur Partys oder die Erstsemester-Einführung, sondern vertritt in erster Linie die Interessen der Studierenden eines bestimmten Fachbereichs und braucht immer engagierte Mitglieder. Neulinge wachsen dabei langsam in verschiedene Aufgaben und Ämter hinein. Sie können sich sogar offiziell als Fachschaftsvertreter wählen lassen und schließlich gemeinsam mit Professoren und dem Dekan darüber entscheiden, wofür bestimmte Gelder verwendet werden. Aber auch bei den Verwaltungen vor Ort bis hin zur jeweiligen Landesregierung stehen sie für die Interessen der Studierenden ein.

»Darüber hinaus kann man sich auf Bundesebene in den Studierendenverbänden einbringen«, erklärt Essaida. Um die Anstrengungen der 22 einzelnen Pharmazie-Fachschaftsräte in Deutschland besser verknüpfen und koordinieren zu können, wurde deshalb im Jahr 1948 der BPhD gegründet. Er hat zum Ziel, Möglichkeiten studentischer Mitgestaltung zu schaffen. Die Vorstandsämter im eingetragenen Verein sind dabei sicherlich zeitaufwendig und verantwortungsreich, erlauben aber weitreichende Einblicke in die Standespolitik. Doch auch ungebunden ist es möglich, sich beispielsweise in einer Arbeitsgruppe wie der AG Gesundheitspolitik beim BPhD zu engagieren und an der Meinungsbildung des Verbands mitzuwirken.

Abseits der Pharmazie finden politisch Interessierte Anschluss in einer der zahlreichen Hochschulgruppen. Insbesondere parteinahe Hochschulgruppen der vergleichsweise großen Parteien gibt es bundesweit.

Gerade bei einem so verschulten Studium wie der Pharmazie kommt mitunter die Frage auf, ob Studierende überhaupt etwas bewegen können und sich die Mühe lohnt. Eine Änderung der Approbationsordnung etwa müsse natürlich durch den Bundestag beschlossen werden, stimmt auch Essaida zu. Auf anderen Ebenen sei schneller etwas zu erreichen: Denn der Spielraum, den die Approbationsordnung bietet, wird im Moment noch immer unzureichend genutzt. Insbesondere die Klinische Pharmazie und die Pharmakologie kämen an vielen Universitäten viel zu kurz. »Dass nicht einmal überall eine Professur für Klinische Pharmazie besetzt ist, ist nicht tragbar«, so der Student.

Im Frühjahr 2019 besprachen drei Vertreter des BPhD daher mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in einem persönlichen Gespräch die Problematik der dringend nötigen Novellierung der Approbationsordnung. Als Erfolg ist sicherlich zu werten, dass Professor Frank Dörje, Leiter der Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen, mit Kollegen in einem Antrag an den Deutschen Apothekertag die Einrichtung einer neuen Arbeitsgruppe im Bundesgesundheitsministerium (BMG) forderten. Sie soll konkrete Pläne für die Neugestaltung der Approbationsordnung für Apotheker erarbeiten. Unterstützt wurde der Antrag dabei auch durch die Apothekerkammern Bayern und Niedersachsen sowie den Bayerischen Apothekerverband. Nun wurde bekannt, dass die Bundesapothekerkammer (BAK) federführend aktiv werden will, um eine entsprechende Reform beim BMG anzustoßen.

Anlassbezogen oder auch zum allgemeinen Austausch trifft sich der BPhD mit einigen Landesapothekerverbänden und -kammern mehrmals im Jahr. Dieser Kontakt soll weiter ausgebaut werden, ohne dabei an Unabhängigkeit zu verlieren. Auch die Umbenennung von Pharmaziepraktikant in Pharmazeut im Praktikum – analog zum Arzt im Praktikum – ist eine Errungenschaft des BPhD. »Das war uns ein Anliegen«, so der Beauftragte für Gesundheitspolitik.

Insbesondere durch den Koordinator für Interprofessionelles steht der Verband darüber hinaus im regen Austausch mit anderen studentischen Verbänden wie der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland. Ein früher und intensiver Dialog auf Augenhöhe könne im späteren Berufsleben vieles zwischen Arzt und Apotheker erleichtern und so letztlich für ein besseres Patientenwohl sorgen, so die Begründung.

All das erfordert viel Arbeit, für die ausreichend Personal nötig ist, das die Aufgaben unter sich aufteilt. Je nachdem, wie engagiert man sein Amt auslebt, nimmt es einige Zeit in Anspruch. Doch neben dem bereichernden Austausch mit unzähligen interessanten Menschen verhilft es oft zu einem anderen Blick auf das Studium. Auch Softskills werden weiterentwickelt und inhaltlich wird jede Menge Input geboten: Sei es auf Fortbildungsveranstaltungen wie dem jährlich stattfindenden PharmaWeekend, bei spannenden Diskussionen oder auch in der Arbeitsgruppe Gesundheitspolitik.

»Politisches und gesellschaftliches Engagement ist heute wichtiger denn je«, findet Essaida. Gerade im Studium sind die Hürden für den Einstieg sehr gering und eine einfache Kontaktaufnahme mit der Fachschaft oder digital in einer Arbeitsgruppe des BPhD kann ein Grundstein des persönlichen Engagements sein. Wem die Politik nicht liegt, der kann sich auch sozial oder zum Beispiel für die Umwelt einsetzen. Vereine wie Apotheker Helfen oder Apotheker ohne Grenzen haben an vielen Standorten Regionalgruppen und freuen sich über Unterstützung verschiedener Art.

 

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