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Biomarker

Stratifizierung von Covid-19-Patienten

Schwere Verläufe einer Covid-19-Erkrankung frühzeitig zu erkennen, um diese Fälle dann einer bestmöglichen Behandlung zuführen zu können, bleibt eine große Herausforderung. Hilfreich wären da Biomarker zur Stratifizierung betroffener Patienten. Chinesische Forscher finden Veränderungen im Metabolom und Proteom von Patienten.
Theo Dingermann
02.06.2020  12:00 Uhr
Stratifizierung von Covid-19-Patienten

Unter dem Titel »Proteomic and Metabolomic Characterization of Covid-19 Patient Sera« erschien jetzt als Journal Pre-proof des Fachjournals »Cell« eine Arbeit eines Forscherkonsortium um Bo Shen vom Taizhou Hospital der Wenzhou Medical University in Linhai, China. In dieser Arbeit identifizieren und beschreiben diese Wissenschaftler Biomarker, mit deren Hilfe ein schwerer Covid-19-Verlauf vorhergesagt werden könnte.

Das Forscherteam analysierte Seren von 46 Covid-19-Patienten sowie von 53 Kontrollpersonen mit proteomischen und metabolomischen Verfahren. Mit den erhobenen Daten von 13 Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf und von 18 Patienten mit einem weniger schweren Krankheitsverlauf trainierten die Forscher dann ein maschinelles Lernmodell. Danach wurde das Modell mit Seren von zehn unabhängigen Patienten validiert. Das Modell konnte sieben dieser Seren korrekt klassifizieren. Mithilfe gezielter Proteomik- und Metabolomik-Assays wurde das Modell danach an einer zweiten Testkohorte von 19 weiteren Covid-19 Patienten noch einmal validiert. In diesem Fall konnten 16 Seren korrekt klassifiziert werden.

Stratifizierungsmarker lassen sich definieren

Die Wissenschaftler identifizierten eindeutige molekulare Veränderungen in den Seren schwer an Covid-19 erkrankten Patienten im Vergleich zu Patienten aus der Kontrollgruppe. Dabei fielen Dysregulationen der Makrophagenphysiologie, der Thrombozytendegranulation und der Steuerung der Komplementsystemwege auf. Ferner ließen sich massive Stoffwechselanomalien identifizieren, die durch charakteristische Protein- und Metabolitenveränderungen erkennbar waren.

So zeigten sich beispielsweise typische Veränderungen im Lipidstoffwechsel. Über 100 Lipide, darunter Glycerophospholipid, Sphingolipide und Fettsäuren, sind bei Patienten mit einem schweren Covid-19-Verlauf herunterreguliert. Denkbar wäre, dass dieser Abfall den Bedarf an Bausteinen für die Fertigstellung der mit einer Lipidmembran umhüllten SARS-CoV-2-Viren reflektiert.

Zudem akkumulieren bei schwer an Covid-19-Erkrankten mindestens elf Steroidhormone. Dies könnte, so die Vermutung der Wissenschaftler, zur Modulation der Makrophagenphysiologie beitragen, indem diese Hormone, darunter Progesteron, Androgene und Estrogene, die Aktivität von Makrophagen sowie anderer Immunzellen steigern. Die Forscher fanden auch erhöhte 21-Hydroxypregnenolon-Konzentrationen. 21-Hydroxypregnenolon ist ein bedeutendes Intermediat für die Synthese von Corticosteron, das wiederum als eines der Zwischenprodukte der Steroidsynthese vom Pregnenolon zum Aldosteron von Bedeutung ist. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Corticosteron-Biosynthese ein Schutzmechanismus gegen eine SARS-CoV-2-Infektion sein könnte.

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