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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Ramipril

Ramipril rangiert laut Arzneiverordnungs-Report auf Platz 5 der am häufigsten kassenärztlich verordneten Wirkstoffe. Unter den Antihypertonika liegt der ACE-Hemmer damit vorn. Die PZ stellt den Arzneistoff-Klassiker vor.
Carolin Lang
30.07.2020  08:00 Uhr

Was ist das Einsatzgebiet von Ramipril?

Ramipril dient der Behandlung von Hypertonie und allen Stadien der Herzinsuffizienz; in beiden Indikationen gelten ACE-Hemmer als Mittel der Wahl. Außerdem kommt der Arzneistoff bei diabetischer Nephropathie und nach einem Myokardinfarkt zum Einsatz.

Wie wirkt Ramipril?

Ramipril greift in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) ein, das eines der bedeutendsten Systeme zur Blutdruckregulation ist. Der Wirkstoff hemmt das Angiotensin-Konversions-Enzym (ACE), das Angiotensin I in Angiotensin II (AT II) überführt. Letzteres ist ein sehr potenter Vasokonstriktor, dessen wichtigsten kardiovaskulären Effekte über den AT1-Rezeptor vermittelt werden. Bindet AT II an den Rezeptor, kommt es über verschiedene Mechanismen zu einem Anstieg des Blutdrucks. Ein sofortiger Effekt entsteht dabei durch die Vasokonstriktion von Gefäßen, die Katecholamin-Freisetzung aus der Nebenniere und die Noradrenalin-Freisetzung an sympathischen Nervenendigungen. Verzögert blutdrucksteigernd wirken sich eine vermehrte Natrium- und Wasser-Resorption in der Niere, die Aldosteron-Freisetzung aus der Nebenniere, die Ausschüttung des Antidiuretischen Hormons (ADH) im Gehirn sowie eine Steigerung des Durstgefühls aus. Bei chronischer Aktivierung des AT1-Rezeptors kommt es zu einer Hypertrophie der Myokardzellen und letztlich zu einer Fibrosierung des Herzmuskels. Ramipril wirkt somit antihypertensiv, senkt die Vor- und Nachlast des Herzens und hemmt die Wachstums- und Fibrose-fördernden Effekte von AT II auf den Herzmuskel. Bei Diabetikern schützt es die Niere, wenn aufgrund pathophysiologischer Veränderungen im Bereich des Glomerulus der Druck in dessen Kapillaren erhöht ist.

Wie ist die Struktur von Ramipril?

Die ACE-Hemmer sind strukturell gesehen Analoga der C-terminalen Peptidkette von Angiotensin I, dem eigentlichen Substrat des ACE. Ramipril liegt als Prodrug in einer veresterten Vorstufe vor, die in der Leber zur wirksamen Carbonsäure Ramiprilat hydrolysiert wird.

Wie wird Ramipril dosiert?

ACE-Hemmer werden in der Regel einschleichend dosiert, da sonst die Gefahr einer Hypotension besteht. Die Dosierung richtet sich dann nach der Indikation. Bei Hypertonie liegt die übliche Tagesdosis zwischen 2,5 mg und 10 mg. Bei Herzinsuffizienz beträgt die tägliche Zieldosis 10 mg.

Welche Nebenwirkungen kann Ramipril haben?

Eine häufige unerwünschte Wirkung ist trockener Reizhusten. Dieser wird durch das Peptidhormon Bradykinin ausgelöst, ein weiteres Substrat von ACE, das bei Blockade des Enzyms vermehrt anfällt. Eine seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung ist das Angioödem. Dabei schwellen Lippen, Mund, Rachen, Zunge, Glottis und Larynx rasch an, was unter Umständen zu Atemnot führt. Das Phänomen tritt dosisunabhängig meist innerhalb der ersten Woche einer Therapie mit ACE-Hemmern auf. Unter Ramipril-Einnahme besteht außerdem die Gefahr einer Hyperkaliämie, was auch mit Blick auf potenzielle Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten ist. Ferner sind unter anderem Hypotonie, orthostatische Dysregulationen sowie allergische Hautreaktionen beschrieben.

Welche Wechselwirkungen gilt es bei Ramipril zu beachten?

In Kombination mit kaliumsparenden Diuretika besteht ein erhöhtes Risiko für eine Hyperkaliämie. Außerdem können nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) die blutdrucksenkende Wirkung von Ramipril abschwächen. Bei einer Dreifachkombination von einem Diuretikum, einem NSAR und einem ACE-Hemmer besteht ein erhöhtes Risiko für Nierenversagen. Die Kombination wird auch als »Triple Whammy« (dreifacher Angriff) bezeichnet. Prostaglandine erhöhen den Filtrationsdruck, indem sie die zuführende Arteriole des renalen Glomerulus (Vas afferens) erweitern. AT II hingegen führt zu einer Vasokonstriktion des ableitenden Blutgefäßes (Vas efferens), was ebenfalls den Druck erhöht. Wird nun durch ein NSAR die Synthese von Prostaglandinen und durch einen ACE-Hemmer die von AT II gehemmt und zusätzlich durch ein Diuretikum das Volumen in den Gefäßen reduziert, so können diese Effekte zusammen den Filtrationsdruck so stark senken, dass ein akutes Nierenversagen einsetzt.

Wann ist Ramipril kontraindiziert?

Ramipril darf nicht gegeben werden bei beidseitiger Nierenarterienstenose, Niereninsuffizienz und Hyperkaliämie. Außerdem sollte Ramipril bei bekannter Angioödem-Anamnese nicht eingenommen werden. Auch in der Schwangerschaft und in der Stillzeit ist der ACE-Hemmer kontraindiziert.

Wie wurde Ramipril entwickelt?

Das Wirkprinzip von ACE-Hemmern wurde erstmals in einem Schlangengift beobachtet: Ein Biss der brasilianischen Jararaca-Lanzenotter führt beim Opfer zu einem erheblichen Abfall des Blutdrucks. Die Strukturen der heutigen ACE-Hemmer sind von dem im Gift enthaltenen Pentapeptid BPP5a abgeleitet, das ACE hemmt. Durch die Entdeckung der wirksamen Teilstruktur von BPP5a wurden dann nicht peptidische ACE-Hemmer entwickelt. 1981 kam Captopril als erster ACE-Hemmer auf den Markt, gefolgt von Enalapril. Im Oktober 1990 führte die Hoechst AG Ramipril in Deutschland ein; heute ist es der meistverordnete ACE-Hemmer.

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