Steckbrief Methocarbamol |
Brigitte M. Gensthaler |
27.10.2022 07:00 Uhr |
Schmerzen im unteren Rücken können kurzfristig mit zentralen Muskelrelaxanzien wie Methocarbamol behandelt werden, wenn andere Maßnahmen nicht wirken. / Foto: Adobe Stock/Aleksej
Wofür ist Methocarbamol zugelassen?
Methocarbamol ist ein zentral wirksames, verschreibungspflichtiges Muskelrelaxans und zugelassen zur symptomatischen Behandlung schmerzhafter Muskelverspannungen, insbesondere im unteren Rücken (Lumbago, »Hexenschuss«). Allerdings raten die Autoren der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) »Nicht spezifischer Kreuzschmerz« wegen mäßiger Wirksamkeitsbelege und des Nebenwirkungsprofils von der Anwendung zentraler Muskelrelaxanzien bei akuten und chronischen nicht spezifischen Kreuzschmerzen ab («sollten nicht angewendet werden«).
Wie wird Methocarbamol dosiert?
Erwachsene nehmen dreimal täglich 1500 mg Methocarbamol (zwei Tabletten) mit Wasser ein. Zum Start der Behandlung können sie viermal täglich 1500 mg schlucken; in schweren Fällen sind bis zu 7500 mg Wirkstoff/Tag erlaubt. Die Dauer der Anwendung richtet sich nach den Symptomen der Muskelverspannung und soll laut Fachinformation 30 Tage nicht überschreiten. Die NVL-Autoren empfehlen maximal zwei Wochen, falls andere Maßnahmen nicht greifen.
Methocarbamol ist bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- und/oder eingeschränkter Leberfunktion mit Vorsicht anzuwenden.
Wie wirkt Methocarbamol?
Der Carbaminsäureester entfaltet seine muskelrelaxierende Wirkung über eine Hemmung der polysynaptischen Reflexleitung im Rückenmark und in subkortikalen Zentren. Der physiologische Tonus und die Kontraktilität der Skelettmuskulatur sowie die Motilität der glatten Muskulatur werden in therapeutischer Dosierung nicht beeinträchtigt und die motorische Endplatte nicht beeinflusst.
Methocarbamol wird nach oraler Applikation rasch und vollständig resorbiert. Zehn Minuten nach der Einnahme ist es im Serum nachweisbar, die Halbwertszeit beträgt etwa zwei Stunden. Methocarbamol und seine beiden Hauptmetaboliten werden fast ausschließlich renal ausgeschieden.
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Die häufigste Nebenwirkung unter Methocarbamol ist Kopfschmerz. Selten kommt es zu Fieber, angioneurotischem Ödem, Schwindel, Juckreiz, Hautausschlag, Urtikaria und Bindehautentzündung mit Nasenschleimhautschwellung. Sehr selten sind Brechreiz und Erbrechen, Sehstörungen, Benommenheit, Zittern, Unruhe, Angst, Verwirrtheit und Anorexie. Falls Schwindel oder Benommenheit auftreten, sollten die Patienten nicht Auto fahren oder Maschinen bedienen.
Auf welche Gegenanzeigen ist zu achten?
Kontraindiziert ist Methocarbamol bei (prä-)komatösen Zuständen, Erkrankungen des Zentralnervensystems, Epilepsie und Myasthenia gravis. In Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern unter zwölf Jahren sollte es nicht angewendet werden.
Welche Wechselwirkungen sind zu beachten?
Da Methocarbamol allgemein dämpfend auf das ZNS wirken kann, sollte das Apothekenteam Patienten informieren, dass es zusammen mit Alkohol und anderen zentral wirksamen Mitteln wie Opioiden oder Schlafmitteln sowie Appetitzüglern zu einer Wirkungsverstärkung kommen kann. Methocarbamol kann die Wirkung von Anticholinergika, zum Beispiel Atropin, und einigen psychotropen Arzneimitteln verstärken. Da es die Wirkung von Pyridostigminbromid abschwächen kann, darf es bei Patienten mit Myasthenia gravis, die mit Pyridostigmin behandelt werden, nicht eingesetzt werden.
Bewertungen:
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wies 2015 gemeinsam mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in einem Informationsblatt darauf hin, dass keine eindeutigen Belege für schmerzlindernde Wirkungen von Muskelrelaxanzien beim Kreuzschmerz vorliegen. Wegen ihrer Nebenwirkungen, möglichen Allergien, Beeinträchtigung der Leberfunktion sowie gastrointestinaler Komplikationen seien sie restriktiv einzusetzen und sollten bei nicht spezifischem Kreuzschmerz nicht länger als zwei Wochen fortlaufend eingenommen werden.
Strukturformel Methocarbamol / Foto: Wurglics