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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Dimethylfumarat

Multiple Sklerose und Schuppenflechte – diese zwei Autoimmunerkrankungen sind Einsatzgebiete des relativ alten Arzneistoffs Dimethylfumarat.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 03.07.2025  07:00 Uhr

Wie wirkt Dimethylfumarat?

Dimethylfumarat wirkt immunmodulatorisch und antioxidativ. Der genaue Wirkmechanismus ist nicht geklärt. Der Wirkstoff scheint antioxidative Gene hochzuregulieren und das Immunsystem über die Aktivierung des Nuclear factor (erythroid-derived 2)-like 2 (Nrf2)-Transkriptionswegs zu beeinflussen.

Wogegen wird Dimethylfumarat eingesetzt?

Dimethylfumarat (Tecfidera®) kommt zum einen bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 13 Jahren mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (MS) zum Einsatz. Es zählt hier bei mildem bis moderatem Verlauf zur Erstlinientherapie. Zum anderen wird Dimethylfumarat (Skilarence®, früher Fumaderm®) bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris angewendet, insbesondere wenn eine topische Therapie nicht ausreichend wirksam war. Auch hier gehört es zur Erstlinientherapie.

Wie wird Dimethylfumarat dosiert?

Bei MS wird Dimethylfumarat in der ersten Woche mit zweimal täglich 120 mg dosiert. Die Erhaltungsdosis ab der zweiten Woche beträgt zweimal täglich 240 mg. Bei Psoriasis wird niedriger gestartet (einmal täglich 30 mg abends) und langsamer aufdosiert (über vier Wochen). Die Erhaltungsdosis kann bei Psoriasis je nach Ansprechen und Verträglichkeit bis zu 720 mg täglich betragen.

Für eine bessere Verträglichkeit sollten orale Darreichungsformen von Dimethylfumarat mit oder nach einer Mahlzeit im Ganzen eingenommen werden.

Welche Nebenwirkungen kann Dimethylfumarat haben?

Obwohl Dimethylfumarat immunmodulatorisch wirkt, war die Infektionsrate in klinischen Studien nicht höher als unter Placebo. Zu den sehr häufigen unerwünschten Wirkungen zählen Durchfall, Übelkeit und Bauchschmerzen, Hitzegefühl/Flush, Lympho- und Leukopenien sowie Ketonkörper im Urin. Häufig sind Kopfschmerzen, Fatigue, Juckreiz und Hautausschlag, Appetitlosigkeit, leichtes Fieber oder grippeähnliche Symptome. Selten können schwerwiegende Nebenwirkungen wie Leberfunktionsstörungen, schwere allergische Reaktionen oder eine progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML) auftreten. Zudem wurde über Fälle von Fanconi-Syndrom berichtet. Patienten unter Dimethylfumarat werden regelmäßige Kontrollen des Blutbilds, der Leber- und der Nierenwerte empfohlen.

Welche Wechselwirkungen sind möglich?

Während der Behandlung mit Dimethylfumarat soll die gleichzeitige Anwendung anderer Fumarsäurederivate systemisch wie topisch vermieden werden. Eine gleichzeitige Anwendung nephrotoxischer Arzneimittel kann das Risiko renaler Nebenwirkungen erhöhen. Kombinationen von Dimethylfumarat mit antineoplastischen oder immunsuppressiven Therapien wurden nicht untersucht und sollten deshalb mit Vorsicht erfolgen. Das gilt auch für Skilarence in Kombination mit anderen systemischen Psoriasis-Therapien. Die Anwendung von Lebendimpfstoffen soll unter Dimethylfumarat auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben.

Patienten können unter der Anwendung von Dimethylfumarat Alkohol trinken, sollen jedoch auf Hochprozentiges verzichten, da dies die Galenik beeinflussen kann und das Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen erhöht.

Welche Gegenanzeigen gibt es?

Absolut kontraindiziert ist Tecfidera bei vermuteter oder bestätigter PML sowie bei schwerer Lymphopenie. Skilarence ist kontraindiziert bei schweren Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, schweren Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sowie Schwangerschaft und Stillzeit. Vorsicht ist auch hier bei PML und schwerer Lymphopenie angebracht. Bei schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen ist Skilarence kontraindiziert, während bei Tecfidera »Vorsicht angezeigt« ist.

Darf Dimethylfumarat in Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden?

Im Tierexperiment wirkt Dimethylfumarat reproduktionstoxisch. Bei Psoriasis ist der Einsatz in der Schwangerschaft kontraindiziert. Bei MS sollte Dimethylfumarat während der Schwangerschaft vermieden werden und nur bei eindeutigem Bedarf zum Einsatz kommen, wenn der mögliche Nutzen das potenzielle Risiko für den Fetus übersteigt.

Bei Embryotox, dem Pharmakovigilanz - und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité heißt es, die Therapie mit Fumarsäureestern könne bis zum positiven Schwangerschaftstest erfolgen. Aus bislang beobachteten Schwangerschaften lasse sich keine Teratogenität erkennen. MS-Patientinnen sollten auf Interferon-β oder Glatirameracetat umgestellt werden, Patientinnen mit Schuppenflechte auf topische Corticoide oder, falls diese nicht ausreichen, auf Prednisolon oder Ciclosporin.

Es ist nicht bekannt, ob Dimethylfumarat oder seine Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Stillen kann laut den Fachinformationen bei MS-Patientinnen, nicht aber bei Psoriasis-Patientinnen in Betracht gezogen werden. Embryotox empfiehlt eine gute Beobachtung des Säuglings durch die Mutter und eine regelmäßige kinderärztliche Betreuung.

Patentstreit und Weiterentwicklungen

Aktuell sind als Dimethylfumarat-haltige Arzneimittel nur das MS-Präparat Tecfidara von Biogen und das Psoriasis-Medikament Skilarence von Almirall Hermal in Deutschland im Handel. Biogen hatte im Dezember 2024 angekündigt, den Vertrieb der Psoriasis-Medikamente Fumaderm® und Fumaderm initial einzustellen. Zum 15. April 2025 gingen sie endgültig außer Vertrieb. Fumaderm enthielt neben Dimethylfumarat noch Ethylhydrogenfumarat. Es war seit den 1990er-Jahren auf dem Markt.

Skilarence gilt als Weiterentwicklung und wurde 2017 eingeführt. Schon damals wurde über eine Marktrücknahme von Fumaderm spekuliert. Skilarence ist tatsächlich preiswerter und Laborkontrollen werden damit nur alle drei Monate empfohlen, nicht jeden Monat wie unter Fumaderm.

Einen Patentstreit gibt es um Tecfidera. Im ABDA-Artikelstamm finden sich eine ganze Reihe Generika, allerdings als »außer Vertrieb« und »nicht verkehrsfähig«. Einige waren 2022 auf den Markt gekommen, aber Gerichtsentscheidungen stützten Biogens Patentanspruch. Nach einigem Hin und Her endete der Vermarktungsschutz für Tecfidera in der EU im Februar 2025. Auf Anfrage der Pharmazeutischen Zeitung konnte der Pharmaverband Pro Generika keine Angaben machen, ob und ab wann welche Generika (wieder) verfügbar sein werden.

Anfang 2022 brachte Biogen mit Diroximelfumarat (Vumerity®) ein neues Fumarsäure-Präparat bei MS auf den Markt. Es gilt als Fumarat der nächsten Generation mit besserer Magen-Darm-Verträglichkeit. Genau wie Dimethylfumarat handelt es sich um ein Prodrug; der aktive Hauptmetabolit Monomethylfumarat ist identisch.

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