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Pandemielexikon

Sprechen Sie Coronisch?

Die Coronavirus-Krise hat den deutschen Wortschatz erweitert. Bekannte Begriffe bekommen neue Bedeutungen, aber auch Wortneuschöpfungen bilden sich heraus. Dr. Annette Klosa-Kückelhaus vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) schildert die Einflüsse der Pandemie auf unsere Sprache.
Jennifer Evans
11.03.2022  14:30 Uhr

Begriffe wie Klopapierhysterie, Schnutenpulli, Maskenpickel, Covidiot, Mundschutzmoral, Mirco-Wedding und Zoom-Fatigue klingen schon fast altmodisch in unseren Ohren. Kein Wunder: Schließlich stammen die Begriffe bereits aus dem ersten Coronajahr 2020. Die Covid-19-Krise hat eben viele Bereiche unseres Lebens rasant schnell verändert – auch die deutsche Sprache.

Die Trends aus dem Jahr 2021 wirken hingegen etwas präsenter. Dazu gehören Distanzbier, Impfschwänzer, Zweitimpfling, Spazierpartner, Regenbogenmaske oder rumaerosolen. Nicht alle Neuzugänge zum deutschen Wortschatz klingen aber so kreativ. Bürokratische Sprachmonster wie Absonderungsbescheid, Eindämmungsverordnung, Isolationsauflagen gehören zu den Neuschöpfungen ebenso wie die unzähligen Coronakoppelungen.

Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim hat Systematik in das Thema gebracht und ein Online-Lexikon erstellt, das inzwischen mehr als 2000 Einträge verzeichnet. Darin sind all jene Begriffe aufgelistet, die seit Beginn der Coronapandemie aufgekommen sind. Dazu gibt es gleich eine Bedeutungserklärung samt Beispielen, wann und wie die Deutschen diese Wörter in der Alltagssprache verwenden. Halten sich diese neuen Kreationen weiterhin im Sprachgebrauch, landen sie später im sogenannten Neologismenwörterbuch, das Wortneubildungen der Gegenwartssprache aufnimmt.

Kategorien der Coronawörter

Im Gespräch mit der PZ schildert Dr. Annette Klosa-Kückelhaus, Leiterin Programmbereich Lexikographie und Sprachdokumentation beim IDS, nach welchen Kriterien sich die neuen Coronawörter klassifizieren lassen. Zum Beispiel danach, ob sie entlehnt sind wie Bazooka, was eigentlich aus dem Militärjargon stammt, aber in der Covid-19-Krise zur Bezeichnung der finanziellen Soforthilfen diente. Zu dieser Kategorie zählt auch Coldspot – ein Ort, an dem das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus unwahrscheinlich ist. Darüber hinaus gibt es Wörter wie Leerdenker oder Lockerungswelle, die direkt im Deutschen entstanden sind. Und schließlich lässt sich noch unterscheiden, ob es sich um neuere Neologismen wie pandemüde oder der Cocktail Quarantini handelt oder aber um ältere Begriffe wie OP-Masken-Blau, die nun wieder verstärkt in Gebrauch sind.

Der Bereich der Neologismen lässt sich wiederum danach untergliedern, ob es sich dabei um Neulexeme handelt, die sowohl eine neue Ausdrucks- als auch Inhaltsseite haben wie Rückkehrerflug und Regelchaos oder lediglich eine neue Inhaltsseite wie AHA-Erlebnis. Und schließlich lassen sich die Neuprägungen noch nach der Art einstufen, wie sie gebildet werden. Darunter fallen Komposita wie Autobahn-Teststation oder Anti-Corona-Spritze. Dann gibt es da noch die Derivate, also abgeleitete Formen, wie coronern oder Impfie (ein Selfie beim Impfen). Und zur Kategorie Kurzwörter zählen KP 1 (Kontaktperson 1) und Munaschu (Mundnasenschutz).

Eine Besonderheit stellen die sogenannten Kofferwörter wie Maskne oder pandemüde dar. Dabei handelt es sich um eine Untergruppe der Komposita, bei denen zwei Wörter überlappen und dann einen inhaltlich neuen Begriff bilden.

Als Sprachwissenschaftlerin hat Klosa-Kückelhaus insbesondere fasziniert, wie in der Coronazeit mit dem Wort Lockdown gespielt wurde. Damit meint sie unter anderem die vielen Komposita, die von Hammerlockdown bis Jo-Jo-Lockdown reichen. Aber auch Ableitungen wie Lockdowner und gelockdownt sowie die vielen Variationen wie Flockdown oder Hockdown.

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