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Pandemielexikon
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Sprechen Sie Coronisch?

Die Coronavirus-Krise hat den deutschen Wortschatz erweitert. Bekannte Begriffe bekommen neue Bedeutungen, aber auch Wortneuschöpfungen bilden sich heraus. Dr. Annette Klosa-Kückelhaus vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) schildert die Einflüsse der Pandemie auf unsere Sprache.
AutorKontaktJennifer Evans
Datum 11.03.2022  14:30 Uhr
Welches Wort bleibt, welches geht?

Welches Wort bleibt, welches geht?

Nicht alle dieser neuen Begriffen werden sich jedoch in Zukunft im Sprachgebrauch halten. Klosa-Kückelhaus geht davon aus, dass speziell viele Bezeichnungen für Maske wieder verschwinden, sobald es keine Maskenpflicht mehr gibt. Auf lange Sicht könnten jedoch neue Wörter entstehen, deren Bedeutung sich vom engen Coronakontext lösen lässt, vermutet sie. So habe zum Beispiel das Adjektiv mütend eine gute Chance dazu, weil es eine Gefühlsmischung transportiere, die auch außerhalb des Coronakontextes existiere. Mütend beschreibt den ermüdenden Ärger und Verdruss über die sich ständig ändernden Regeln zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie. Außerdem ist die Sprachwissenschaftlerin sicher, dass sich künftig auch gewisse Corona- und Covid-Wörter durchsetzen werden – allein deshalb, weil in Zukunft über diese einschneidende Zeit referiert wird.

Ist die Anzahl an Neubildungen nach gut zwei Jahren Pandemie inzwischen etwas zurückgegangen, sozusagen coronamüde geworden? »Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass ich zwischen April 2020 und etwa September 2021 täglich etwa fünf bis zehn Kandidaten in den Medien aufgesammelt habe, seitdem sind es eher fünf bis zehn pro Woche«, sagt Klosa-Kückelhaus. Als Grund dafür nennt sie eine gewisse Routine, die sich durch die andauernde Pandemie eingeschlichen hat. Werde weniger über ein Thema gesprochen oder in den Medien berichtet, entstehe auch weniger neuer Wortschatz.

Die Arbeit am IDS geht aber noch weiter. So sitzt Klosa-Kückelhaus gerade an einer Auswertung von Twitter-Threads, bei denen Nutzer des Online-Dienstes Aufrufen gefolgt sind, Wörter und Unwörter rund um die Coronapandemie zu posten. »Hieran interessiert mich, welche Kriterien Sprecherinnen und Sprecher dafür entwickeln, warum bestimmte Wörter für sie interessant sind und welche Definitionsmechanismen sie anwenden«, berichtet sie. Die Ergebnisse können der Sprachwissenschaftlerin zufolge dann unter anderem dazu beitragen, das IDS-Wörterbuch zu verbessern.

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