Spahn: Alle Impfdosen stehen frühzeitig bereit |
Ein Zeichen setzen: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ließ sich in Berlin medienwirksam gegen die Grippe impfen. / Foto: picture alliance/dpa
Ein Zeichen setzen wollte der Bundesgesundheitsminister, als er an diesem Mittwochmorgen in die Bundespressekonferenz geeilt kam. Kurz zuvor hatte sich Jens Spahn in Berlin-Wedding medienwirksam gegen die Grippe impfen lassen – um mit einem guten Beispiel voranzugehen, wie er zu verstehen gab. Denn gerade Politiker hätten sehr viel mit anderen Menschen zu tun und zählten damit zu einem Kreis, dem die Ständige Impfkommission (STIKO) einen besonderen Schutz gegen das Grippevirus empfiehlt.
Für Impfungen wirbt der Minister in diesen Tagen recht häufig, meist dreht sich dabei jedoch alles um das Coronavirus. Das aber dürfe die Gefahren der Grippe nicht in den Schatten stellen, betonte Spahn. Im vergangenen Herbst war die Grippewelle aufgrund von Kontaktbeschränkungen weitgehend ausgefallen. Damit könnte das Immunsystem in diesem Jahr nun besonders anfällig für die Erkrankung sein, warnen Experten. Eine große Anzahl Grippefälle könnte dabei das Gesundheitssystem neben der Pandemie auf eine weitere harte Probe stellen. »Eine zusätzliche Belastung der Intensivstationen sollten wir auf jeden Fall vermeiden«, so der Minister. »Deshalb appelliere ich besonders an alle Älteren, Schwangere, Vorerkrankte und auch an das medizinische Personal: Lassen Sie sich gegen Grippe impfen«, so der Minister.
Einen ähnlichen Appell hatte Spahn auch im vergangenen Jahr ausgesprochen. Tatsächlich war das Interesse an der Impfung zunächst groß, knapp waren dafür die Impfstoffe zu Beginn der Saison. Die kamen nur langsam und zum Teil erst im Dezember in den Markt. »Das wird sich so nicht wiederholen«, sagte der Minister heute. Mehr als 26 Millionen Dosen Grippevakzine sollen auch in dieser Saison wieder zur Verfügung stehen »und damit mehr als genug«. Einen Großteil davon hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bereits freigegeben, die PZ hatte darüber berichtet. Damit steht Deutschland so gut da wie zuletzt im Jahr 2010.
Spätestens bis Anfang November werden »nahezu alle« Impfstoffe Spahn zufolge dann auch in den Markt geflossen sein. Ganz besonders stellte der Minister dabei noch einmal die sogenannte nationale Reserve heraus. Rund 7 Millionen Dosen Impfstoff sollen damit zusätzlich zu den Bestellungen von Arztpraxen und Apotheken bereitstehen.
Wie viele Menschen sich am Ende tatsächlich gegen die Grippe impfen lassen werden, bleibt abzuwarten. Im vergangenen Jahr waren 22 Millionen Bürger dem Aufruf gefolgt, so viele wie nie zuvor. Diese Zielmarke hat sich die Bundesregierung auch für 2021 gesetzt. Trotzdem sei man gerade bei den über 60-Jährigen weit entfernt von einer zufriedenstellenden Impfquote, betonte STIKO-Chef Thomas Mertens. So empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation für diese Gruppe eine Impfquote von 75 Prozent. In Deutschland liege man mit nur 30 bis 40 Prozent allerdings seit Jahren weit zurück. »Das ist wirklich viel zu wenig«, so Mertens.
Wie gefährlich die Grippe werden kann, hatte zuletzt die Saison 2017/2018 mit rund 25.000 Todesfällen und vergleichsweise vollen Intensivstationen gezeigt. Die Erkrankung sei eben kein harmloses Fieber, betonte Spahn. »Auch eine Grippewelle kann das Gesundheitssystem sehr schwer belasten.« Für den Aufruf zur Grippeimpfung hat das Bundesministerium für Gesundheit ein breites Bündnis gemeinsam mit PEI, Robert-Koch-Institut (RKI) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) formiert. »Je mehr Risikopatienten sich impfen lassen, desto besser kommen wir durch den Winter«, sagte in Berlin auch RKI-Präsident Lothar Wieler gerade mit Blick auf steigende Zahlen bei den Coronavirus-Infektionen. Möglich ist dabei auch eine zeitgleiche Impfung gegen beide Viren.
Für einen unkomplizierten Zugang zur Grippeimpfung sorgen in vielen Regionen inzwischen auch Apotheken. Im vergangenen Jahr waren mit Nordrhein, Niedersachsen, Bayern und dem Saarland zunächst vier Landesteile mit entsprechenden Modellprojekten an den Start gegangen. In diesem Jahr sind weitere Kreise diesem Beispiel gefolgt. Der Widerstand der Ärzte gegen diese Pilotversuche ist allerdings groß.