»Sie haben es geschafft« |
Im Festvortrag gab Professor Dr. Dirk Brockmann einen Einblick in »Komplexität und antidisziplinäre Wissenschaft«. Der theoretische Physiker forscht an der Humboldt-Universität zu Berlin und am Robert-Koch-Institut und gilt als ausgewiesener Komplexitätswissenschaftler. Er leitete seinen Vortrag mit einem Zitat des inzwischen verstorbenen Astrophysikers Stephen Hawking ein: »I think the next century will be the century of complexity.«
Komplex sei nicht gleichbedeutend mit »kompliziert«, verdeutlichte Brockmann am Beispiel eines fallenden Würfels. Das Fallen erscheint als einfache Bewegung, ist aber tatsächlich sehr komplex. Ebenso seien das Schwarmverhalten der Vögel oder Fußgängerbewegungen in beengten Räumen oder auf einer Brücke extrem komplex. »Wie funktioniert es, dass sie nicht kollidieren?« Man geht heute davon aus, dass der Vogelschwarm drei Prinzipien folgt: Kollisionen vermeiden, Gruppe nicht verlassen und sich an den Nachbarn orientieren. Simulationen des Autoverkehrs auf einer Autobahn zeigen beispielhaft, was passiert, wenn ein Prinzip nicht beachtet wird: Es bilden sich Phantomstaus, also Staus ohne erklärbaren Grund, wenn die Autos mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind.
Komplexitätsforschung verbindet bewusst viele Wissenschaftsgebiete, um traditionelle Grenzen vorsätzlich zu überschreiten. Wie der Physiker betonte, wird dabei immer das Verbindende herausgestellt. Dies stellt die lange geltende Darwin´sche Theorie infrage, wonach Konflikte und der »Wettstreit ums Dasein« die Triebkräfte der Entwicklung sind. »Erst seit Kurzem erkennt man, dass es neue Kooperationen und neue Verlinkungen sind, die die natürliche Evolution und Innovationen hervorbringen und antreiben«, sagte Brockmann. Jeder höhere Organismus habe symbiotische Beziehungen zu Mikroorganismen. Die Natur habe die Erde nicht durch Wettstreit, sondern durch »Networking« erobert.
Ein fröhlich-angeregtes Networking der Absolventen und Absolventinnen, Lehrenden und Gäste beim anschließenden Empfang– immer mit dem coronagebührenden Abstand– rundete die Abschlussfeier ab.