Selbstmedikation bei Obstipation |
Bei Obstipation leiden Betroffene häufig unter einem Gefühl der inkompletten Entleerung sowie Völlegefühl und leichten Bauchschmerzen. / Foto: Adobe Stock / Siam Pukkato
Eine Verstopfung liegt bei Erwachsenen vor, wenn sie seltener als dreimal pro Woche Stuhlgang haben, der Stuhl eine harte Konsistenz aufweist und nur unter starkem Pressen abgesetzt werden kann und/oder Betroffene manuell nachhelfen müssen. Häufig gehen diese Beschwerden mit dem Gefühl der inkompletten Entleerung sowie Völlegefühl und leichten Bauchschmerzen einher.
Ursachen für eine akute Verstopfung können eine Ernährungsumstellung, mangelnde Bewegung oder auch Stress sein. Dauern die Beschwerden länger als drei Monate an, liegt eine chronische Obstipation vor. Betroffene sollten die Beschwerden unbedingt durch einen Arzt abklären lassen. In circa 80 Prozent der Fälle sind chronische Beschwerden auf eine dauerhafte Unterdrückung der Stuhlentleerung (Defäkation) zurückzuführen, wobei der Entleerungsreiz verloren geht. Die Defäkation wird sowohl vom vegetativen Nervensystem als auch willentlich gesteuert: Ist genügend Faeces im Rektum vorhanden, werden Dehnungsrezeptoren gereizt und die parasympathische Muskulatur des inneren Schließmuskels erschlafft. Doch eine vollständige Stuhlentleerung erfolgt nur, wenn auch der äußere Schließmuskel willentlich erschlafft, was durch das bewusste Aktivieren der Bauchpresse geschieht.
Erste Wahl in der Therapie von Obstipation ist eine ballaststoffreiche Ernährung. Gegebenenfalls kann dies durch Weizenkleie, Leinsamen (Lini Semen), oder Flohsamenschalen (Plantaginis Ovatae semen) ergänzt werden. Sogenannte Quellstoffe sind reich an Ballaststoffen, die der Darm nicht verdauen kann. Stattdessen binden sie dort Flüssigkeit, quellen und lösen einen Defäkationsreiz aus. Wichtig ist, parallel zur Einnahme zwei bis drei Liter täglich zu trinken. Sonst könnte der Darminhalt verklumpen und einen Ileus verursachen. Um Nebenwirkungen wie Blähungen vorzubeugen, einschleichend dosieren und auf ein- bis dreimal täglich ein bis zwei Teelöffel steigern. Der mild laxierende Effekt setzt in der Regel nach ein bis zwei Tagen ein.
Osmolaxanzien wirken ähnlich. Es sind Stoffe, die die Darmwand nicht durchdringen können und osmotisch Wasser im Darmlumen binden. Zu den gängigen Osmolaxanzien zählen Zuckeralkohole wie Lactulose und Macrogole. Letztere gelten als besser verträglich, da Nebenwirkungen wie Blähungen und Bauchschmerzen ausbleiben. Salinische Osmolaxanzien wie Natriumsulfat (Glaubersalz) oder Magnesiumsulfat (Bittersalz) sind inzwischen obsolet und werden nur noch in Ausnahmefällen beispielsweise zur Darmentleerung vor einer Darmspiegelung eingesetzt.
Substanzen, die die Wasserresorption aus dem Darmlumen hemmen (antiresorptiv) und gleichzeitig den Wassereinstrom fördern (hydragog), werden auch als Kontaktlaxanzien bezeichnet. Oral eingenommen wirken sie nach circa acht bis zwölf Stunden, weshalb sich eine Einnahme vor dem Zubettgehen empfiehlt. Zu den synthetischen Vertretern gehören Bisacodyl und Natriumpicosulfat.
Bisacodyl ist ein Prodrug, das erst im Darm in seine Wirkform überführt wird. Daher sind Dragees magensaftresistent überzogen. Wichtig: Nüchtern einnehmen, nicht zusammen mit Milch und zeitlichen Abstand zu Antazida einhalten. Die laxierende Wirkung tritt bei oraler Einnahme nach circa fünf bis zehn Stunden ein. Zäpfchen bieten den Vorteil, dass sie bereits innerhalb einer halben Stunde wirken.
Natriumpicosulfat wird erst durch Dickdarmbakterien aktiviert, weshalb es nicht magensaftresistent überzogen werden muss und auch in Form von Tropfen verfügbar ist. Mit dem Wirkeintritt ist nach acht bis zwölf Stunden zu rechnen.
Zu den pflanzlichen Vertretern zählen Anthrachinonhaltige Drogen, die sich hinsichtlich ihrer Wirkstärke einteilen lassen: Aloe > Sennesblätter > Faulbaumrinde > Sennesfrüchte > Rhabarberwurzel. Sie wirken sehr stark und sind manchmal mit durchfallartigen Stühlen verbunden. Sie können zu starken Nebenwirkungen wie kolikartigen Schmerzen führen. Außerdem stehen sie in Verdacht, mutagen und kanzerogen zu sein. Aus diesen Gründen werden sie inzwischen nur noch selten eingesetzt. Bei Schwangeren, in der Stillzeit und bei Kindern unter zwölf Jahren sind sie kontraindiziert.
Häufig entsteht eine Art Teufelskreis, wenn Kinder Probleme oder Schmerzen beim Stuhlgang haben: Sie halten aus Angst vor Schmerzen den Stuhl noch länger zurück, wodurch sich die Beschwerden weiter verschlimmern und chronifizieren. Allgemeine Maßnahmen wie ausreichend Flüssigkeit, Bewegung und ballaststoffreiche Ernährung sollten beachtet werden. Unterstützen können auch Toilettentraining und das Führen eines Stuhltagebuchs. Bei chronischen Beschwerden eignen sich vor allem Quellstoffe und osmotisch-aktive Substanzen. In der Akutmedikation können Suppositorien, Rektallösungen oder Klysmen mit Glycerol oder Sorbitol eingesetzt werden. Sie wirken schnell binnen 30 bis 60 Minuten.
Verstopfung – constipation | Stuhlgang – bowel movement | Stuhlkonsistenz – stool consistency | Darm – gut, bowel | Abführmittel – laxative, purgative | Ballaststoffe – fibres | Ernährung – nutrition | aufquellen – swell | Flohsamenschalen – psyllium husks | Darmträgheit – sluggishness of the bowels | regelmäßig – regularly | Zäpfchen – suppositories | Toilettengang – going to the toilet
Damit Pharmaziepraktikanten das Thema Obstipation angepasst auf die Produkte ihrer PJ-Apotheke noch einmal aufarbeiten können, steht im Serviceteil der PZ-Ausgabe Nummer 12 ein interaktives Arbeitsblatt zur Verfügung. Es kann auch als Anlass genutzt werden, das Thema mit den Kollegen in der Apotheke noch einmal durchzusprechen. Gerne können Sie auch das PDF zum Download nutzen. Bisherige Themen der Serie waren: Schlafstörungen, Sodbrennen, Hämorrhoidalleiden und Lippenherpes.