Schwächen ACE-Hemmer die Immunabwehr? |
Annette Rößler |
03.08.2021 11:00 Uhr |
Für die Abwehr von MRSA und anderen Bakterien ist eine gute Funktion der Neutrophilen Granulozyten wichtig. Sie könnte durch ACE-Hemmer in Mitleidenschaft gezogen werden. / Foto: CDC/Frank DeLeo (NIAID)
Die Forschergruppe um Dr. Zakir Khan vom Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles beschäftigt sich schon seit Längerem mit einem möglichen Einfluss des Angiotensin Converting Enzyme (ACE) auf die Immunantwort. Frühere Arbeiten hätten gezeigt, dass ACE für die Funktion des angeborenen Immunsystems, insbesondere die Abwehr bakterieller Erreger, wichtig sei, heißt es in der aktuellen Publikation im Fachjournal »Science Translational Medicine«. In mehreren Experimenten belegen die Forscher nun, dass ACE-Hemmer die Neutrophilen Granulozyten negativ beeinflussen und Sartane eine sicherere Alternative darstellen könnten.
Die Wissenschaftler behandelten Mäuse zunächst entweder mit einem ACE-Hemmer (Ramipril oder Lisinopril) oder mit dem AT-II-Rezeptorblocker Losartan. Nach einer Woche entnahmen sie den Tieren Blut und untersuchten dieses auf seine Fähigkeit, bestimmte Bakterien abzutöten. Zum Einsatz kamen mit Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), Pseudomonas aeruginosa und Klebsiella pneumoniae drei Erreger, für deren Abwehr insbesondere funktionierende Neutrophile benötigt werden und die eine infektiöse Endokarditis simulieren sollten. Es zeigte sich, dass das Blut der zuvor mit einem ACE-Hemmer behandelten Mäuse die Bakterien schlechter abtöten konnte als das der mit Losartan vorbehandelten Tiere. Wurden lebende Mäuse absichtlich mit MRSA infiziert, führte das bei mit Ramipril oder Lisinopril behandelten Tieren im Vergleich zu Losartan- oder unbehandelten Mäusen zu einer höheren Erregerkonzentration im Blut und im Gewebe.
Experimente an isolierten Zellen und mit Knock-out-Mäusen offenbarten den Mechanismus der Funktionsminderung der Neutrophilen: Die Immunzellen setzten nach Stimulation mit MRSA weniger des inflammatorischen Botenstoffs Leukotrien B4 frei, wenn sie mit ACE-Hemmern behandelt wurden. Dies ließ sich in vivo mit menschlichen Probanden bestätigen. Wurden gesunde Freiwillige eine Woche lang mit Ramipril behandelt, führte das zu einer Beeinträchtigung der bakteriziden Funktion ihrer Neutrophilen. »Alles in allem sprechen diese Ergebnisse dafür, dass eine Therapie mit ACE-Hemmern, aber nicht mit Sartanen, die Fähigkeit der Neutrophilen, Bakterien abzutöten, reduziert«, fassen die Autoren um Duo-Yao Cao zusammen.
Dass dieser Effekt sehr groß ist, scheint jedoch fraglich, denn dann hätte er eigentlich schon früher auffallen müssen. Schließlich gehören ACE-Hemmer bei Bluthochdruck und Herzinsuffizienz zu den Standardmitteln und werden weltweit millionenfach eingesetzt. Allerdings könnte diese neue Erkenntnis für Patienten mit eingeschränkter Immunkompetenz wichtig sein, so Seniorautor Khan in einem begleitenden Kurzinterview des Journals.
Mit nur einer Woche sei die Expositionszeit in der Studie allerdings sehr kurz gewesen, denn ACE-Hemmer werden ja üblicherweise als Dauermedikation gegeben. Die Gruppe plane jetzt eine größere klinische Studie, um zu untersuchen, wie sich die Langzeitgabe von ACE-Hemmern im Vergleich zu Sartanen auf die Funktion der Neutrophilen auswirke.