Schlechte Therapietreue trotz hohen Leidensdrucks |
Einer Forsa-Umfrage zufolge wollen 9 Prozent der Menschen einem Patienten mit einer Hauterkrankung nicht die Hand geben. Die Stigmatisierung erhöht den ohnehin großen Leidensdruck. / Foto: Adobe Stock/IIIRusya
Laut wissenschaftlichen Studien wenden bis zu 40 Prozent der Psoriasis-Patienten ihre Medikamente nicht so an, wie sie sollen, berichtete vergangene Woche die Versorgungsforscherin Dr. Rachel Sommer bei einer Pressekonferenz des Pharmaunternehmens Novartis. Dabei sei der Leidensdruck dieser Patienten, nicht zuletzt durch die Stigmatisierung von Menschen mit sichtbaren Hauterkrankungen, sehr hoch. »Doch trotz einer gegebenen Indikation und eines hohen Leidensdrucks werden auch wertvolle und teure Medikamente nicht immer ›treu‹ eingesetzt«, so Sommer.
Viele Patienten mit jahrelanger Leidensgeschichte einer Schuppenflechte fühlten sich schlecht betreut oder wüssten gar nicht, dass seit einigen Jahren ein Vielzahl neuer, hochwirksamer Medikamente zur Verfügung stehe. »Dank innovativer Therapieoptionen können viele Psoriasis-Patienten heute dauerhaft ein PASI 90- beziehungsweise PASI 100-Ansprechen erreichen«, berichtete Privatdozent Dr. Alexander Zink, Oberarzt am Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München. Das entspricht einer 90- oder gar 100-prozentigen Symptomreduktion bis hin zur Symptomfreiheit. Zudem könnten Betroffene häufig eine von der Erkrankung unbeeinträchtigte Lebensqualität erzielen.
Apotheker können Patienten mit bislang unzureichend behandelter Psoriasis empfehlen, ihren Dermatologen darauf anzusprechen. »Auf Arztseite spielt hier die Schaffung einer partizipativen Entscheidung, die Überzeugungskraft und natürlich auch die Aussicht auf Therapieerfolg eine Rolle«, erklärt Versorgungsforscherin Sommer auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung. »Wir sollten uns häufiger fragen: Was ist dem Patienten bei der Therapie wichtig?«
Auf Patientenseite seien wichtige Determinanten der Schweregrad der Erkrankung und damit der Leidensdruck, aber auch die Einsichtsfähigkeit und ganz individuelle Faktoren des Selbstmanagements. »Schließlich spielt der erlebte Therapieerfolg eine große Rolle – was in der Umkehrung heißt, dass bei noch nicht eingetretenem Therapieerfolg die Funktion des Arztes, Zuspruch und Ermutigung zu leisten, umso bedeutender ist.«
Vor Kurzem wurde die S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris aktualisiert. Bei leichter Schuppenflechte empfiehlt sie eine topische Therapie, die jedoch bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis allein oft nicht ausreicht. Zudem ist Psoriasis keine reine Hauterkrankung, sondern das Entzündungsgeschehen greift zum Beispiel auch die Gelenke an. Daher sollten rechtzeitig sogenannte krankheitsmodifizierende Therapeutika (DMARD) wie Methotrexat und Biologika wie Interleukin-Inhibitoren zum Einsatz kommen. Viele der neueren Präparate können als Erstlinien-Therapie verordnet werden. Grundsätzlich ist das Ziel komplette Erscheinungsfreiheit. Dies ist zwar nicht für alle Patienten realistisch, doch sollten sich die Symptome um mindestens 75 Prozent reduzieren.