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Verhalten und Stoffwechsel

Schlafmangel als Dickmacher

Zahlreiche Studien belegen: Wer zu wenig schläft, hat ein erhöhtes Risiko für Übergewicht. Warum das so ist, zeigen Erkenntnisse aus der evidenzbasierten Forschung. Unabhängig von einer Gewichtszunahme steigt außerdem das Risiko für Diabetes.
AutorKontaktChristian Benedict
Datum 10.08.2025  08:00 Uhr

Weniger Schlaf, mehr Appetit

Was passiert mit Hunger- und Sättigungshormonen, wenn wir dem Körper Schlaf rauben? In einer vielbeachteten Studie aus dem Jahr 2004, veröffentlicht in den Annals of Internal Medicine, konnten die Belgierin Professor Dr. Eve Van Cauter und die Französin Dr. Karine Spiegel zeigen: Bereits kurzfristiger Schlafmangel bringt das hormonelle Gleichgewicht spürbar aus dem Takt (11).

Zwölf gesunde junge Männer schliefen unter kontrollierten Bedingungen zwei Nächte lang nur 4 Stunden, und zwei weitere Nächte jeweils 10 Stunden. Ernährung und Bewegung blieben konstant. Das Ergebnis: Nach dem Schlafentzug sank der Leptinspiegel um 18 Prozent, der Ghrelinspiegel stieg um 28 Prozent (Kasten S. 28). Zugleich erhöhte sich der Appetit auf kalorien- und kohlenhydratreiche Lebensmittel – gemessen mit einer einfachen subjektiven Skala von gering bis stark.

Doch damit nicht genug: In einer Studie konnte die Forschungsgruppe aus Uppsala zeigen, dass Schlafmangel auch die Konzentration körpereigener Endocannabinoide erhöht (12). Sie fördern auf natürliche Weise Appetit und Genuss – ein Grund, warum wir bei Müdigkeit besonders empfänglich für Snacks, Pizza und Co. sind.

Ein weiteres Detail unterstreicht den Einfluss von Schlaf auf das Essverhalten: Nach einer durchwachten Nacht verzögert sich der GLP-1-Anstieg nach dem Frühstück um etwa 90 Minuten (13). Das bedeutet: Das wichtige »Stopp«-Signal für das Essen kommt verspätet im Gehirn an, und bis dahin haben wir womöglich schon mehr gegessen, als nötig gewesen wäre.

Die Rolle des Mikrobioms

Der menschliche Darm beherbergt rund 100 Billionen (1014) Mikroorganismen – das sind mehr, als unser Körper Zellen besitzt (etwa 30 bis 40 Billionen). Das Darmmikrobiom besteht überwiegend aus Bakterien, aber auch aus Viren, Pilzen und Archaeen. Dank enormer methodischer Fortschritte seit der Jahrtausendwende – etwa in der DNA-Sequenzierung oder in Tiermodellen mit keimfreien Mäusen, die gezielt mit bestimmten Mikroben besiedelt werden – haben Forschende weitgehende Einblicke in die Bedeutung dieses Mikrokosmos gewonnen.

Heute wissen wir: Die Zusammensetzung der Mikrobiota sowie ihre Fähigkeit, funktionelle Stoffwechselprodukte herzustellen, beeinflusst die körperliche und geistige Gesundheit entscheidend (14). Besonders wichtig sind dabei kurzkettige Fettsäuren wie Acetat, Propionat und Butyrat, die entstehen, wenn lösliche Ballaststoffe im Dickdarm durch Bakterien fermentiert werden. Sie versorgen die Darmzellen mit Energie, stärken die Darmbarriere, regulieren das Immunsystem und wirken auf Appetit, Blutzucker und Entzündungsprozesse im Körper.

Eine einseitige Ernährung oder orale Antibiotikatherapien können das mikrobielle Gleichgewicht aus dem Takt bringen. Die möglichen Folgen reichen von Blähungen und Verdauungsproblemen bis hin zu einem verlangsamten Stoffwechsel, Energieverlust oder systemischen Entzündungen.

Besonders spannend: Studien an Mäusen und Menschen legen nahe, dass bestimmte Bakteriengruppen, etwa aus der Familie der Firmicutes, zur Entstehung von Adipositas beitragen könnten. Offenbar gelingt es ihnen, mehr Energie aus der Nahrung zu extrahieren – ein Vorteil in Hungerzeiten, der in der heutigen Überflussgesellschaft zum Nachteil werden kann.

Auch der Schlaf scheint ein Taktgeber für die menschliche Darmflora zu sein. In einer schwedischen Studie zeigte sich: Schon zwei Nächte mit deutlich verkürztem Schlaf führten bei gesunden Männern zu messbaren Veränderungen in der Mikrobiota-Zusammensetzung, unter anderem zu einem Anstieg von Firmicutes (15).

Kurz gesagt: Schlafmangel beeinflusst nicht nur das Hungergefühl, sondern verschiebt auch das Mikrobiom in eine Richtung, die in früheren Studien mit Übergewicht und Stoffwechselstörungen verknüpft wurde.

Themenbereich Was bekannt ist Was die Forschung gezeigt hat Implikationen Wie geht es weiter?
Epidemiologie Jeder zweite Erwachsene in Deutschland ist übergewichtig.
Nur etwa 50 Prozent der Erwachsenen schlafen ausreichend (7–9 Stunden).
Kurzschläfer haben ein 1,4-fach erhöhtes Risiko für Adipositas (Studie mit 155.000 Teilnehmern).
Auch bei Kindern erhöht Kurzschlaf das Risiko für Übergewicht deutlich.
Schlafqualität und -dauer sollten als wichtige Faktoren in der Prävention von Übergewicht betrachtet werden. weitere Langzeitstudien zu Schlafdauer und Gewichtsentwicklung in verschiedenen Altersgruppen
Verhalten und Essgewohnheiten Schlafmangel erhöht subjektiven Stress und Heißhunger.
Impulsivität und das Belohnungssystem dominieren bei Kurzschlaf.
Schlafentzug führt zu vermehrtem Konsum energiereicher, kohlenhydratreicher Lebensmittel.
Nach Schlafmangel neigen Menschen zu ungesünderen Einkaufsentscheidungen.
Beratung: nicht übermüdet einkaufen gehen, Bewusstseinsbildung für impulsives Essverhalten bei Schlafmangel Entwicklung von Interventionsprogrammen, die Schlafhygiene und Ernährung kombinieren
Hormonelle Mechanismen Leptin dämpft Appetit. Ghrelin steigert Hunger.
GLP-1 fördert Sättigung und reguliert den Blutzucker.
Schlafmangel senkt den Leptinspiegel um 18 Prozent und erhöht den Ghrelinspiegel um 28 Prozent (Van Cauter et al., 2004).
Der GLP-1-Anstieg nach dem Essen verzögert sich bei Schlafmangel.
Die Förderung von ausreichendem Schlaf kann das hormonelle Gleichgewicht stabilisieren und den Appetit regulieren. Erforschung weiterer hormoneller Veränderungen bei chronischem Schlafmangel
Darmmikrobiota Mikrobiota beeinflusst Gesundheit, Stoffwechsel und Gewicht.
Mikrobiota reagiert empfindlich auf Lebensstilfaktoren.
Schlafmangel verändert Mikrobiota-Zusammensetzung, zum Beispiel Anstieg von Firmicutes, die mit Übergewicht assoziiert sind. Schlafoptimierung kann Teil einer Strategie zur Erhaltung einer gesunden Darmflora sein. Vertiefte Analysen zu Mikrobiota-Veränderungen durch Schlafmangel bei verschiedenen Populationen
Tabelle 1: Kurzüberblick – Einfluss von Schlafmangel auf gewichtsrelevante Gesundheitsfaktoren
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