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Gastrointestinaltrakt

Schauplatz von Infektionen

Der Gastrointestinaltrakt ist die größte immunologische Grenzfläche zwischen dem inneren Milieu des menschlichen Körpers und der Außenwelt. Aufgrund des mit der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme assoziierten Expositionsrisikos ist er ein bevorzugter Schauplatz von Infektionen.
Hans-Jörg Epple
23.02.2020  08:00 Uhr

Helicobacter-Infektionen des Magens

Aufgrund des sauren intragastralen Milieus galt der Magen bis in die 1970er-Jahre als Erreger-freies Kompartiment. Dies änderte sich, als Robin Warren und Barry Marshall zeigten, dass Helicobacter pylori eine chronische Infektion des Magens und mit ihr eine chronische Gastritis und eine Reihe weiterer Folgekrankheiten hervorrufen kann. Gemessen an ihrer Prävalenz sind neben der Helicobacter-pylori-Infektion alle anderen Infektionen des Magens exotische Raritäten.

Im Unterschied zu anderen Bakterien, die durch die Magensäure abgetötet werden, verfügt Helicobacter pylori über Eigenschaften, die ihn befähigen, der Säure des Magens zu widerstehen, die der Schleimhaut aufliegende Schleimschicht aktiv zu durchdringen, sich an die Schleimhaut des Magenantrums anzuhaften und diese dauerhaft zu kolonisieren. Unter Beteiligung verschiedener Virulenzfaktoren löst das Bakterium eine lokale Immunreaktion aus, die in dem auch histologisch fassbaren Bild einer chronischen Gastritis resultiert.

Eine chronische Gastritis muss nicht unbedingt mit Schmerzen einhergehen. Bei den meisten Infizierten bleibt sie klinisch stumm.  In Abhängigkeit von der Interaktion von Virulenz- und Wirtsfaktoren kommt es in einigen Fällen aber zur Entwicklung einer duodenalen oder etwas seltener gastralen Ulkuskrankheit. Bei langem Verlauf kann die chronische Gastritis zu einer Atrophie des Drüsenkörpers führen. Mögliche Folgekrankheiten sind dann Magenlymphome und -karzinome. Nach Einschätzung der WHO gelten Infektionen mit Helicobacter pylori als gesicherte Karzinogene (5).

Auch bei einigen Erkrankungen, die nicht den Magen oder das Duodenum betreffen, konnte ein klarer Zusammenhang mit Helicobacter-Infektionen gezeigt werden. Insbesondere ist hier die »idiopathische« Immunthrombozytopenie zu nennen, die meist positiv auf Eradikation des Erregers anspricht (5).

Die Diagnose einer Helicobacter-pylori-Infektion kann entweder invasiv, das heißt mittels Analyse endoskopisch gewonnener Biopsien, oder nicht-invasiv, also ohne Endoskopie, gestellt werden. Die aktuellen europäischen Leitlinien gemäß der Maastricht-V/Florenz-Konsensus-Konferenz empfehlen für manche Patienten (< 50 Jahre, keine Warnsymptome) in Abhängigkeit von der lokalen Epidemiologie eine »Test and Treat«- Strategie, das heißt den Einsatz einer Eradikationstherapie nach nicht-invasiver Diagnosestellung (5).

Aufgrund der niedrigen Prävalenz, der allgemeinen Verfügbarkeit der Endoskopie und ihrer vergleichsweise geringen Kosten wurde diese Empfehlung von der deutschen Leitlinienkommission für Deutschland nicht übernommen (6).

Nach Entdeckung der Zusammenhänge zwischen der Helicobacter-pylori-Infektion und der Ulkuskrankheit wurden in den 1980er- und 1990er-Jahren Therapieschemata zur Eradikation des Bakteriums entwickelt, die zu dieser Zeit eine große Effektivität mit hoher Erfolgsrate aufwiesen. Die hohe Effektivität der Eradikationstherapien hat sich nicht gehalten. Wie viele andere Erreger zeigt auch Helicobacter pylori eine zunehmende Resistenz gegen Antibiotika.

Die aktuellen Standard-Tripeltherapien enthalten Clarithromycin kombiniert mit einem Protonenpumpenhemmer (PPI) und entweder Metronidazol oder Amoxicillin (5, 6). Aufgrund der weltweit zunehmenden Resistenz und des Stellenwerts von Clarithromycin in vielen Eradikationsregimen hat die WHO vor Kurzem Clarithromycin-resistente Helicobacter pylori in die Prioritätsliste resistenter Bakterien aufgenommen.

In einer Untersuchung deutscher Helicobacter pylori-Isolate lag die Rate primärer Clarithromycin-Resistenzen in den Jahren 2011 und 2012 bei circa 10 Prozent. In derselben Untersuchung fand sich eine Prävalenz Metronidazol-resistenter Helicobacter-pylori-Isolate von über 30 Prozent (7). Beide Resistenzraten wurden in einer 2018 publizierten internationalen Studie bestätigt (8). Nach einer erfolglosen Eradikationstherapie liegt die Rate Clarithromycin-resistenter Helicobacter pylori über 50 Prozent (7).

Basierend auf diesen Resistenzdaten kann für Deutschland derzeit für die empirische Initialtherapie der Helicobacter-pylori-Infektion die Kombination PPI, Clarithromycin, Amoxicillin oder die Bismuth-basierte Quadrupeltherapie empfohlen werden. Bei erfolgloser Initialtherapie können für die Folgetherapie bei Vortherapie mit dem Clarithromycin-haltigen Regime die Bismuth-basierte Quadrupeltherapie oder eine Levofloxacin-haltige Tripeltherapie eingesetzt werden. Vor dem Hintergrund der weltweit zunehmenden Levofloxacin-Resistenz von Helicobacter pylori wäre hier allerdings auch eine mikrobiologische Diagnostik mit Resistenztestung eine sinnvolle Option.

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