Richtig essen in den Wechseljahren |
Gerade in den Wechseljahren sollten sich Frauen gesund ernähren und sich bewusst machen, dass ihr Energiebedarf gesunken ist. / © Getty Images/Carlos Gawronski
Wechseljahresbeschwerden fallen sehr individuell aus: Rund ein Drittel der Frauen spürt sie gar nicht, ein Drittel bemerkt sie, kommt aber zurecht, und die restlichen Frauen leiden stark. Gerade Letztere sollten mit dem Frauenarzt Rücksprache halten. Eine Hormonersatztherapie kann hier gegebenenfalls helfen. Doch auch Lebensstilfaktoren wie die Ernährung haben Einfluss auf Wohlergehen und Gesundheit.
Ein Ansatzpunkt ist das Gewicht: Laut Britischer Menopause Gesellschaft nimmt mindestens jede zweite Frau in den Wechseljahren zu (siehe Kasten). Bis zum Erreichen der Menopause kommen im Schnitt 10 Kilo mehr auf die Waage. Die Muskelmasse nimmt mit den Jahren ab, durch die Hormonumstellung nimmt das Bauchfett zu. »Viele Frauen sehen das als persönliche Schwäche und fühlen sich schuldig, weil das Gewicht scheinbar unaufhaltsam steigt«, sagt Irene Noack, Ernährungswissenschaftlerin aus Sankt Augustin gegenüber der PZ. »Wenn sie zu mir in die Beratung kommen, ist mein erster Schritt oft, sie zu beruhigen. Denn sie befinden sich gerade in einer Phase, in der der Stoffwechsel das Gewichtsmanagement enorm erschwert.«
Generell gelten laut Noack im Prinzip die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Wichtig sei jedoch, dass die Frauen die Energiezufuhr etwas herunterfahren. »Am besten schon in der Prämenopause mit beginnendem Estrogenabfall«, betont Noack und wirbt dafür, die Frauen rechtzeitig dafür zu sensibilisieren. Laut DGE liegt der Ruheumsatz bei Frauen im Alter ab 51 Jahren bei etwa 1220 kcal täglich. Welche Ernährungsform man wähle, sei weniger entscheidend. Ob Frauen mit einer energieangepassten Mischkost, Low Carb, Low Fat oder dem Intervallfasten besser klarkommen, sei individuell sehr unterschiedlich. Das A und O sei eine gute Eiweißversorgung.
Noack: »Es gilt zu verhindern, dass das Körpereiweiß und damit die Muskelmasse verloren geht. Dafür ist auch entscheidend, dass die Frauen ein aktives Muskeltraining betreiben. Außerdem empfehle ich mehr Protein, das heißt statt 0,8 eher 1 bis 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.« Mehr Muskelmasse verbraucht mehr Energie. Zusätzlich sorgt Eiweiß für eine gute Sättigung. »Ich versuche, den Fokus von der Gewichtsabnahme wegzubekommen. Entscheidend ist: mehr Muskelmasse, weniger viszerales Fettgewebe.« Bei jeder Gewichtsreduktion geht nämlich auch Muskelmasse verloren.
Das Gewichtsmanagement ist aber nicht die einzige Herausforderung, wenn es um die Ernährung geht. So gilt es zwar, insgesamt etwas weniger zu essen, aber gleichzeitig alle nötigen Nährstoffe aufzunehmen. »Woran viele zunächst nicht denken, ist ein erhöhter Eisenbedarf«, berichtet Noack. Gerade zu Beginn der Perimenopause hätten viele Frauen sehr starke Blutungen mit deutlichen Eisenverlusten.
Da durch den Estrogenabfall die Knochenmasse abnimmt, stehen auch Calcium und Vitamin D im Fokus. Die besten Calciumquellen sind neben Milch und Milchprodukten grüne Gemüsearten wie Brokkoli, Grünkohl und Rucola, Samen und Nüsse sowie calciumreiches Mineralwasser (> 150 mg/l). Einen zusätzlichen Bedarf an Vitamin D oder Calcium sollten Frauen gegebenenfalls ärztlich abklären.
Ein Plus an Magnesium kann ebenfalls für einige Frauen von Vorteil sein. »Den Mineralstoff sollte man natürlich besonders bei Frauen im Blick behalten, die Protonenpumpeninhibitoren einnehmen. Aber auch andere können von einer Magnesiumsupplementation profitieren«, so die Ernährungswissenschaftlerin. Denn wenngleich die Studienlage keine eindeutigen Empfehlungen zulässt, sieht sie in der Praxis einen Nutzen: »Die Erfahrung zeigt, dass Frauen zum Teil besser schlafen, wenn sie abends Magnesium nehmen.« Auch der positive Effekt auf die Verdauung kann Frauen in den Wechseljahren helfen, da abnehmendes Estrogen auch die Darmbewegungen verlangsamt.
In Sachen Mikronährstoffe gilt es, Vitamin B12 und Folsäure nicht zu vergessen. »Bei Vitamin B12 betrifft das natürlich in erster Linie Frauen, die kaum tierische Lebensmittel essen. Da das Risiko für koronare Herzerkrankungen mit den Wechseljahren steigt, ist eine ausreichende Folsäureversorgung mit Blick auf den Homocysteinspiegel auch wichtig«, sagt Noack. Gute Quellen sind etwa grünes Blattgemüse, Tomaten, Hülsenfrüchte, Nüsse, Sprossen und Vollkornprodukte.
Insgesamt empfehlenswert ist eine gute Lebensmittelauswahl mit viel frischem Obst und Gemüse, Vollkorn sowie Hülsenfrüchten, Nüssen, hochwertigen Ölen, Milch- und Milchprodukten sowie Fleisch und Fisch in Maßen. Viele Ballaststoffe helfen der Verdauung und unterstützen einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel. Noack: »Es gibt sogar Hinweise, dass Frauen weniger Hitzewallungen bekommen, wenn sie Blutzuckerspitzen vermeiden.« Auch Omega-3-Fettsäuren sollten Frauen in den Wechseljahren, wie andere auch, möglichst regelmäßig aufnehmen.
Schon lange wird diskutiert, ob eine sojareiche Ernährung beziehungsweise eine Supplementation mit Soja-Isoflavonen Hitzewallungen reduzieren kann. Die derzeitige Studienlage gibt keine sicheren Anhaltspunkte dafür, dass Isoflavone klimakterische Beschwerden bessern können. Laut S3-Leitlinie »Peri- und Postmenopause« gibt es Studien, die einen Nutzen zeigen, andere nicht. Die Leitlinie kommt zum Ergebnis, dass unter den Phytoestrogenen Genistein in einer Dosierung von 30 bis 60 mg/Tag möglicherweise eine Wirkung eintritt. Bei allen Nahrungsergänzungsmitteln mit Isoflavonen gilt es selbstverständlich, die Kontraindikationen zu berücksichtigen und die empfohlene Dosis und Einnahmedauer einzuhalten.
Über den Nutzen von Sojaprodukten in Bezug auf Wechseljahresbeschwerden wird seit Längerem diskutiert. / © Adobe Stock/Mikhailov Studio
Übrigens: Auch das biologisch besonders gut verfügbare Equol könnte wirksam sein. »Allerdings können nur etwa ein Drittel aller Frauen bestimmte Soja-Isoflavone in Equol umwandeln. Im Moment wird daher in Studien untersucht, ob eine Veränderung des Mikrobioms Einfluss darauf haben könnte«, erklärt Noack. Eine US-amerikanische Studie kam zu dem Ergebnis, dass Frauen, die rein pflanzlich, fettarm und täglich 86 Gramm Sojabohnen aßen, nach zwölf Wochen deutlich weniger Beschwerden durch Hitzewallungen hatten als die Kontrollgruppe. Das berichtete ein Team um Dr. Neal Barnard von der George Washington University School of Medicine & Health Sciences 2023 im Journal »Menopause« (DOI: 10.1097/GME.0000000000002080). Die Forscher vermuten, dass die pflanzliche Ernährung, Equol und die Gewichtsabnahme zum Erfolg beitrugen.
Noack, die auch Referentin für DGE-Seminare zum Thema »Ernährung und Wechseljahre« ist, betont die besondere Bedeutung der Apotheke als niedrigschwellige Anlaufstelle für betroffene Frauen: »Gerade in dieser Lebensphase suchen viele Frauen nach Orientierung und vertrauenswürdigen Informationen – und genau hier kann die Apotheke eine wertvolle Rolle spielen.« Sie plädiert dafür, dass Apothekenteams in Sachen Ernährung dezidiert nachfragen, denn »die gezielte Empfehlung von Mikronährstoffen kann in den Wechseljahren eine sinnvolle Unterstützung sein – allerdings sollte dies stets bedarfsorientiert erfolgen und nicht nach dem Gießkannenprinzip«.
Der weibliche Hormonzyklus läuft über Jahrzehnte stabil. Doch mit Beginn der Vierziger stellt sich einiges um. Schon während der Prämenopause merken einige Frauen die hormonellen Veränderungen. Es kann vereinzelt zu Unregelmäßigkeiten im Zyklus kommen. In der Hochphase, der Perimenopause, stellen die Eierstöcke dann nach und nach ihre Tätigkeit ein. Der Zyklus wird zunehmend unregelmäßig, zum Teil verstärkt sich die Regelblutung, bevor sie dann immer seltener kommt. Liegt die letzte Menstruation zwölf Monate zurück, spricht man von dieser von der Menopause. Die hormonelle Umstellung während des Klimakteriums dauert im Schnitt 10 bis 15 Jahre. In der Postmenopause pendelt sich der Hormonspiegel neu ein.
Rund 50 Prozent der Frauen in der Perimenopause kennen Hitzewallungen, die auch in der Postmenopause noch auftreten können. Weitere häufige Symptome sind Schlafstörungen, Beeinträchtigung der Stimmung, Scheidentrockenheit und eine verminderte Libido. Viele Frauen klagen außerdem über Gelenk- und Muskelschmerzen, trockene Schleimhäute und Augen. Weitere Auswirkungen aufgrund des Estrogenabfalls: Die Knochendichte nimmt ab und der Körperfettanteil nimmt zugunsten des viszeralen Fettgewebes zu.