Retinoide in der Schwangerschaft |
Eine schwere Akne kann mit Retinoiden behandelt werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen dann unbedingt zuverlässig verhüten, denn schätzungsweise 4 von 10 Schwangerschaften entstehen ungeplant. Dann ist der Embryo durch die Retinoid-Therapie in Gefahr. / Foto: Adobe Stock/filins
Als natürliches Derivat des Vitamin A (Retinol) wird Isotretinoin zur oralen Behandlung der Akne eingesetzt wird. Aufgrund der Teratogenität des Wirkstoffes ist das Mittel bei schwangeren Frauen kontraindiziert. »Dennoch kommt es weiter zu Schwangerschaften während einer solchen Therapie«, warnte Professor Dr. Christof Schaefer, Gründer und bis 2019 Leiter des Pharmakovigilanz - und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin, beim 4. Brandenburgischen Apotheker- und Ärztetag im März in Potsdam. Die entsprechenden Hinweise im Beipackzettel würden nicht ausreichend befolgt. »Auf wirksame Verhütungsmaßnahmen unter der Therapie wird nur zu häufig verzichtet«, kritisierte er.
Dabei seien Retinoide nach Thalidomid die beim Menschen am stärksten teratogen wirkenden Arzneimittel. Das Fehlbildungsrisiko liege nach Einnahme im 1. Trimenon bei bis zu 25 Prozent. Die orale Anwendung in der Frühschwangerschaft kann, so Schaefer, beim Kind zu charakteristischen Retinoid-Syndromen wie Fehlbildungen des Gesichtsschädels beziehungsweise des Gaumens oder der Ohren einschließlich Fehlanlage des Gehörgangs sowie kardiovaskulären Defekten und Entwicklungsstörungen im Bereich des Thymus und des zentralen Nervensystems (ZNS) führen. Intelligenzdefizite seien auch bei Kindern ohne erkennbare Fehlbildungen beobachtet worden.
Bei Frauen im gebärfähigen Alter sei eine Behandlung nur bei ausreichendem kontrazeptivem Schutz und nach Ausschluss einer Schwangerschaft erlaubt, wenn andere Therapieansätze wirkungslos waren. Schaefer betonte, dass eine sichere Kontrazeption nach Absetzen von Isotretinoin noch einen Monat weitergeführt werden muss. Die lokale Anwendung von Retinoiden sei während der Schwangerschaft ebenfalls kontraindiziert, auch wenn ein vergleichbares Fehlbildungsrisiko wie bei oraler Anwendung unwahrscheinlich ist. Während der Stillzeit sollte eine systemische Therapie mit Isotretinoin aufgrund des toxischen Potenzials und der langen Halbwertszeit gleichermaßen unterbleiben.
Schaefer hob die große Bedeutung der eindringlichen Information und Beratung in der Apotheke hervor. »Da 40 Prozent aller Schwangerschaften ungeplant entstehen, ist im gesamten reproduktionsfähigen Alter sowohl seitens der verschreibenden Ärzte und abgebenden Apotheker als auch seitens der Patientinnen nicht zuletzt mit Blick auf Verhütung allergrößte Sorgfalt und Vorsicht angezeigt«, mahnte er.