Resistente Erreger kehren zurück |
Sexuell übertragbare Erkrankungen können die Freude im Bett empfindlich stören. / Foto: Adobe Stock/Vasyl
Einige sexuell übertragbare Infektionen (Sexually transmitted Infections/Diseases, STI/STD) begleiten den Menschen seit Jahrtausenden. Dazu zählen die Syphilis, Gonorrhö, Trichomonaden und Chlamydien. So wird beispielsweise die Gonorrhö bereits um 1200 vor Christus in der Thora erwähnt; erste Hinweise für eine Behandlung liefern die Schriften des griechischen Arztes Aretaios, der der hippokratischen Schule angehörte. Bis mit Penicillin eine wirksame Therapie entdeckt wurde, sollte jedoch noch viel Zeit vergehen – und wie lange sich die Gonorrhö noch mit Antibiotika behandeln lässt, ist offen. Denn die rasch zunehmende antimikrobielle Resistenz macht die Therapie immer schwieriger (1).
Insgesamt nehmen vier der prominentesten STI – Syphilis, Gonorrhö, Trichomonaden und Chlamydien – heute weltweit wieder stark zu. Die Trichomoniasis ist weltweit die häufigste STI (Tabelle). Auch in Deutschland sind STI auf dem Vormarsch: Hier traten in den letzten Jahren mehr Syphilis-Fälle auf als im EU-Durchschnitt (2). Als Ursache für den Anstieg machen die Experten unter anderem den verminderten Gebrauch von Kondomen verantwortlich, der auch auf die bessere Behandelbarkeit von HIV zurückgeht (11). Zudem grassieren diese STI keineswegs nur in Risikogruppen wie homosexuellen Männern. Chlamydien beispielsweise verbreiten sich besonders unter (heterosexuellen) Jugendlichen.
Da die Ausbreitung der STI von der Bevölkerung weitgehend unbemerkt abläuft, spricht die WHO von einer verborgenen, stillen und gefährlichen Epidemie (3).
Sexuell übertragbare Infektionen (STI) | Anzahl in Millionen |
---|---|
Trichomoniasis | 156 |
Chlamydien | 127 |
Gonorrhö | 87 |
Syphilis | 6 |
Gesamt | 376 |
Lange Zeit konnten Ärzte die Gonorrhö nicht von der Syphilis unterscheiden. Der Nachweis einer eigenständigen Erkrankung gelang erst dem französischen Arzt Philippe Ricord im Jahr 1837. Der Erreger selbst, das Bakterium Neisseria gonorrhoeae, wurde 1879 von dem deutschen Dermatologen Albert Neisser entdeckt und nach ihm benannt.
Weltweit gab es im Jahr 2016 schätzungsweise 87 Millionen Neuerkrankungen (20). Betroffen sind vor allem junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren. / Foto: YPT
Gonokokken sind gramnegative, unbewegliche, nierenförmige, meist paarweise gelagerte Kokken (Diplokokken). Sie wachsen strikt aerob. Der Erreger heftet sich mithilfe von Adhäsinen auf seiner Oberfläche (Pilusprotein, Opaqueprotein) an die Wirtszelle an und schädigt durch weitere Membranbestandteile (Lipooligosaccharide, Peptidoglykane) die Epithelzellen (4).
Seit Mitte der 1990er-Jahre steigen die Gonorrhö-Fälle in Deutschland wieder an. Da die Erkrankung jedoch nicht meldepflichtig ist, liegen keine genauen Daten vor. Eine Ausnahme bildet Sachsen mit einer Labormeldepflicht (Erregernachweise werden gemeldet). Hier verzeichnete man eine Verdopplung der Fälle von 6,8 Infektionen/100.000 Einwohner im Jahr 2003 auf 13,7/100.000 im Jahr 2011 – aktuellere Zahlen gibt es laut RKI nicht (4). Bei homosexuellen Männern liegt die Inzidenz vermutlich höher; insgesamt geht man von einer hohen Dunkelziffer aus.
Weltweit gab es im Jahr 2016 schätzungsweise 87 Millionen Neuerkrankungen an Gonorrhö (20). Betroffen sind vor allem junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren.
Gonokokken werden beim Geschlechtsverkehr (genital, oral) übertragen und infizieren insbesondere die Schleimhäute von Harn- und Geschlechtsorganen sowie manchmal des Rachens. Die umgangssprachliche Bezeichnung »Tripper« stammt vom niederländischen druipen (tropfen) und bezieht sich auf das Leitsymptom Ausfluss. Denn bei Männern macht sich etwa zwei bis sechs Tage nach der Infektion ein stark eitriger Ausfluss sowie Brennen beim Wasserlassen aufgrund einer Harnröhrenentzündung bemerkbar. Allerdings sind diese Symptome bei rund einem Viertel der Betroffenen nur schwach ausgeprägt; bei etwa 10 Prozent fehlen sie völlig. Diese Personen fungieren häufig als Überträger.
Eine aufsteigende Gonorrhö kann eine Entzündung von Prostata, Samenblasen, Samenstrang und Nebenhoden hervorrufen (4). Diese Komplikationen sind selten, können jedoch Unfruchtbarkeit verursachen.
Infizierte Frauen bemerken ebenfalls einen verstärkten Ausfluss und Beschwerden beim Wasserlassen sowie – bei einer Infektion der Gebärmutterschleimhaut (Endometritis) – eine starke, anhaltende Monatsblutung und Zwischenblutungen. Problematisch ist, dass etwa die Hälfte der Frauen keine Symptome verspürt. Unbehandelt können die Erreger zu einer Entzündung der Eileiter und Eierstöcke und schließlich zu einer Infektion des gesamten Beckens (Pelvic inflammatory Disease, PID) führen. Die Folgen sind mitunter schwerwiegend: Infertilität, extrauterine Schwangerschaft oder chronische Unterleibsschmerzen aufgrund von Verwachsungen.
Bei infizierten Schwangeren treten Komplikationen wie Frühgeburt oder septischer Abort auf. Neugeborene, die sich während der Geburt infizieren, können eine Bindehautentzündung (Gonokokken-Konjunktivitis) entwickeln. Ohne Behandlung erblinden die Kinder aufgrund starker Eiterbildung und narbiger Abheilung häufig.
Selten breiten sich die Gonokokken über den Blutkreislauf im gesamten Körper aus (0,5 bis 3 Prozent). Die sogenannte disseminierte Gonokokken-Infektion ist unter Umständen lebensbedrohlich.
Die Verbreitung der Gonorrhö wird durch die asymptomatische Verlaufsform der genitalen oder analen Infektion begünstigt. Als wichtiges Infektionsreservoir gilt zudem die pharyngeale Gonorrhö, die in der Regel keine Symptome verursacht, meist begleitend (bei 5 bis 25 Prozent) und selten alleine auftritt (5).
Werden ausschließlich urogenitale Proben untersucht, bleibt die pharyngeale Infektion oft unbemerkt und persistiert, da die normale antibiotische Behandlung zur Eradikation nicht ausreicht. Denn gerade bei Neisserien im Rachenraum kommt es häufig zur Resistenzbildung. Berichte über Resistenzen gegen Cephalosporine der Gruppe 3 beziehen sich meist auf pharyngeale Infektionen (6).
Bei einer unkomplizierten Gonorrhö nennt die Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Gonorrhö (Stand 2018) als Therapie der ersten Wahl die Kombination aus Ceftriaxon (intravenös oder intramuskulär) plus Azithromycin (peroral) jeweils als Einmaldosis (5). Falls eine parenterale Gabe kontraindiziert oder nicht möglich ist, kann anstelle von Ceftriaxon Cefixim peroral gegeben werden. Diese Alternative ist für eine pharyngeale Gonokokken-Infektion nicht geeignet, da diese weniger gut anspricht. Hier sind höhere Dosen Ceftriaxon (bis zu 1 g intravenös) erforderlich.
Da mit einer zunehmenden Resistenzentwicklung der Gonokokken gerechnet wird, empfiehlt die Leitlinie vor allem bei Therapieversagen eine Antibiotika-Empfindlichkeitstestung, um eine gezielte Therapie zu ermöglichen. Bei nachgewiesener Empfindlichkeit ist auch eine perorale Gabe von Cefixim, Ciprofloxacin, Ofloxacin oder Azithromycin jeweils als Einmaldosis möglich. Schwangere werden mit Ceftriaxon intravenös (intramuskulär) behandelt.
Ein wirksamer Schutz vor Infektionen – zumindest meistens / Foto: Shutterstock/Jes2u.photo
Kondome eignen sich als Schutz vor einer genitalen, also urethralen, zervikalen und rektalen Infektion. Bei bestehender pharyngealer Gonorrhö ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) »jedoch eine Übertragung durch oralen Kontakt (oral – oral und oral – genital) möglich. Einen vollständigen Schutz vor einer Ansteckung gibt es nicht« (4).
Um Langzeitfolgen zu vermeiden, sollte die Infektion möglichst frühzeitig erkannt und behandelt werden. Daher ist ein Arztbesuch schon bei gering ausgeprägten Symptomen anzuraten.
Wichtig ist, dass sich die Sexualpartner der Infizierten untersuchen und gegebenenfalls behandeln lassen – zumal Personen mit Gonokokken-Infektion empfänglicher sind für eine HIV-Infektion (5).
Das Bakterium Neisseria gonorrhoeae ist genetisch sehr variabel und besitzt die natürliche Fähigkeit, neue Gene aufzunehmen und weiterzugeben. Diese Eigenschaft trägt maßgeblich zur Entwicklung von Resistenzen bei und scheint insbesondere bei pharyngealen Infektionen relevant zu sein (5).
Derzeit sind Fälle von Resistenzen gegenüber allen üblicherweise eingesetzten Antibiotika bekannt, einschließlich Makroliden, Sulfonamiden, Trimethoprim-Kombinationen und Chinolonen (7). Zudem besteht eine Tendenz zur Ausprägung von High-level- und multiplen Resistenzen; bei einer High-level-Resistenz muss im Test zur Bestimmung der maximalen Hemmkonzentration eine große Menge einer antibiotischen Substanz eingesetzt werden, um den Erreger abzutöten (5). In Deutschland wurde Ende Juni 2019 ein High-level-Azithromycin-resistenter N. gonorrhoeae-Stamm (HL-AziR-NG) bei einem heterosexuellen 42-jährigen Patienten mit urogenitaler Gonorrhö diagnostiziert (1). Besorgniserregend: Der Mann hatte keine Reise unternommen, sondern musste sich im Inland angesteckt haben. Dies lässt laut RKI in Deutschland auf ein eigenständiges Infektionsgeschehen mit HL-AziR-NG schließen und stellt keinen Einzelfall mit einer eingeschleppten Infektion dar.
Wie das RKI weiter ausführt, besteht das Risiko bei einer Azithromycin-Resistenz darin, dass die Infektion mit Ceftriaxon erfolgreich therapiert wird, die Resistenz dabei jedoch unbemerkt bleibt und sich weiter verbreitet. Kommen weitere Resistenzen etwa gegen Ceftriaxon dazu, sei die Infektion kaum mehr behandelbar. Für das alternativ einsetzbare Cefixim bestehe voraussichtlich bis Ende 2019 ein Lieferengpass (1). Das RKI plädiert daher für eine »stark erhöhte Wachsamkeit« und fordert, ungewöhnliche Resistenzen und Therapieversagen an das Konsiliarlabor für Gonokokken in Berlin sowie an das RKI zu melden.
Wann die hochansteckende Form der Syphilis nach Europa kam, lässt sich recht genau rekonstruieren: 1492 mit der Crew von Christoph Kolumbus. Diese brachte das Bakterium Treponema pallidum vom neu entdeckten Amerika nach Spanien, von wo es sich ausbreitete und viele Todesopfer in ganz Europa forderte. Berühmte Syphilis-Kranke waren beispielsweise Kardinal Richelieu (Armand-Jean du Plessis), Katharina die Große, Franz Schubert, Paul Gauguin, Ludwig van Beethoven, Heinrich Heine, Friedrich Nietzsche und Oscar Wilde.
Dank der verfügbaren Antibiotika ist die Syphilis heute leicht zu behandeln; die Herausforderung besteht vielmehr darin, sie zu erkennen. Denn die ersten Symptome sind unspezifisch und zeigen sich oft auf der Haut, etwa mit Flecken im Gesicht oder Pusteln auf den Handtellern. Zudem treten Läsionen an den Leisten und Genitalien auf.
Beim klinischen Verlauf unterscheidet man die Früh- von der Spätsyphilis. Die Frühsyphilis dauert bis zu einem Jahr nach der Infektion und umfasst die primäre Syphilis (Lues I) mit einer lokalen Manifestation an der Stelle, in der der Erreger eingedrungen ist (genital, oral), sowie die sekundäre Syphilis (Lues II) mit generalisierten Krankheitserscheinungen (8). Zur Spätform zählen die tertiäre Syphilis (Lues III) und die Neurosyphilis.
Häufig ist die Erkrankung mit einer HIV-Infektion vergesellschaftet. HIV-positive Syphilis-Patienten erkranken häufiger an Syphilis maligna (frühzeitig auftretende ulzerierende und nekrotisierende Herde) und an einer Neurosyphilis.
Die Diagnose erfolgt in der Regel anhand von Such- und Bestätigungstests mit Nachweis von Antikörpern. Sind diese positiv, klärt ein weiterer Test, ob eine nicht sanierte, behandlungsbedürftige oder eine ausgeheilte Syphilis vorliegt. Für alle Stadien gilt Penicillin G (Benzathin-Benzylpenicillin) als Therapie der ersten Wahl; eine Resistenz des Erregers ist bisher nicht bekannt (9). Bei einer Penicillin-Allergie können Doxycyclin oder Erythromycin verschrieben werden. Eine Alternative zu Benzathin-Benzylpenicillin ist die Gabe von Ceftriaxon. Eine Neurosyphilis oder der Verdacht darauf erfordern die Behandlung mit hochdosiertem Penicillin G in kristalloider Lösung (9).
Foto: dpa
Treponema (T.) pallidum (subspecies pallidum) aus der Familie der Spirochäten ist der Erreger der Syphilis und für den Menschen obligat pathogen. T. pallidum färbt sich nur schlecht durch Anilinfarben an, daher die Bezeichnung »pallidum«, Lateinisch: »bleich« (8).
Ende der 1990er-Jahre war die Zahl der gemeldeten Syphilisfälle in Deutschland auf dem niedrigsten Stand; seit 2010 steigt die Inzidenz wieder deutlich an. 2018 wurden dem RKI 7332 Syphilis-Fälle gemeldet – was erstmals seit 2010 einem leichten Rückgang entspricht (2017: 7476 Fälle) (10). In Ballungszentren wie Hamburg oder Berlin werden besonders viele Fälle bekannt. Betroffen sind vor allem homosexuelle Männer mit einem Altersgipfel bei den 30- bis 39-Jährigen. Frauen infizieren sich deutlich seltener (6,1 Prozent der Fälle). Dank des Syphilis-Screenings im Rahmen der Schwangerschafts-Vorsorgeuntersuchungen traten 2018 nur drei Fälle an konnataler Syphilis auf (10). Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei den fünf Ländern, in denen sich die Rate an gemeldeten Fällen seit 2010 mehr als verdoppelt hat (144 Prozent) (2).
Als Ursache für den Anstieg machen die Experten den verminderten Gebrauch von Kondomen verantwortlich, der auch auf die bessere Behandelbarkeit von HIV zurückgeht (11). Vor allem homosexuelle Männer wenden wieder vermehrt riskante sexuelle Praktiken wie den kondomlosen Analverkehr an. Viele Syphilis-Infizierte haben Koinfektionen mit anderen STI; ein Drittel der 2018 gemeldeten Patienten war zusätzlich mit HIV infiziert (10).
Der häufigste Übertragungsweg von Treponema pallidum ist der sexuelle Kontakt (Kasten). Möglich ist die Ansteckung allerdings auch beim Küssen, sofern ein Ulkus (Geschwür) im Rachenraum vorliegt. In diesem Fall bieten Kondome keinen Schutz. Daher ist es wichtig, die Symptome zu (er)kennen und auch bei Anzeichen an den Lippen sowie im Mund- und Rachenraum an die meldepflichtige Erkrankung zu denken. Alle Sexualpartner des Betroffenen sollten informiert, untersucht und gegebenenfalls behandelt werden.
Bei infizierten Schwangeren kann sich bereits das ungeborene Kind anstecken – vor allem wenn die Infektion während der Schwangerschaft erfolgt. Ohne Penicillin-Therapie der Mutter führt die Infektion des Kindes bei etwa 30 bis 40 Prozent zu Abort, Totgeburt oder Kindstod kurz nach der Geburt oder zur Frühgeburt (8). Betroffene Kinder sind bei der Geburt oft unauffällig, erkranken jedoch meist innerhalb der ersten acht Monate. Die konnatale Syphilis lässt sich ebenfalls mit Penicillin therapieren.
Das durch Chlamydia trachomatis ausgelöste Trachom – ein entzündliches Augenleiden – war schon im Altertum bekannt. Entsprechende Symptome wurden 1500 v. Chr. im Papyrus Ebers beschrieben. In den 1990er-Jahren fand man Chlamydien in Zervikalabstrichen. Mittlerweile gelten die Serotypen D bis K als Ursache der genitalen Chlamydieninfektion; die Serotypen A, B und C sind für das Trachom verantwortlich. Die Erkrankung trifft in der Regel junge Menschen: Frauen zwischen 16 und 19 Jahren und Männer von 20 bis 24 Jahren. Eine Übertragung der Serovare D bis K sowie L1 bis L3 (Auslöser des Lymphogranuloma venereum, eine STI, die vorwiegend in den Tropen vorkommt) ist nur durch sexuellen Kontakt sowie perinatal möglich (13).
Weltweit steigen die Infektionen mit Chlamydien. Laut WHO gab es 2016 insgesamt 127 Millionen Neuerkrankungen (20). Hierzulande liegen kaum zuverlässige Daten vor, da lediglich in Sachsen eine Labormeldepflicht besteht. Demnach stiegen die gemeldeten Infektionen pro 100.000 Einwohnern von 40,8 in 2004 auf 100,8 in 2009 (12).
Fatal ist, dass die Infektion bei bis zu 80 Prozent der Frauen und bei rund der Hälfte der Männer zunächst asymptomatisch verläuft und daher unbemerkt bleibt (12). Steigen die Chlamydien auf, kann es bei Frauen zu symptomatischen Entzündungen der Harnröhre (Urethritis), der Eierstöcke (Salpingitis), der Gebärmutterschleimhaut (Endometritis) und des perihepatischen Bauchfells (Perihepatitis) kommen (13). Sind Eileiter und Eierstöcke betroffen, können Verklebungen und narbige Strukturen entstehen, die zu den häufigsten Ursachen einer sekundären Sterilität und extrauterinen Schwangerschaft zählen.
Chlamydien können sich einnisten, ohne Beschwerden zu verursachen. Das ist fatal, denn viele Betroffene erleiden Spätfolgen oder stecken andere an. / Foto: Adobe Stock/Aleksej
Beim Mann kann sich zunächst eine Urethritis entwickeln. Aufsteigende Chlamydien befallen Nebenhoden und Prostata. Spätestens bei der sehr schmerzhaften Nebenhodenentzündung (Epididymitis) wird die Infektion bemerkt. Die Prostatitis wird als mögliche Ursache für die Sterilität des Mannes diskutiert. Die akute Infektion kann zudem eine Arthritis oder Sehnenscheidenentzündungen hervorrufen.
Eine Chlamydien-bedingte unkomplizierte Gebärmutterhalsentzündung (Zervizitis) und/oder Urethritis wird mit Doxycyclin für sieben Tage oder – als Therapie der zweiten Wahl – mit Azithromycin als Einmaldosis behandelt (14). Schwangere erhalten Azithromycin als Einmaldosis, alternativ Erythromycin.
Ein erster Impfstoff gegen Chlamydia trachomatis erwies sich in einer Phase-1-Studie als gut verträglich (15). Bei gesunden Frauen erzeugte die Impfung eine Immunantwort – ob diese tatsächlich vor einer Chlamydieninfektion schützt, wird in einer weiteren Studie untersucht.
Derzeit werden Schwangere im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge auf Chlamydien getestet. Frauen unter 25 Jahren können ebenfalls einmal jährlich am Screening teilnehmen. Die Kosten übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen.
Jedoch zweifeln zahlreiche Experten die Sinnhaftigkeit des Screenings in seiner derzeitigen Form an. Das hat mehrere Gründe: Solange junge Männer nicht ebenfalls getestet werden, können sich die (behandelten) Frauen jederzeit wieder bei ihrem Partner anstecken. Zudem halten viele Experten den Urin als Probenmaterial für ungeeignet, da aufgestiegene Chlamydien darin nicht mehr nachweisbar sind. Es lässt sich also lediglich die akute Infektion feststellen. Überdies kann der Urin Substanzen enthalten, die eine relevante Nachweismethode, die Polymerase-Kettenreaktion, hemmen. Diese Bedenken werden möglicherweise von einer aktuellen australischen Studie unterstützt. Diese zeigt, dass das Screening von jungen Frauen und Männern nicht zu wesentlich weniger Neuansteckungen führt (16).
Auch die Präventionsmaßnahmen gegen Chlamydien-Infektionen scheinen nicht wirklich zu greifen. Broschüren oder lokale Beratungsangebote nutzen nur sehr wenige Jugendliche. Ein wichtiger Grund: Die Erkrankung ist – im Gegensatz zu HIV – unter jungen Leuten kaum bekannt. Zudem gehen Jugendliche heute schon früh sexuelle Beziehungen ein, wobei viele nur beim ersten Mal ein Kondom verwenden. Sobald das Mädchen die Verhütung mit Kontrazeptiva übernimmt, verzichten die meisten Jungs darauf. Obwohl fast alle Jugendlichen wissen, dass Kondome vor STI schützen, benutzte in einer Studie nur die Hälfte aller ein Kondom (17).
Eine Möglichkeit, dies zu ändern, sieht die aktuelle Leitlinie »Infektionen mit Chlamydia trachomatis« (Stand 2016) darin, die Problematik in der Schule zu thematisieren (14). Außerdem soll die Öffentlichkeit besser informiert werden, um ein höheres Bewusstsein für die sich verbreitende Infektion zu schaffen.
Vor rund 180 Jahren (1836) beschrieb der französische Bakteriologe Alfred F. Donné einen Einzeller, den er Trichomonas (T.) vaginalis nannte – wenngleich er wusste, dass dieser auch in männlichen Genitalsekreten vorkommt. T. vaginalis wurde damit schon früh als Ursache einer systemischen Krankheit erkannt.
Weltweit gilt die Trichomoniasis mit schätzungsweise 156 Millionen Neuerkrankungen im Jahr als häufigste STI (20). Betroffen sind insbesondere Frauen in Afrika und Teilen Amerikas. Hierzulande ist Infektion kaum bekannt; in einer Umfrage nannte nur 1 Prozent die Erkrankung als ihnen bekannte STI (18).
Weltweit gilt die Trichomoniasis als häufigste STI; betroffen sind vor allem Frauen in Afrika und Teilen Amerikas. / Foto: Shutterstock/Quick Shot
Eine unbehandelte Trichomoniasis verläuft nicht so schwer wie andere STI, kann jedoch das Allgemeinbefinden sowie das Sexualleben beeinträchtigen. Das Leitsymptom bei der Frau ist Ausfluss; zudem können Juckreiz, Schmerzen beim Wasserlassen und beim Geschlechtsverkehr vorkommen. Begleitend tritt häufig ein unangenehmer Geruch auf. Bei Schwangeren sind Komplikationen wie Frühgeburt und geringes Geburtsgewicht mit der Infektion assoziiert (19). Männer haben selten Symptome, höchstens Beschwerden beim Wasserlassen, Harnröhrenschmerzen oder geringen Ausfluss.
Als Therapie reicht in der Regel eine einmalige Gabe von Metronidazol aus (19). Bei 20 bis 25 Prozent der Betroffenen heilt die Trichomoniasis spontan ab. Die Übertragung lässt sich durch Kondome verhindern.
Foto: BZgA
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet eine kostenlose und anonyme Beratung zum Thema STI. Experten stehen telefonisch, online oder in Beratungsstellen zur Verfügung (www.liebesleben.de/beratung).
Viele Informationen und einen Überblick zu aktuellen Leitlinien bietet die Deutsche STI-Gesellschaft, die als medizinische Fachgesellschaft die sexuelle Gesundheit fördern will (www.dstig.de).
Dr. Marion Hofmann-Aßmus absolvierte eine Ausbildung als veterinärmedizinisch-technische Assistentin (VMTA) und studierte anschließend Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, München. Promoviert wurde sie 1999 mit einer Arbeit zu molekularer Kardiologie an der Chemischen Fakultät der LMU München. Seither ist sie freiberuflich in verschiedenen Redaktionen und als Fachjournalistin tätig.