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Covid-19-Medikament

Remdesivir bekommt EU-Zulassungsempfehlung

Als erster Arzneistoff erhält Remdesivir (Veklury®) in der Europäischen Union eine Zulassungsempfehlung zur Therapie von Covid-19-Patienten. Das teilte heute die EMA mit. Über die Zulassung wird die EU-Kommission in der kommenden Woche entscheiden.
Daniela Hüttemann
25.06.2020  15:12 Uhr

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat sich heute für eine bedingte Zulassung des Remdesivir-haltigen Präparats Veklury® von Gilead ausgesprochen. Das Virostatikum kann – die baldige Zulassung durch die EU-Kommission vorausgesetzt – dann demnächst auch außerhalb von klinischen Studien und Härtefall-Programmen bei Covid-19-Patienten eingesetzt werden.

Die Indikation umfasst die Behandlung von Covid-19-Patienten ab einem Alter von zwölf Jahren mit Lungenentzündung, die eine Sauerstoffzufuhr benötigen. Der RNA-Polymerase-Inhibitor Remdesivir muss intravenös verabreicht werden. Er ist der erste Arzneistoff, der in der EU eine Zulassungsempfehlung als Covid-19-Medikament bekommt. Es handelt sich um eine bedingte Empfehlung, die in einem verkürzten Verfahren als sogenannter Rolling Review erarbeitet wurde. Der Hersteller muss auch nach der Zulassung weitere Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit nachliefern.

Die Infusion darf nur erfolgen, wenn der Patient engmaschig überwacht wird, inklusive der Leber- und Nierenfunktion. Am ersten Behandlungstag erhält der Patient eine 200-mg-Infusion, gefolgt von einer 100-mg-Infusion pro Tag über mindestens vier Tage und höchstens neun Tage.

Daten zur Mortalität fehlen noch

Die Entscheidung des CHMP basiere vor allem auf der NIAID-ACTT-1-Studie, die in den USA durchgeführt wurde, sowie auf weiteren Daten aus anderen Studien mit Remdesivir. Bei NIAID-ACTT-1 wurden mehr als 1000 hospitalisierte Covid-19-Patienten über zehn Tage mit Remdesivir oder Placebo zusätzlich zur Standardbehandlung therapiert. Primärer Endpunkt war die Dauer bis zur Genesung. Diesen erreichten die Patienten unter Remdesivir durchschnittlich in elf Tagen gegenüber 14 Tagen unter Placebo.

Bei 90 Prozent der schwer erkrankten Teilnehmer lag die mittlere Krankheitsdauer nach Therapiebeginn bei zwölf Tagen, unter Placebo waren es 18 Tage. Bei leicht bis moderat erkrankten Patienten fand sich dagegen kein Unterschied: Beide Gruppen benötigten im Schnitt fünf Tage. Ebenso scheint eine Remdesivir-Therapie bei sehr schwer Erkrankten mit mechanischer Beatmung oder ECMO zu spät zu kommen. Auch hier fand sich kein Benefit gegenüber Placebo. Die Mortalitätsraten bis zu 28 Tage nach Therapiebeginn seien noch nicht final ausgewertet, teilte die EMA mit. Vorläufig kommt sie zu einem positiven Nutzen-Risiko-Profil für schwer kranke Patienten mit Pneumonie, die eine Sauerstoffzufuhr erhalten.

Gilead muss die finalen Ergebnisse seiner Studien bis Dezember 2020 nachliefern sowie weitere Daten zur Qualität des Medikaments. Wie immer müssen auch weitere Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit in weiteren Studien und von Postmarketing-Berichten gesammelt und regelmäßig ausgewertet werden.

Über die Zulassung muss nun noch die EU-Kommission entscheiden, was laut EMA ebenfalls in einem beschleunigten Verfahren innerhalb der nächsten Woche erfolgen soll – das ist deutlich schneller als die sonst üblichen zwei bis drei Monate zwischen Zulassungsempfehlung und tatsächlicher Zulassung.

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