Reiseandenken auf der Haut |
Christina Hohmann-Jeddi |
09.05.2019 10:56 Uhr |
In manchen Regionen der Welt ist Barfußlaufen am Strand keine gute Idee. Gerade in tropischen Gebieten kann man sich so Infektionen mit Sandflöhen oder Larven von Hakenwürmern zuziehen. / Foto: Adoba Stock/kieferpix
Nässende oder juckende Papeln oder Gänge in der Haut – solche Mitbringsel aus dem Urlaub sind unangenehm. Welche Erkrankungen vorkommen können und wie sie behandelt werden, berichtete Professor Dr. Esther von Stebut-Borschitz, Leiterin der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie an der Uniklinik Köln, auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie in Düsseldorf.
Die häufigste auf Reisen erworbene Ektoparasitose ist die Larva migrans cutanea. Dabei handelt es sich um einen Befall mit Larven eines Nematoden (Hakenwurms), meist Ancylostoma braziliense. Der eigentliche Wirt dieser Parasiten sind Hunde und Katzen. Menschen können sich auch infizieren, wenn sie mit dem Kot dieser Tiere in Kontakt kommen. Die Larven durchdringen dann die Haut und rufen charakteristische Lokalreaktionen hervor. Gangartige Strukturen sind unter der Haut zu erkennen, die sehr stark jucken, berichtete die Medizinerin. »Die kutane Larva migrans ist eine Blickdiagnose.« Die Larven bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von drei bis fünf Zentimeter pro Tag unter der Haut fort.
Viele Reiserückkehrer aus Thailand, Mexiko und Brasilien weisen diese Parasitose auf. Die meisten haben sie sich beim Barfußlaufen am Strand zugezogen. Hakenwürmer gibt es vor allem in der Karibik, in Südostasien, Südamerika und an den Ozeanstränden Afrikas. Eine Infektion ist selbstlimitierend und endet in der Regel nach ein bis drei Monaten durch den Tod der Larve. Wegen der psychischen Belastung und des ausgeprägten Juckreizes sollte sie dennoch therapiert werden, sagte von Stebut-Borschitz.
Laut aktueller Leitlinie zur kutanen Larva migrans kommt bei ausgeprägtem Befund Ivermectin einmalig in einer Dosis von 200 μg pro kg Körpergewicht oral oder Albendazol 800 mg pro Tag oral für drei Tage zum Einsatz. Alternativ kann auch lokal mit Albendazol 10 Prozent in lipophiler Grundlage behandelt werden. Wegen ihrer geringen Wirksamkeit nicht empfohlen wird die Lokaltherapie mit Mebendazol. Auch die Kryotherapie ist nicht sehr erfolgversprechend, vor allem weil der Ort, an dem sich die Larve befindet, nicht genau bestimmt werden kann.
Neben Würmerlarven kann man sich auf Tropenreisen auch mit Insekten infizieren. Ein häufiges Beispiel ist die Myiasis, der Befall mit Fliegenlarven unterschiedlicher Spezies. Nach Eindringen der Eier in die Haut entwickeln sich daraus Larven. »Patienten haben das deutliche Gefühl, dass sich etwas unter der Haut bewegt«, berichtete von Stebut-Borschitz. Zum Teil treten auch Schmerzen und Juckreiz auf. Zu sehen sind aber nur Papeln, zum Teil mit einem Porus. Diese können sich prinzipiell an allen Körperstellen befinden; häufig sind Arme, Beine oder Rumpf betroffen. Die Therapie besteht in einer manuellen Entfernung der Larven nach Asphyxie (Sauerstoffmangel), eventuell nach Anlegen eines okklusiven Verbands.
In Südamerika, in der Karibik und im südlichen Afrika kann man sich auch mit dem Sandfloh Tunga penetrans infizieren. Die stark juckende Tungiasis tritt meist an den Füßen auf. »Nur kurz ist nach dem Eindringen ein Erythem zu erkennen, das häufig übersehen wird«, berichtete die Medizinerin. Das weibliche Tier dringt mit dem Vorderkörper in die Haut ein, wo es Blut aufnimmt. Das außenliegende Abdomen schwillt an und das Weibchen beginnt mit der Eiproduktion. Nach einiger Zeit stirbt der Floh ab. Der Flohkörper sollte mit einem Skalpell entfernt und die Wunde anschließend desinfiziert werden, so von Stebut-Borschitz.
Sandmücken sind schlechte Flieger. Um sich vor Stichen mit den Übrträgern der Leishmaniose-Erreger zu schützen, reicht es, sich im ersten Stock von Gebäuden aufzuhalten. Dort können sie nicht hingelangen. / Foto: CDC/Frank Collins
Ebenfalls eine häufige Reisedermatose ist die kutane Leishmaniose. Erreger der Erkrankung sind parasitäre Protozoen der Gattung Leishmania. Die geißeltragenden Einzeller werden von den zu den Schmetterlingsmücken gehörenden Sandmücken auf Wirbeltiere, vor allem Nagetiere, Hunde und Schafe, aber auch auf den Menschen übertragen. Sie sind vor allem in den Tropen und Subtropen verbreitet, kommen aber auch in den Mittelmeeranrainerstaaten vor. »Deutsche Reisende bringen die Erkrankung typischerweise aus Spanien mit, vor allem von Mallorca«, berichtete die Ärztin. Zu vermeiden ist die Infektion durch Stichprophylaxe und ein Hotelzimmer im ersten Stock, da die Mücken schlecht fliegen können.
Im Menschen nutzen die Parasiten Makrophagen, um sich zu vermehren. Je nach Erregerart und abhängig vom Immunstatus des Infizierten können sich verschiedene Krankheitsbilder entwickeln. Bei der kutanen Leishmaniose entstehen auf der Haut Papeln, die meist ulzerieren. Bei der mukokutanen Form sind neben der Haut auch Schleimhäute betroffen. Am gefährlichsten ist die viszerale Leishmaniose, bei der die Erreger die inneren Organe befallen und die unbehandelt tödlich verlaufen kann. Mittels Polymerasekettenreaktion könne der Erregertyp bestimmt werden. »Das ist für die Vorhersage der Krankheitsprogression und die Therapieauswahl wichtig«, sagte von Stebut-Borschitz.
Auch bei der kutanen Form ist eine frühe Therapie entscheidend, um die zum Teil entstellende Narbenbildung gering zu halten. Einfache Läsionen werden ebenso wie Ulcera bei Schwangeren laut der aktuellen Leitlinie zur kutanen Leishmaniose der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit lokal behandelt. Eingesetzt werden hier Paromomycin-Salbe, Antimon-Injektionen, Thermo- oder Kryotherapie. Komplexe Läsionen, die laut Definition mehr als drei Ulcera umfassen oder als Einzelläsion einen Durchmesser von mehr als 40 mm aufweisen, therapierefraktär sind oder an optisch ungünstigen Stellen liegen, werden systemisch therapiert. Hier kommen je nach Erregerart unter anderem Antimonate, Ketoconazol, Pentamidin oder Miltefosin zum Einsatz.
Eine Leishmaniose-Läsion am Handgelenk. / Foto: CDC/Dr. A.J. Sulzer