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Neurodermitis

Rätselhafte Krankheit

Die durch eine Überreaktion des Immun­systems verursachte Hautkrankheit quält nicht nur Kinder und Jugendliche. Betroffen sind auch Erwachsene und Senioren. Die Behandlung ist und bleibt eine Herausforderung. Neue Erkenntnisse zur Pathogenese und neue Medikamente machen jedoch Hoffnung.
Nicole Schuster
26.05.2019  08:00 Uhr

Der eine klagt über extrem trockene Haut, die andere leidet an eingerissenen Mundwinkeln oder an einem hartnäckigen Handekzem. All diese Beschwerden zählen zu den Ausprägungsformen der Neurodermitis, einer nicht ansteckenden, entzündlichen und meist schubweise verlaufenden Hautkrankheit. Häufig verwendete Synonyme für Neurodermitis sind »atopisches Ekzem« und »atopische Dermatitis«.

In Industrieländern wie Deutschland sind bis zu ein Fünftel der Bevölkerung zumindest zeitweilig betroffen. Die atopische Dermatitis beginnt oft bereits im frühen Lebensalter und verursacht häufig lebenslang wiederkehrende Hautprobleme (1).

Trockene Haut, extremer

Zu den typischen Symptomen gehören wechselnde, unterschiedlich aussehende Ekzeme, die prinzipiell am ganzen Körper auftreten können, sowie ein ­extremer, überaus quälender Juckreiz. Charakteristisch ist eine sehr trockene empfindliche Haut.

Generell gilt, dass das Krankheitsbild individuell und altersabhängig verschieden ist. Während bei Säuglingen vor allem das Gesicht, die Kopfhaut (»Milchschorf«) sowie die Streckseiten der Gliedmaßen befallen sind, treten die Ekzeme bei Kindern eher an den Beugeseiten der Arme und Beine (»Beugenekzem«) sowie den Hand- und Fußgelenken auf. Bei Jugendlichen und Erwachsenen sind vor allem das Gesicht – hier oft die Augenlider – und die Hände betroffen (2, 3). Eine Erklärung für die unterschiedlichen Lokalisationen gibt Professor Dr. Timo Buhl, Oberarzt an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universitätsmedizin Göttingen, im Gespräch mit der PZ: »Möglicherweise manifestiert sich die Krankheit besonders an jenen Körperteilen, die viel Kontakt mit der Umwelt haben. Bei Erwachsenen sind das vor allem die Hände.«

Die S2k-Leitlinie (gültig bis 2020) nennt entsprechend Risikoberufe wie Friseur, Bäcker oder auch Gärtner und Florist. Bei ihnen kann häufiges Händewaschen sowie der ständige Kontakt mit hautreizenden Stoffen ein bestehendes Handekzem verschlechtern oder Hautentzündungen neu auslösen (4).

Im Alter wandelt sich das Krankheitsbild oft erneut. »Bei Senioren kann der ganze Körper betroffen sein«, ­berichtet Buhl. »Sie leiden häufig an ­einem Exsikkationsekzem, also einem Ekzem durch Austrocknung der Haut, und dieses begünstigt ein Aufflammen der Neurodermitis

Zu den Ausprägungsformen der Neurodermitis gehören auch leichte Fälle, bei denen die Symptome auf ­einzelne Körperteile begrenzt sind. So zählen Lippenentzündungen (Cheilitis), Mundwinkel- und Ohrläppchen-Rha­gaden, das Brustwarzenekzem sowie trockene Haut mit schuppenden Rö­tun­gen und Einrissen im Bereich der Finger- und/oder Zehenkuppen (Pulpitis sicca) zu den sogenannten Sonder- und Minimalformen der Krankheit. Daran können Patienten in allen Altersgruppen leiden.

Barrierefunktion der

Die Ursachen für die Überreaktion des Immunsystems sind bis heute nicht vollständig geklärt. Eine genetische ­Ursache erscheint jedoch als sicher. Vermutlich sind für die Veranlagung zur Neurodermitis verschiedene Gene auf mehreren Chromosomen verantwortlich.

Eine dieser Genveränderungen ist die Filaggrin loss-of-function (FLG-LOF)-Mutation. Sie führt dazu, dass das epidermale Protein Filaggrin nur vermindert oder gar nicht mehr gebildet wird. Daraus resultieren eine abnormale Hauttrockenheit und eine geschwächte Barrierefunktion der Haut (1, 4, 5, 6). ­»Potenzielle Allergene aus der Umwelt sowie Bakterien und Viren können nun leichter eindringen und somit das Entstehen von Krankheiten wie Neurodermitis begünstigen«, erklärt Buhl.

Aufgrund der gestörten Hautbarriere leiden Neurodermitis-Patienten häufiger an viralen und bakteriellen ­Infektionen als hautgesunde Menschen. So sind etwa Infektionen mit Staphylokokken, Herpes- oder Papillomaviren gefürchtet, da sie schwer verlaufen können.

Drei Stadien

Bei der chronisch rezidivierenden Entzündungserkrankung wechseln sich immer wieder (nahezu) beschwerdefreie Phasen mit Zeiten ab, in denen die Symptome deutlich ausgeprägt sind. Im akuten Stadium sind neu auftretende Ekzeme typisch. Sie bleiben über Tage bis Monate bestehen, ältere Hautschäden verschlechtern sich. Weitere Kennzeichen sind extrem juckende gerötete Papeln, Ödeme, nässende Hautabschürfungen (Exkoriationen) durch Kratzen sowie Krusten. Bilden sich die Entzündungen nicht zurück, geht das akute allmählich in ein subakutes Stadium über, das durch schuppende Papeln oder Plaques gekennzeichnet ist.

Schließlich folgt das chronische Stadium. Es kann über Monate bis Jahre bestehen bleiben, das gleichzeitige Auftreten verschiedener Hautveränderungen ist möglich. Typische Symptome sind eine Vergröberung der Haut (Lichenifikation), vermehrte Schuppung, verstärkte Verhornung (Hyper­keratose), tiefe Hautrisse (Rhagaden) sowie eine Veränderung der Hautfarbe in Form einer De- oder Hyperpigmentierung (3, 4, 7).

Als Auslöser eines Krankheitsschubs kommen verschiedene Faktoren, zum Beispiel Klima, psychische Verfassung oder bestimmte Textilien, infrage. »Die Patienten haben zudem ein erhöhtes Risiko für IgE-vermittelte Sensibilisierungen gegen Aeroallergene und/oder Nahrungsmittelallergene«, sagt der Allergologe. »Während der Pollensaison erleben Menschen, die sowohl an Heuschnupfen als auch Neurodermitis leiden, oft eine Verschlechterung der Haut.« Als mögliche psychosomatische Komorbiditäten sind Schlafstörungen, die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Depressionen oder Phobien zu beachten (1, 4).

Pflege ist das A und O

Bis heute ist das atopische Ekzem nicht heilbar. Die gute Nachricht: Eine spontane Remission ist jederzeit möglich und die meisten Patienten erleben immer wieder Phasen, in denen die Krankheit keine oder kaum Beschwerden bereitet.

Eine kausale Therapie gibt es nicht. Ziel der rein symptomatischen Therapien ist es, Symptome zu verringern und eine bestmögliche Kontrolle der Krankheit zu erreichen. Die drei Pfeiler dabei sind eine Wiederherstellung der Barrierefunktion der Haut mit Basistherapeutika, ein Meiden von individuellen Triggern sowie eine antiinflammatorische Behandlung mit topischen Glucocorticoiden oder Calcineurin-Antagonisten (1, 4).

Oft helfen Allgemeinmaßnahmen, die Haut zu schonen und exogene Triggerfaktoren zu reduzieren (Tabelle 1). Ebenso sind nicht-medikamentöse Verfahren ergänzend zur Basispflege und zur Medikation hilfreich (Tabelle 2).

Die stadienabhängige Behandlung mit Basistherapeutika soll die trockene Haut mit Feuchtigkeit versorgen und die oft defekte Barrierefunktion wiederherstellen. Die konsequente Hautpflege ist auch in beschwerdefreien ­Intervallen essenziell. »Wichtig ist, die Behandlung stets an den aktuellen Zustand der Haut anzupassen«, sagt Buhl. »Bei sehr trockener Haut kann reine Vaseline eine Option sein. Wenn die Haut hingegen im Schub nässt und juckt, brauchen die Patienten eine eher leichte Creme, etwa eine hydratisierende Öl-in-Wasser-Emulsion.«

Welche Präparate toleriert werden, muss der Patient oft mühsam herausfinden. Grundsätzlich kann das Apothekenteam zum Beispiel Salben mit Harnstoff oder Harnstoff-haltige Cremes in Verbindung mit Natriumchlorid oder Zubereitungen mit Glycerin empfehlen. Auch spezielle Badezusätze sowie fett-feuchte Umschläge können helfen. Von Präparaten hingegen, die ­Inhaltsstoffe mit einem erhöhten Sensibilisierungspotenzial wie Duftstoffe, Wollwachsalkohole, Cetylstearylalkohole oder Methylisothiazolinon enthalten, ist abzuraten (4).

Dreiteiliges Stufenschema

Die symptomatische Behandlung erfolgt gemäß Leitlinie nach einem Stufenschema je nach Schweregrad der Hautsymptome (Grafik). Einen wichtigen Stellenwert zur antiinflammatorischen Therapie haben topische Glucocorticosteroide, vor allem schwache bis mittelstarke Wirkstoffe (Klasse 1 bis 2 gemäß Leitlinie). Beispiele für schwach wirksame Steroide sind Hydrocortison in den Konzentrationen 0,25 Prozent, 0,5 Prozent oder 1,0 Prozent und Pred­nisolon 0,25 Prozent. Zur Klasse II ­zählen unter anderem Dexamethason 0,08 Prozent und Prednicarbat 0,25 Prozent. Grundsätzlich hat das galenische Vehikel einen großen Einfluss auf die Wirksamkeit der topischen Therapie.

Das Apothekenteam sollte darauf hinweisen, dass die Substanzen nur zeitlich begrenzt zum Einsatz kommen sollten. Bei längerer Anwendung können Effekte wie eine Hautverdünnung auftreten. Zu beachten ist auch, dass beim Auftragen im Gesicht, im Genitalbereich sowie in den Beugen eine erhöhte Resorption und somit systemische Aufnahme stattfinden kann.

Als leitliniengerechte Beratung kann das Apothekenteam dem Patienten empfehlen, die Glucocorticoid-haltigen Topika konsequent (in der Regel) ein- bis (seltener) zweimal täglich bis zur Abheilung der einzelnen Läsionen anzuwenden. Daran schließt sich eine mehrmonatige (in der Regel dreimonatige) intermittierende Nachbehandlung an (4).

Es geht auch ohne Cortison

Die topischen Calcineurin-Antagonisten Tacrolimus und Pimecrolimus bieten eine Glucocorticoid-freie Alternative zur symptomatischen antientzündlichen Therapie bei Patienten ab zwei Jahren mit leichtem oder mittelschwerem atopischen Ekzem. Die seit 2002 zur The­rapie der Neurodermitis verfügbaren Wirkstoffe hemmen die Aktivierung des Enzyms Calcineurin, das für die Regula­tion der Immunantwort wichtig ist.

Vorteile der Wirkstoffe gegenüber Glucocorticoiden: Sie rufen keine unangenehmen Nebenwirkungen wie eine Atrophie der Haut oder periorale Dermatitis beim Auftragen im Mundbereich hervor. Zu den häufigen unerwünschten Wirkungen zählen jedoch Wärmegefühl, Brennen an der Applikationsstelle und ein erhöhtes Risiko für Herpesinfektionen. Die Calcineurin-­Inhibitoren verlieren ihre Wirksamkeit auch über einen längeren Behandlungszeitraum nicht.

Tacrolimus und Pimecrolimus sind vor allem dann indiziert, wenn eine Behandlung mit topischen Glucocorticoiden aufgrund von Nebenwirkungen nicht möglich ist, eine Unverträglichkeit gegen diese Wirkstoffe vorliegt oder diese nicht ausreichend wirken. Auch für eine Anwendung in »Problem­arealen«, zum Beispiel im Gesicht, auf intertriginösen, also eng aneinander liegenden, sich ständig berührenden Hautflächen, im Genitalbereich oder auf dem behaarten Kopf von Säuglingen (Capillitium) empfiehlt die Leitlinie die topischen Calcineurin-Antagonisten als First-Line-Therapie.

Das Apothekenteam sollte Patienten raten, wegen einer potenziellen Photokanzerogenität der Subtanzen auf strikten Sonnenschutz zu achten (8, 9, 10). »Grundsätzlich brauchen Patienten mit Neurodermitis Sonnenlicht nicht völlig zu meiden. Die Aufenthaltszeit in der Sonne sollte jedoch begrenzt sein und die Haut durch verträgliche Sonnenschutzprodukte und/oder Kleidung geschützt werden«, rät Buhl.

Off-Label-Use bei schweren Fällen

Bei sehr schweren Schüben ist die systemische Anwendung von Glucocorticoiden oder Ciclosporin A (nicht zugelassen für Kinder und Jugendliche) zu bedenken. Die orale Einnahme von Glucocorticoiden sollte nur als Kurzzeittherapie zur Unterbrechung eines akuten Schubs erfolgen, um das Risiko für mögliche systemische Nebenwirkungen gering zu halten (4). Off-label werden auch Azathioprin, Mycophenolat oder Methotrexat eingesetzt.

In Einzelfällen können antimikrobielle und antiseptische Substanzen angezeigt sein. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Patient auf topische Glucocorticoide oder Calcineurin-Inhibitoren nicht anspricht oder wenn eine bakterielle Superinfektion etwa mit Staphylococcus aureus vorliegt. Eine längerfristige Anwendung sollte jedoch vermieden werden, da die Gefahr von Resistenzbildungen und auch einer Sensibilisierung besteht (4).

Monoklonaler Antikörper mit neuem Wirkprinzip

Eine neue Therapieoption ist Dupilumab (Dupixent®). Der monoklonale Antikörper ist zur Behandlung von Erwachsenen mit moderater bis schwerer atopischer Dermatitis zugelassen. Das Medikament ist als Fertigspritze mit je 300 mg Dupilumab in einer ­Injektionslösung verfügbar und wird subkutan in den Oberschenkel oder das Abdomen verabreicht. Die erste Dosis, bestehend aus zwei Injektionen zu je 300 mg, wird an zwei verschiedenen Stellen injiziert; alle 14 Tage erfolgt eine weitere Injektion.

Das Wirkprinzip: Patienten mit atopischer Dermatitis produzieren hohe ­Konzentrationen an Interleukin-4 und Interleukin-13 (IL-4 und IL-13). Der monoklonale IgG4-Antikörper Dupilumab – Gewinner des PZ-Innovationspreises 2018 – richtet sich gegen die α-Unter­einheit des IL-4- und IL-13-Rezeptors, blockiert die Rezeptoren und verhindert dadurch die Wirkung der Inter­leukine. Als Nebenwirkungen können Reak­tionen an der Einstichstelle (Rötung, Schwellung und Juckreiz), Bindehautentzündung, Entzündung des Augenlids und Herpes-Infektion auftreten (11, 12).

IL-17-Antikörper als neuer Ansatz?

Führen Abwehrzellen, die vor Hefepilzen schützen, auch dazu, dass überschießende Immunreaktionen zur Entstehung von Neurodermitis beitragen? Im Fokus der Wissenschaftler stehen hier Interleukin-17-produzierende Immunzellen (21- 24).

IL-17 spielt eine Rolle beim Schutz vor dem Hautpilz Malassezia. Dieser Hefepilz gehört zur natürlichen Mikroflora der Haut und unterstützt das ­Immunsystem bei der Abwehr von Krankheitserregern. Er regt unter anderem Immunzellen dazu an, IL-17 zu produzieren. Gerät das Gleichgewicht auf der Körperoberfläche aus der Balance, können Proteine des Pilzes als Aller­gene eine überschießende Reaktion des Immunsystems hervorrufen. Das kann die Entstehung einer atopischen Dermatitis begünstigen.

Die Idee: Möglicherweise können Antikörper, die die Wirkung von Zytokinen der IL-17-Familie neutralisieren, als neuer Therapieansatz gegen Neurodermitis eingesetzt werden. Brodalumab (Kyntheum®), ein bereits zugelassener monoklonaler Antikörper gegen IL-17, bremst das Entzündungsgeschehen bei Schuppenflechte. Speziell gegen das Zytokin IL-17A richten sich die ebenfalls nur bei Psoriasis zugelassenen Anti­körper Ixekizumab und Secukinumab (Tabelle 3).

Herausforderung: Juckreiz

Ein großes Problem bei Neurodermitis ist der massive Juckreiz mit zeitweise nahezu unerträglichen Kratzanfällen. Wie dieser starke Pruritus entsteht, ist zum großen Teil noch unklar.

Orale H1-Antihistaminika werden zwar häufig eingesetzt, allerdings gibt es keine Evidenz für ihren Nutzen. Die Anwendung sollte laut Leitlinie daher nur in Einzelfällen bei schweren akuten Schüben und in Kombination mit anderen Maßnahmen erfolgen. Auch orale Cromoglicinsäure und Nedocromil ­sowie Ketotifen zeigen keinen therapeutischen Effekt auf den Juckreiz bei Neurodermitis.

In Zukunft könnte es jedoch für Patienten mit schwerem atopischen Ekzem eine neue Behandlungsmöglichkeit ­geben. Bermekimab ist ein gegen das Interleukin IL-1α gerichteter Antikörper (Tabelle 3). In den bisherigen Studien konnte das Biological Effloreszenzen verringern und vor allem den Juckreiz deutlich mindern. IL-1α spielt neuen Erkenntnissen zufolge eine auslösende Rolle bei der Entstehung des Juckreizes. Es wird bei Patienten mit atopischem Ekzem von defekten Keratinozyten gebildet. Das Zytokin löst vermutlich die Entzündungskaskade aus und verstärkt die Schmerzwahrnehmung und den Pruritus. Bermekimab hemmt IL-1α und scheint dadurch auch wirkungsvoll den Juckreiz zu bekämpfen. Für Patienten kann ein Rückgang des quälenden Juckreizes weniger Depressionen und mehr Lebensqualität bedeuten. Die Ergebnisse aus den ersten kleinen Studien müssen jetzt in weiteren Prüfungen bestätigt werden (13, 14).

Ebenfalls in ersten Studien erfolgreich getestet wurde der Antikörper Nemolizumab, der den Rezeptor für Interleukin 31 hemmt. Es kam zu einem deutlichen Rückgang des Juckreizes ­sowie zu einer Abheilung der Haut­läsionen (15, 16).

H4-Rezeptor-Blocker in der Pipeline

Ebenfalls erfolgreich am Menschen getestet wurde ein Histamin-4-Rezeptor-Blocker (ZPL-3893787). Diesen neuen Therapieansatz haben Forscher der ­Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover entwickelt.

ZPL-3893787 verhindert, dass Histamin an seine Rezeptoren andocken kann und unterbricht dadurch den Entzündungsprozess und lindert den Juckreiz. In einer Studie mit 98 Patienten halbierte sich nach acht ­Wochen der Anteil an Hautveränderungen wie Rötungen, Bläschen und Kratzspuren. Relevante Nebenwirkungen beobachteten die Mediziner nicht. Sie planen jetzt eine internationale Dosisfindungsstudie mit rund 400 Patienten (17, 18).

Mikrobiom: Mit »guten« Bakterien heilen?

Auch die Mikrobiom-Forschung bringt neue Erkenntnisse zur Neurodermitis zutage (26–28). Die Hautflora des Menschen besteht aus harmlosen und nützlichen Bakterien, die zusammen mit der Hautbarriere einen Schutzschild gegen Krankheitserreger bilden. Potenziell pathogene Bakterien aus der Umwelt können sich nur kurz oder gar nicht ansiedeln. Endogene Faktoren wie hormonelle Veränderungen, aber auch Faktoren wie Verletzungen, UV-Licht, Ernährung, falsches Hygieneverhalten, Lebensstil, Kosmetika sowie bestimmte Therapien können dazu führen, dass das natürliche Gleichgewicht der Bakterienflora durcheinandergerät. Es folgt eine Fehlbesiedelung der Haut, bei der sich bestimmte Keime übermäßig stark vermehren.

Gemäß den Erkenntnissen einer ­internationalen Forschergruppe um Professor Dr. Claudia Traidl-Hoffmann findet man in der Hautflora von Menschen mit atopischer Dermatitis im akuten Schub oft einen ungewöhnlich hohen Anteil von Staphylococcus aureus. Die Umweltmedizinerin von der TU München zeigte in ihren Untersuchungen: Je mehr Staphylokokken, desto ausgeprägter äußerte sich das Ekzem. Gleichzeitig nahm die bakterielle Vielfalt der Haut ab. Ob eine Behandlung mit geeigneten Hautkeimen zur Wiederherstellung des gesunden Gleich­gewichts eine neue Therapieoption gegen Neurodermitis sein könnte, müssen weitere Forschungen zeigen.

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