Qualitätssicherung auf Augenhöhe |
Der Pseudo Customer bewertet das Beratungsgespräch und gibt der Apotheke Feedback. / Foto: ABDA
PZ: Welche Rolle hat die Vor-Ort-Apotheke in Pandemiezeiten?
Benkert: Eine sehr große. Dies gilt natürlich für die Arzneimittelversorgung an sich. Wir haben aber auch gezeigt, wie schnell und flexibel wir auf aktuelle Herausforderungen reagieren können ‒ man denke an die Schnelltests oder die Versorgung der Ärzte mit Covid-19-Impfstoffen. Die Beratung in der Apotheke hat in diesen Zeiten eine noch größere Bedeutung. Während am Anfang der Pandemie die Aufklärung über das Krankheitsbild, Hygienemaßnahmen und die verschiedenen Masken im Vordergrund standen, geht es derzeit verstärkt um die Beratung zu den Antigentests und der Covid-19-Impfung. Hier ist mehr denn je die Kombination aus Kommunikationsfähigkeit und fachlicher Kompetenz der Apotheker gefragt.
PZ: Was zeichnet prinzipiell eine fachkundige Beratung aus?
Benkert: Zunächst einmal ‒ sie sollte aktiv angeboten werden. Symptome sollten hinterfragt werden, auch bezüglich ihrer Dauer und eventuell bereits angewandter therapeutischer Maßnahmen. Nur so kann eine fundierte Empfehlung ausgesprochen werden, ob für einen Therapieversuch im Rahmen der Selbstmedikation oder doch für einen Arztbesuch. Am Ende eines Beratungsgesprächs sollten Tipps, zum Beispiel über sinnvolle nicht medikamentöse Maßnahmen mitgegeben, aber auch über die Grenzen der Selbstmedikation informiert werden. Wer diese Grundlagen beachtet und dabei empathisch auf sein Gegenüber eingeht, erfüllt die Erwartungen an eine gute Beratung. Selbstverständlich sollte auch die Vertraulichkeit bei der Beratung berücksichtigt werden.
PZ: Wie kann das pharmazeutische Personal in seinen Fähigkeiten der Kommunikation und der individuellen Beratungsleistung auch zukünftig gestärkt werden?
BAK-Präsident Thomas Benkert / Foto: ABDA/Peter van Heesen
Benkert: Um stets auf dem aktuellen Wissensstand zu bleiben, sollten die vielfältigen Fortbildungsangebote etwa der Apothekerkammern genutzt werden. Zudem kann ein Kommunikationstraining die Fähigkeit verbessern, Wissen zu vermitteln. Um die eigene Beratungsleistung zu überprüfen und fachmännische Unterstützung zur Optimierung zu erhalten, kann ein Pseudo-Customer-Besuch bei der Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker gebucht werden.
PZ: Warum würden Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen empfehlen, einen Pseudo-Customer-Besuch zu buchen?
Benkert: Weil es eine gute Möglichkeit ist, sich selbst und auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu überprüfen und noch besser zu werden. Bei einem Pseudo-Customer-Besuch wird objektiv die Beratungsleistung ermittelt und in dem nachfolgenden Feedbackgespräch die Leistung des Beratenden gespiegelt. Mit ihm zusammen werden dann Verbesserungen erarbeitet. Bei den Besuchen werden mit festgelegten Szenarien die Kriterien Beratungsbereitschaft, Beratungsstruktur und Problemlösung erfasst. Der Pseudo Customer ist selbst Apotheker und speziell geschult, sodass eine angenehme Fortbildungssituation auf fachlicher Augenhöhe stattfinden kann. Das Pseudo-Customer-Konzept versteht sich als Maßnahme zur Qualitätssicherung und kann auch in das interne Fortbildungskonzept integriert werden.
PZ: Ist es trotz der derzeitigen hohen Belastung den Kollegen zuzumuten, jetzt auch noch einen Pseudo-Customer-Besuch zu buchen?
Benkert: Auch in der Pandemie muss doch gut beraten werden. Zu vielen Themen gibt es einen gesteigerten Beratungsbedarf. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Apotheken sind sich ihrer Verantwortung bewusst und haben 2020 auch trotz der schwierigen Situation und dem teils doch erheblichen Zeitdruck in der Offizin bei den Pseudo-Customer-Besuchen bewiesen, dass ihre Beratungsleistung konstant zu den Vorjahren ist. Die besuchten Apotheken haben uns auch wieder Feedback zu den Besuchen gegeben. Weit über 90 Prozent derjenigen, die uns eine Rückmeldung zu dem Pseudo-Customer-Besuch gaben, waren zufrieden. Zudem haben wir eine deutliche Steigerung der Teilnehmerzahlen bei Fortbildungen zu verzeichnen, die im vergangenen Jahr zunehmend als Online-Veranstaltung durchgeführt wurden. Die Erkenntnisse aus den Fortbildungen umzusetzen und dann noch mithilfe des Feedbacks eines Pseudo Customers ergänzen zu können, festigt die Qualität der eigenen Beratung.
Das Pseudo-Customer-Konzept ist eine bundesweite Maßnahme zur Verbesserung der Beratungsqualität in Apotheken. Ein Pseudo Customer ist eine Person, die sich in der Apotheke als Kunde ausgibt. Einem exakt vorgegebenen Leitfaden folgend spielt er seine Rolle. Dabei gibt er vor, unter einem Symptom zu leiden, ein spezielles Arzneimittel zu benötigen oder ein Rezept einlösen zu wollen. Nach dem Beratungsgespräch dokumentiert er anschließend das Gespräch mittels eines standardisierten Fragebogens, der fachliche und kommunikative Bewertungsaspekte beinhaltet. Unmittelbar im Anschluss findet in der Apotheke ein Gespräch mit dem Beratenden allein und dann zusammen mit dem Apothekenleiter beziehungsweise dem verantwortlichen Apotheker statt. Die Apotheke erhält auf diese Weise ein unmittelbares, konstruktives Feedback, das gleichzeitig ein individuelles Coaching für den Beratenden beziehungsweise die Apotheke beinhaltet. Ziel ist dabei, gemeinsam konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, mithilfe derer die Beratungsqualität verbessert werden kann.
Melden Sie sich hier online an. Oder nehmen Sie an der Online-Umfrage zum Pseudo-Customer-Konzept teil. Unter allen Teilnehmern wird ein Pseudo-Customer-Besuch verlost.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.