Psychiatrische Patienten optimal betreuen |
Bei der Kombination von Psychopharmaka blinkt häufig ein Interaktions-Alarm auf. Eine seit längerem gut vertragene Therapie muss dann aber nicht geändert werden, erklärte Holger Petri, Fachapotheker für Klinische Pharmazie der Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken Bad Wildungen. / Foto: Getty Images/AsiaVision
Beim Fortbildungswochenende der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt in Wernigerode drehte sich alles um psychische Erkrankungen und deren Therapie. Auf der Agenda standen unter anderem das Interaktionspotenzial von Psychopharmaka und die Rolle des Apothekers.
Interaktionen bei Arzneimitteln finden auf pharmakokinetischer und pharmakodynamischer Ebene statt. »Die wichtigste Phase-II-Interaktion, die man kennen sollte, ist die von Lamotrigin mit Sertralin«, sagte Holger Petri, Fachapotheker für Klinische Pharmazie der Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken Bad Wildungen. Letzteres verhindere die Glucuronidierung von Lamotrigin, was zu lebensbedrohlichen Hautreaktionen wie dem Stevens-Johnson-Syndrom und der toxischen epidermalen Nekrolyse führen könne.
Sertralin kann als ein Vertreter der SSRI auch am seltenen, aber lebensbedrohlichen Serotonin-Syndrom beteiligt sein. Es tritt innerhalb weniger Stunden auf und ist durch eine Symptom-Trias gekennzeichnet: Neuromuskuläre Hyperaktivität, autonome Instabilität und Bewusstseinsveränderungen.
»Problematisch ist die Kombination von serotonergen Arzneimitteln. Besonders relevant ist Tramadol, aber auch das Reserveantibiotikum Linezolid, Clomipramin oder Dextrometorphan-Missbrauch.« Hingegen spielen Petri zufolge Tilidin, Triptane und Setrone eine untergeordnete große Rolle, auch wenn die Fachinformationen entsprechende Passus enthalten und die Interaktionsprogramme eine Warnung ausgeben. Auch die alleinige Angabe »MAO-Hemmer« führe in die Irre, denn relevant seien nur Inhibitoren der MAO-A wie Tranylcypromin und nicht der MAO-B wie Rasagilin.
Der Krankenhausapotheker appellierte in dem Zusammenhang an seine Kollegen, bei dem Thema gelassen zu bleiben und den »Alarmismus« nicht mitzumachen, denn »eine seit längerem gut vertragene Therapie muss nicht geändert werden«. Beim Serotonin-Syndrom handele es sich vielmehr um eine Intoxikation, für die entsprechende Dosen nötig seien, und die könne man mit Agonisten allein nicht erreichen.
Auch bei Wechselwirkungen mit einer potenziellen QT-Zeit-Verlängerung sei ein Over-Alerting nicht angebracht. Petri empfahl Maßnahmen, die teils auch Apotheker in der Offizin durchführen könnten. Sie könnten dem Patienten beispielsweise empfehlen, ein EKG machen zu lassen und die Elektrolyte überprüfen zu lassen. Sie könnten auch nach Medikamenten-Pausen und nach Symptomen wie Schwindel und Stürzen fragen, insbesondere dann, wenn sich die Medikation verändert hat.