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Medikationsmanagement

Psychiatrische Patienten optimal betreuen

Bei Patienten mit psychiatrischer Medikation kann die Datenbank schon mal blinken. Wann ist die Rücksprache mit dem Arzt angebracht und was ist noch bei der pharmazeutischen Betreuung psychisch kranker Patienten zu beachten?
Wiebke Gaaz
17.04.2024  17:15 Uhr

Beim Fortbildungswochenende der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt in Wernigerode drehte sich alles um psychische Erkrankungen und deren Therapie. Auf der Agenda standen unter anderem das Interaktionspotenzial von Psychopharmaka und die Rolle des Apothekers.

Interaktionen bei Arzneimitteln finden auf pharmakokinetischer und pharmakodynamischer Ebene statt. »Die wichtigste Phase-II-Interaktion, die man kennen sollte, ist die von Lamotrigin mit Sertralin«, sagte Holger Petri, Fachapotheker für Klinische Pharmazie der Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken Bad Wildungen. Letzteres verhindere die Glucuronidierung von Lamotrigin, was zu lebensbedrohlichen Hautreaktionen wie dem Stevens-Johnson-Syndrom und der toxischen epidermalen Nekrolyse führen könne.

Sertralin kann als ein Vertreter der SSRI auch am seltenen, aber lebensbedrohlichen Serotonin-Syndrom beteiligt sein. Es tritt innerhalb weniger Stunden auf und ist durch eine Symptom-Trias gekennzeichnet: Neuromuskuläre Hyperaktivität, autonome Instabilität und Bewusstseinsveränderungen.

»Problematisch ist die Kombination von serotonergen Arzneimitteln. Besonders relevant ist Tramadol, aber auch das Reserveantibiotikum Linezolid, Clomipramin oder Dextrometorphan-Missbrauch.« Hingegen spielen Petri zufolge Tilidin, Triptane und Setrone eine untergeordnete große Rolle, auch wenn die Fachinformationen entsprechende Passus enthalten und die Interaktionsprogramme eine Warnung ausgeben. Auch die alleinige Angabe »MAO-Hemmer« führe in die Irre, denn relevant seien nur Inhibitoren der MAO-A wie Tranylcypromin und nicht der MAO-B wie Rasagilin.

Kein Alarmismus bei Interaktions-Meldungen

Der Krankenhausapotheker appellierte in dem Zusammenhang an seine Kollegen, bei dem Thema gelassen zu bleiben und den »Alarmismus« nicht mitzumachen, denn »eine seit längerem gut vertragene Therapie muss nicht geändert werden«. Beim Serotonin-Syndrom handele es sich vielmehr um eine Intoxikation, für die entsprechende Dosen nötig seien, und die könne man mit Agonisten allein nicht erreichen.

Auch bei Wechselwirkungen mit einer potenziellen QT-Zeit-Verlängerung sei ein Over-Alerting nicht angebracht. Petri empfahl Maßnahmen, die teils auch Apotheker in der Offizin durchführen könnten. Sie könnten dem Patienten beispielsweise empfehlen, ein EKG machen zu lassen und die Elektrolyte überprüfen zu lassen. Sie könnten auch nach Medikamenten-Pausen und nach Symptomen wie Schwindel und Stürzen fragen, insbesondere dann, wenn sich die Medikation verändert hat.

Ein gutes Verhältnis zum Patienten herstellen

»Psychiatrische Patienten haben ebenso somatische Erkrankungen wie der Rest der Bevölkerung, mit der Besonderheit, dass noch eine psychiatrische Medikation obendrauf kommt«, erklärte Sebastian Lenhart, Apothekenleiter im bayerischen Friedberg und Fachapotheker für Klinische Pharmazie. Dies sei bei etwa einem Drittel der Patienten, die in die Apotheke kommen, der Fall.

»Apotheker sind prädestiniert dafür, arzneimittelbezogene Probleme zu sehen, das ist ihre große Stärke.« Sie seien unabhängig von der Fachrichtung an nahezu jeder medikamentösen Therapie beteiligt und könnten auf Risiken und Unklarheiten hinweisen. Ab vier gleichzeitig verordneten Medikamenten steige die Wahrscheinlichkeit für eine ärztliche Intervention nach Apothekergespräch signifikant an, so Lenhart.

Er empfahl, beim Medikationsmanagement zusätzlich immer noch einmal in die Fachinformation zu schauen. In der schriftlichen Kommunikation mit dem Verordner sei es wichtig, einen kurzen und prägnant formulierten »Apothekerbrief« zu schreiben, der keine Checklisten oder Floskeln enthalten sollte.

Angst vor Nebenwirkungen ernst nehmen und ansprechen

Apotheker sollten wissen, vor welchen Nebenwirkungen sich die Patienten fürchten. »Die Angst vor Nebenwirkungen mit sichtbarer Komponente oder sozialem Stigma wie Zittern, Abhängigkeit oder Gewichtszunahme ist weit verbreitet«, so Lenhart.

Die Wissensvermittlung allein fördere aber die Adhärenz nicht, sagte der Apotheker. Viel wichtiger sei es, die Zufriedenheit mit der Aufklärung zu verbessern, denn sie korreliere in höchstem Maße mit der einstellungsbezogenen Adhärenz.

Positive Emotionen und ein entspanntes, zugewandtes Verhalten gegenüber Patienten scheinen einen guten Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Beratung zu haben. Erst, wenn ein gutes Verhältnis zu Patienten hergestellt wurde, Sorgen und Zweifel ernst genommen und Einsicht gefördert wurde, könnten Informationen wie Art der Anwendung, Einnahmezeitpunkte und Therapiedauer vermittelt werden.

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