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Herzenssache

Prävention schenkt Lebensjahre

Die aktualisierte europäische Leitlinie zur kardiovaskulären Prävention empfiehlt einen individualisierten und praxisnahen Ansatz. Die gesteckten Ziele sollen die Patienten nicht überfordern und die Adhärenz verbessern.
Nicole Schuster
27.03.2022  08:00 Uhr

Stress und Umweltfaktoren

Die wichtigsten kausalen, modifizierbaren Risikofaktoren sind Hyperlipidämien, Hypertonie, Zigarettenrauchen und Diabetes mellitus (DM) (1). Die Autoren der ESC-Leitlinie berücksichtigen zudem sogenannte Risikomodifizierer, die das Risiko in die eine oder andere Richtung verschieben können. Dazu gehören Stress und psychosoziale Faktoren, der koronare Calcium-Score als Maß der Verkalkung der Koronararterien und die Ethnizität.

Je mehr psychosozialer Stress, desto schneller entwickeln sich ASCVD und desto schneller schreiten sie voran. Indikatoren psychischer Gesundheit wie Optimismus und Zielstrebigkeit wiederum sind mit einem geringeren Risiko assoziiert (5).

Mehr Aufmerksamkeit bekommt auch die Ethnizität. In Europa leben zahlreiche Menschen, deren ethnischer Ursprung in Ländern wie Indien, China, Nordafrika oder Pakistan liegt und deren Risiko sich von dem der weißen Europäer unterscheiden kann. Basierend auf Daten aus dem Vereinigten Königreich ist zum Beispiel das Risiko für Inder und Bangladescher mit 1,3 und für Pakistaner mit 1,7 zu multiplizieren, für Schwarzafrikaner und Chinesen jedoch nur mit 0,7. Warum diese Unterschiede bestehen, ist noch nicht ausreichend erforscht. Ein Multiplikationsfaktor kann das kardiovaskuläre Risiko aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit unabhängig von anderen Faktoren berücksichtigen (1, 6).

Gesund leben als Basis

Für alle Patienten gilt, dass sie nicht rauchen beziehungsweise mit dem Rauchen aufhören und zu Lebensstiländerungen ermutigt werden sollten (Tabelle 1). Weitere Behandlungsziele bezüglich Blutdruck- und Blutfettwerten sind abhängig von der Grundkonstellation der Patienten, also ob sie sich gesund fühlen oder eine der Krankheiten Typ-2-Diabetes mellitus, familiäre Hypercholesterolämie (FH), chronische Niereninsuffizienz oder ASCVD haben. Dabei ist es wichtig, den Einzelfall zu betrachten und den Patienten in die therapeutischen Entscheidungen einzubeziehen (1).

Bereich Präventionsziele
Ernährung gesunde Mischkost mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Fisch und ungesättigten Fettsäuren
mehr pflanzliche und weniger tierische Lebensmittel
30 bis 45 g Ballaststoffe pro Tag, vorzugsweise aus Vollkorn
mindestens 200 g Obst und 200 g Gemüse pro Tag
rotes und verarbeitetes Fleisch reduzieren
(fetten) Fisch ein- bis zweimal pro Woche
30 g ungesalzene Nüsse pro Tag
zuckergesüßte Getränke reduzieren
Kochsalzzufuhr unter 5 g/Tag
Alkoholkonsum nur moderater Genuss, täglich maximal:
Männer ≤ 20 bis 30 g und Frauen ≤ 10 bis 20 g
Tabakkonsum Tabakabstinenz, bei Rauchern Entwöhnung
Körpergewicht Gewichtsreduktion auf einen BMI von 20 bis 25 kg/m2 sowie Taillenumfang:
Männer < 94 cm und Frauen < 80 cm
Bewegung regelmäßige moderate Bewegung, zum Beispiel Walken, Joggen, Radfahren oder Schwimmen für mindestens 30 Minuten an fünf bis sieben Tagen pro Woche
Tabelle 1: Lebensstiländerungen: Präventionsziele auf einen Blick

Die Basis von allem ist ein gesunder Lebensstil. Wer viel sitzt, hat ein höheres Risiko, Herz-Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten zu entwickeln. Präventiv wirkt bei Erwachsenen jeden Alters, körperlich aktiv zu sein: mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche mit moderater Intensität (Gehen in mäßigem oder zügigem Tempo, langsames Radfahren bis 15 km/h, Gesellschaftstanz) oder 75 bis 150 Minuten pro Woche mit hoher Intensität (Laufen, Joggen, Radfahren > 15 km/h, Schwimmen). Das kann die Gesamt- und die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität reduzieren. Auch Haus- und Gartenarbeit wie Staubsaugen oder Rasenmähen zählt als Bewegung (1).

Ernährungsgewohnheiten wirken sich auf Lipide, Blutdruck, Körpergewicht und Diabetes aus. Auch hier ist die gute Nachricht, dass Patienten ihr Risikoprofil verbessern können. Empfehlenswert ist die »mediterrane Ernährungsweise« mit einem hohen Anteil an Gemüse und Vollkornprodukten (Tabelle 1). Die Kalorienaufnahme sollte dem individuellen Kalorienverbrauch entsprechen. Fettleibige Menschen profitieren von einer Gewichtsreduktion (1).

Die mit Abstand beste Evidenz liegt für Nichtrauchen und körperliche Aktivität vor. Viele zum Teil aus kommerziellen Interessen propagierte Ernährungsempfehlungen sind nicht durch belastbare Studien gesichert und dürfen nicht dazu führen, notwendige pharmakologische Therapien zu verzögern. Eine fachkundige Beratung in der Apotheke kann dazu beitragen, Patienten vor oft gefährlicher Scharlatanerie zu schützen.

Viele Menschen suchen in der Apotheke auch Informationen zu Nahrungsergänzungsmitteln (NEM), etwa mit Fischöl und Omega-3-Fettsäuren. Allerdings ist eine Nutzenbewertung schwierig, da sich die in der Menge zahlreichen Studien in Studiendesign und Dosis/Art der getesteten Substanz unterscheiden. Es gibt Hinweise aus der REDUCE-IT-Studie, dass gereinigte Eicosapentaensäure (EPA) wirksamer sein könnte als die Kombination mit Docosahexaensäure (DHA) (7). Ein Risiko der Omega-3-Präparate könnte Vorhofflimmern (VHF) sein, wie die PZ im November 2021 berichtete (8). Andere Studien wie die STRENGTH-Studie, in denen Mischpräparate aus EPA und DHA eingesetzt wurden, sowie eine Metaanalyse aus 2018 zeigten hingegen enttäuschende Ergebnisse. Es ließ sich kein klinisch relevanter Unterschied hinsichtlich der Rate an Herz-Kreislauf-Vorfällen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall beziehungsweise Sterblichkeit gegenüber Placebo ableiten (9, 10).

Ob sich die Einnahme der Vitamine A, E, D und C sowie der B-Vitamine B6, Folsäure und B12 auf das ASCVD-Risiko auswirkt, konnte in Studien nicht eindeutig bestätigt werden. Von anderen NEM, etwa mit Rotschimmelreis, der Cholesterol-Werte senken soll, raten die Autoren der Präventionsleitlinie wegen möglicher Nebenwirkungen ab (1).

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