Prävention schenkt Lebensjahre |
Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes ist zu bedenken, dass diese oft mehrere kardiovaskuläre Risikofaktoren einschließlich Dyslipidämie und Bluthochdruck haben. Grundlage der Behandlung ist auch hier eine nicht medikamentöse Basistherapie.
Das traditionelle Diabetesmedikament Metformin empfehlen die Autoren der europäischen Leitlinie weiterhin als Erstlinientherapie für Personen ohne manifeste atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankung. Bei einer bestehenden Erkrankung werden SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten empfohlen, die nachweislich kardiovaskuläre und/oder kardiorenale Ereignisse reduzieren. Auch für Patienten, die bereits Organschäden durch den Diabetes haben, sind diese Arzneistoffgruppen vorteilhaft, bei Nierenschäden und HFrEF speziell SGLT2-Hemmer (1, 22).
Als Ziel-HbA1c zur Reduktion des CVD-Risikos und von mikrovaskulären Komplikationen gibt die ESC-Leitlinie einen Wert unter 7,0 Prozent (53 mmol/mol) für die Mehrheit der Erwachsenen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes vor. Die Autoren der deutschen Nationalen Versorgungsleitlinie Diabetes plädieren hingegen dafür, individualisierte Therapieziele festzulegen, und sprechen von einem HbA1c-Zielbereich zwischen 6,5 und 8,5 Prozent. Sie gründen das darauf, dass eine »normnahe« Blutzuckereinstellung mit einem Langzeitwert zwischen 6,4 und 7,2 Prozent nur geringe Vorteile bringe, aber die Rate an Hypoglykämien sowie schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen ansteige (22, 23).
Erhöhte Werte an LDL-Cholesterol (LDL-C) und anderen Apolipoprotein-B-(ApoB-)haltigen Lipoproteinen zählen zu den Hauptursachen für ASCVD. Zur Risikoabschätzung bestimmen Ärzte in der klinischen Praxis in der Regel den Plasma-LDL-Wert.
Hypertonie, Diabetes, Lipidstörungen: Die Liste der behandelbaren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist lang. Ärzte und Apotheker können die Patienten zur effektiven Therapie ermutigen. / Foto: Adobe Stock/Agenturfotografin
Die Autoren der Präventionsleitlinie plädieren für eine zielwertorientierte Lipidtherapie nach individuell festgelegten LDL-Zielen und dem Grad des kardiovaskulären und renalen Risikos (Tabelle 2). Bei geringerem Risiko ist ein Wert unter 116 mg/dl anzupeilen, bei moderatem Risiko unter 100 mg/dl, bei hohem Risiko unter 70 mg/dl und bei sehr hohem Risiko unter 55 mg/dl. Bei hohem und sehr hohem Risiko ist zudem eine Senkung mindestens um die Hälfte des Ausgangswerts empfehlenswert (1).
Besonders wichtig ist die Lipidtherapie für Menschen mit familiärer Hyperlipoproteinämie (FH). Bei dieser Krankheit sind Rezeptoren defekt, sodass weniger oder im Extremfall gar kein LDL-Cholesterol zum Abbau in die Zellen transportiert werden kann (24). Unbehandelt entwickeln Männer und Frauen mit heterozygoter FH häufig bereits vor dem Alter von 55 oder 60 Jahren eine KHK. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können dem entgegenwirken. Die Prävalenz der FH in der Bevölkerung wird auf 1/200 bis 250 geschätzt. Nur ein kleiner Teil der Patienten wird erkannt und angemessen behandelt (25).
Bevor der Arzt eine Therapie einleitet, sollte er sekundäre Hyperlipoproteinämien ausschließen. Diese treten bei bestimmten Grunderkrankungen auf und normalisieren sich, wenn die auslösende Krankheit adäquat behandelt wird. Sekundäre Hyper- und Dyslipidämien können sich unter anderem infolge von Diabetes, Hypothyreose, Nieren- oder Lebererkrankungen, Alkoholabusus, in der Schwangerschaft, aber auch unter Einnahme von Steroidhormonen und Arzneimitteln wie Betablockern oder Thiaziddiuretika entwickeln (26).