Prävention schenkt Lebensjahre |
Das kardiovaskuläre Risiko ist bei Rauchern unter 50 Jahren fünffach höher als bei Nichtrauchern (1, 11). Während der Pandemie ist die Zahl der Raucher jedoch wieder gestiegen, wie die repräsentative Langzeitstudie Debra (Deutsche Befragung zum Rauchverhalten) zeigt. So rauchten Ende 2019 rund 27 Prozent der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren; Ende 2020 etwa 27,5 Prozent und Ende 2021 waren es 31 Prozent (12).
Das Rauchen aufzugeben, lohnt sich immer. Selbst bei starken Rauchern (20 und mehr Zigaretten/Tag) senkt ein Rauchstopp das kardiovaskuläre Risiko innerhalb von fünf Jahren (1). Zu den evidenzbasierten medikamentösen Interventionen gehören die Nikotinersatztherapien (NET) sowie die Arzneistoffe Bupropion, Vareniclin und Cytisin. Kombinationen aus schnellfreisetzenden Nikotinersatzprodukten und -pflastern sowie 4 mg Nikotinkaugummi im Gegensatz zu 2 mg können den Erfolg steigern (13).
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Luft- und Bodenverschmutzung, Veränderungen durch den Klimawandel sowie Lärmbelästigung gehören zu den modifizierbaren Risikofaktoren. Ein Review aus 2021 kam zu dem Ergebnis, dass 2019 rund neun Millionen Todesfälle weltweit durch Umweltverschmutzung verursacht wurden und 61,9 Prozent davon kardiovaskulär bedingt waren.
Luftverschmutzung erhöht das Risiko von Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Feinstaub wird hauptsächlich durch Straßenverkehr, Kraftwerke sowie Industrie- und Wohnheizungen mit Öl, Kohle und Holz erzeugt. Höhere Temperaturen infolge des Klimawandels bedeuten mehr Waldbrände, bei denen Rußpartikel freigesetzt und durch den Rauch verbreitet werden. Temperaturextreme und starke Temperaturschwankungen sind auch direkt mit einer erhöhten Sterblichkeit durch Myokardinfarkt und Schlaganfall assoziiert. Lärmbelästigung, vor allem in der Nacht, ist ein Stressfaktor, der das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck bis hin zum Herzinfarkt erhöhen kann.
Heilberufler wie Apotheker können ihre Patienten dabei unterstützen, die schädlichen Einflüsse von Umweltfaktoren zu reduzieren. Dazu gehört, sich an Tagen mit »schlechter Luft« möglichst wenig im Freien aufzuhalten und dort vor allem auf körperliche Aktivität zu verzichten. Risikogruppen sollten eine Gefahrstoffexposition am Arbeitsplatz möglichst vermeiden oder reduzieren. Auf Gasherde, Kamine, Plug-in-Düfte, Weihrauch und andere Quellen der Luftbelastung ist im Haushalt besser zu verzichten. Luftreiniger und Klimaanlagen können dagegen für eine sauberere Luft sorgen.
Wer gerne reist, meidet am besten Ziele in stark belasteten Regionen. Aktuelle Daten über die regionale Luftverschmutzung bietet der online abzurufende Air Quality Index der Environmental Protection Agency (www.airnow.gov/aqi/aqi-basics).
Quellen: 1, 34, 35
Der Nikotinrezeptor-Partialagonist Vareniclin in der Dosis von 1 mg zweimal täglich verbessert einem Review zufolge langfristig die Aufhörraten im Vergleich zu Placebo und sei erfolgreicher als eine NET oder Bupropion (14). Positive Daten zu Effekten auf kardiovaskuläre Endpunkte liegen jedoch nicht vor. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Vareniclin und neuropsychiatrischen unerwünschten Ereignissen ist unwahrscheinlich (15). Doch gilt hier nicht, viel hilft viel: Eine Therapie mit Vareniclin über 24 statt der üblichen zwölf Wochen erhöht einer aktuellen Studie zufolge ebenso wenig die Erfolgsquote wie eine Kombination mit Nikotinpflastern im Vergleich zu einer Vareniclin-Monotherapie (16).
Cytisin, ein Alkaloid des Goldregens, soll das Verlangen nach Nikotin reduzieren. Es ist seit Dezember 2020 in Deutschland verfügbar (1,5 mg Tabletten). Studien zeigen, dass der Wirkstoff bei der Raucherentwöhnung unterstützen könnte, belastbare Evidenz liegt aber nicht vor (14).
Einige Raucher steigen auf elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) um. Diese simulieren brennbare Zigaretten, indem sie Nikotin und andere Chemikalien zu Dampf erhitzen. E-Zigaretten liefern Nikotin, aber weniger andere Tabakchemikalien, weshalb sie als weniger gefährlich als Tabak gelten können. Die Langzeitwirkungen sind unklar (17–20). Als Mittel zur Raucherentwöhnung werden E-Zigaretten nicht empfohlen.