Organ-spezifische Entgleisung des Metabolismus |
Theo Dingermann |
23.08.2019 09:16 Uhr |
Die Sepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, deren Behandlungsmöglichkeiten nach wie vor weitgehend unzureichend sind. / Foto: Shutterstock/Jarun Ontakrai
Mit dem Ziel, die zugrunde liegenden pathologischen Mechanismen der Erkrankung genauer zu verstehen, haben sich Forscher um Dr. Amro Ilaiwy vom Sarah W. Stedman Ernährungs- und Stoffwechselzentrum am Duke University Medical Center die Stoffwechselveränderungen in verschiedenen Organen in einem Sepsis-Großtiermodell angeschaut. Dabei konnten sie häufige und organspezifische Stoffwechselveränderungen identifizieren. Auf Basis dieser Ergebnisse sollten sich neue, rationale Interventionsstrategien entwickeln lassen. Die Publikation erschien nun im »American Journal of Pathology«.
Sepsis ist eine Multiorgan-Krankheit, von der unter anderem Ileum und Jejunum, die Leber, der Muskelapparat und die Lunge betroffen sind. Die spezifischen Stoffwechselveränderungen in den einzelnen Organen waren bisher unerforscht. Um Einblicke in diese wichtigen Prozesse bei einer Sepsis zu bekommen, infundierten die Forscher Schweinen intravenös Pseudomonas-aeruginosa-Bakterien, die von einem Sepsis-Patienten isoliert worden waren. 18 Stunden später untersuchten sie den Metabolismus in den unterschiedlichen Organen.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich im Ileum und in der Leber insbesondere eine signifikant veränderte Homöostase des Linolsäure-Stoffwechsel eingestellt hatte. Im Ileum und in der Lunge war der Valin/Leucin/Isoleucin-Stoffwechsel verändert und im Jejunum, im Skelettmuskel-Apparat und in der Leber wurden signifikante Veränderungen im Arginin/Prolin-Stoffwechsel registriert. Zudem zeigte sich in den Skelettmuskeln und in der Lunge eine abweichende Aminoacyl-tRNA-Biosynthese-Aktivität.
Die Analyse prominenter Stoffwechselwege offenbarte ebenfalls teils markante, gewebespezifische Veränderungen. Im Jejunum betrafen sie den Zitronensäurezyklus, im Skelettmuskel den β-Alaninstoffwechsel und in der Leber den Purinstoffwechsel. Manche dieser Veränderungen waren Organ-überlappend, andere Organ-spezifisch.
Daraus lassen sich wichtige Schüsse dahingehend ableiten, wie es im Laufe einer Sepsis schließlich zum Organversagen kommt. Dieses Wissen kann wiederum dazu beitragen, neue therapeutische Optionen zur Behandlung einer Sepsis zu entwickeln. Derartige Interventionen könnten auf die Behandlung mehrerer Organe abzielen (zum Beispiel Ausgleich der Defizite im Arginin/Prolin-Stoffwechsel in Jejunum, Skelettmuskel und Leber), oder sie können sich auf die spezifische Versorgung bestimmter Organe konzentrieren (zum Beispiel Ausgleich von Carnosin-Defiziten, die nur im Skelettmuskel vorkommen).
Die Ergebnisse der Studie belegen noch einmal sehr deutlich, dass eine Sepsis eine Störung eines Organnetzwerks ist. Dies sollte Konsequenzen für die Therapie haben. Es scheint wichtig zu sein, eine Sepsis als eine umfassendere Systemkrankheit zu betrachtet, die durch pathologische Veränderungen in verschiedenen Stoffwechselwegen getragen wird. Somit sollten spezifische Organschäden im Rahmen einer Sepsis durch therapeutische Interventionen verhindert oder gestoppt werden, die auf komplexe Stoffwechselnetzwerke abzielen, so Ilaiwy.