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Antikörper-vermittelte Immunität

Omikron-Variante hochgradig resistent

Weitere Laborversuche bestätigen erste Ergebnisse, wonach die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 von Antikörpern, die infolge einer Impfung oder durchgemachten Infektion gebildet wurden, kaum erkannt wird. Auch therapeutische Antikörper sind zumeist wirkungslos.
Theo Dingermann
16.12.2021  07:00 Uhr

Die rasche Ausbreitung der SARS-CoV-2-Variante Omikron lässt erwarten, dass sie sich weltweit durchsetzen wird. Ein Grund dafür ist wohl die außergewöhnlich hohe Mutationsdichte im viralen Spike-Protein (S-Protein). Dadurch scheint das Virus in der Lage zu sein, einer Abwehr durch therapeutische Antikörper und durch Antikörper, deren Bildung durch eine Infektion oder eine Impfung induziert wurde, effizient zu entgehen.

Aktuell berichten Wissenschaftler um Dr. Markus Hoffmann vom deutschen Primatenzentrum in Göttingen in einer Vorabpublikation auf »BioRxiv«, dass das S-Protein der Omikron-Variante verschiedenen S-Protein-spezifischen Antikörpern mit einer bis zu 44-fach höheren Effizienz ausweichen kann, als dies einem S-Protein der Delta-Variante gelingt.

Die Autoren ermittelten ihre Daten mithilfe pseudotypisierter Vesikulärer Stomatitis-Viren (VSV). Bei diesen ist die genetische Information für das virale Glykoprotein (VSV-G) durch die für das S-Protein ersetzt. Mit solchen pseudotypisierten Partikeln lassen sich die wichtigsten Merkmale des Eindringens von SARS CoV-2 in Zielzellen studieren, darunter die Spezifität für den Rezeptor, die Funktion der Protease, die das S-Protein in der Furin-Region spaltet, sowie die Neutralisierung der S-Protein-Funktionen durch Antikörper. Zudem lässt sich die Neutralisierungskapazität von Antikörper-Präparaten ermitteln.

Als Kontrolle verwendeten die Wissenschaftler pseudotypisierte VSV-Partikel, die ein S-Protein aus dem SARS-CoV-2-Wildtypstamm mit einer D614G-Mutation enthält. Diese Mutation verschafft dem Virus auch einen Vorteil gegenüber dem Ursprungsstamm.

In den Versuchen war das S-Protein der Omikron-Variante in der Lage, an ACE2-Rezeptoren zu binden, die in verschiedenen humanen, aber auch tierischen Zelllinien exprimiert werden. Daraus schließen die Autoren, dass die Mutationen in der Rezeptorbindedomäne des Omikron-S-Proteins nicht die Wechselwirkungen mit den ACE2-Rezeptoren beeinträchtigen. Vielmehr bindet das Omikron-S-Protein effizient an ACE2-Rezeptoren und vermittelt einen robusten Eintritt in verschiedene ACE2-positive Zelllinien.

Wirkungseinbußen bei therapeutischen Antikörpern

Besorgniserregend ist die Beobachtung, dass auch therapeutische Antikörper an antiviraler Effektivität zu verlieren scheinen. Die Autoren testeten mehrere rekombinante, neutralisierende monoklonale Antikörper, darunter die bereits in der EU zugelassene Kombination Casirivimab und Imdevimab (Ronapreve®) sowie Etesevimab/Bamlanivimab, für die das Zulassungsverfahren in der EU auf Initiative der Herstellers Eli Lilly kürzlich gestoppt wurde.

Alle getesteten Antikörper hemmten den durch die Kontrollen ausgelösten Eintritt auf robuste und konzentrationsabhängige Weise. Im Gegensatz dazu war der durch das Omikron-S-Protein ausgelöste Eintritt vollständig resistent gegen Bamlanivimab, Etesevimab und Imdevimab sowie weitgehend resistent gegen Casirivimab. In Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen konnte ein Cocktail aus Bamlanivimab und Etesevimab den durch das Omikron-S-Protein vermittelten Eintritt nicht hemmen, während die Hemmung durch einen Cocktail aus Casirivimab und Imdevimab ineffizient war.

Einzig der in Xevudy® enthaltene monoklonale Antikörper Sotrovimab, der sich aktuell im Zulassungsverfahren befindet, blieb auch gegen die Omikron-Variante wirksam. Allerdings war auch in diesem Fall die Hemmung etwas weniger effizient als im Fall einer Kontrolle.

Schließlich konnten die Autoren zeigen, dass auch Antikörper, die durch eine Impfung mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff Comirnaty® oder nach einer Infektion durch eine andere Virusvariante induziert wurden, kaum noch Neutralisierungspotenzial entfalteten. Zwar wurde das Omikron-S-Protein durch Seren von heterolog mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff Vaxzevria® und Comirnaty Geimpften oder durch Seren von dreifach mit Comirnaty Geimpften effizienter inaktiviert. Allerdings neutralisierten diese Seren immer noch wesentlich deutlicher ein Delta-S-Protein als ein Omikron-S-Protein.

Chinesische Gruppe mit ähnlichen Ergebnissen

Dass Seren von Genesenen ihre Neutralisationskapazität gegenüber der Omikron-Variante massiv einbüßen, konnte auch von einer Gruppe um Li Zhang von der staatlichen chinesischen Gesundheitsbehörde NIFDC in Peking gezeigt werden, die ihre Daten jetzt in »Emerging Microbes & Infections« publizierte. Diese Gruppe arbeitete ebenfalls mit pseudotypisierten Viren und verwendete auch denselben Referenzstamm wie die deutsche Gruppe.

Im Vergleich zu diesem Stamm nahm die mittlere Neutralisationseffektivität von Rekonvaleszenten-Seren gegenüber Omikron um den Faktor 8,4 ab. Dieser Rückgang war viel höher als bei anderen pseudotypisierten besorgniserregenden oder unter Beobachtung stehenden Virusvarianten (VOC und VOI), bei denen die Autoren lediglich eine Abnahme der Neutralisationsaktivität um das 1,2- bis 4,5-Fache ermittelten.

Auch diese Ergebnisse deuten somit darauf hin, dass die Omikron-Variante einen Schutz durch eine frühere SARS-CoV-2-Infektion oder einen durch Impfung hervorgerufenen Immunschutz unterlaufen wird.

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