Omikron-Variante hochgradig resistent |
Theo Dingermann |
16.12.2021 07:00 Uhr |
Besorgniserregend ist die Beobachtung, dass auch therapeutische Antikörper an antiviraler Effektivität zu verlieren scheinen. Die Autoren testeten mehrere rekombinante, neutralisierende monoklonale Antikörper, darunter die bereits in der EU zugelassene Kombination Casirivimab und Imdevimab (Ronapreve®) sowie Etesevimab/Bamlanivimab, für die das Zulassungsverfahren in der EU auf Initiative der Herstellers Eli Lilly kürzlich gestoppt wurde.
Alle getesteten Antikörper hemmten den durch die Kontrollen ausgelösten Eintritt auf robuste und konzentrationsabhängige Weise. Im Gegensatz dazu war der durch das Omikron-S-Protein ausgelöste Eintritt vollständig resistent gegen Bamlanivimab, Etesevimab und Imdevimab sowie weitgehend resistent gegen Casirivimab. In Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen konnte ein Cocktail aus Bamlanivimab und Etesevimab den durch das Omikron-S-Protein vermittelten Eintritt nicht hemmen, während die Hemmung durch einen Cocktail aus Casirivimab und Imdevimab ineffizient war.
Einzig der in Xevudy® enthaltene monoklonale Antikörper Sotrovimab, der sich aktuell im Zulassungsverfahren befindet, blieb auch gegen die Omikron-Variante wirksam. Allerdings war auch in diesem Fall die Hemmung etwas weniger effizient als im Fall einer Kontrolle.
Schließlich konnten die Autoren zeigen, dass auch Antikörper, die durch eine Impfung mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff Comirnaty® oder nach einer Infektion durch eine andere Virusvariante induziert wurden, kaum noch Neutralisierungspotenzial entfalteten. Zwar wurde das Omikron-S-Protein durch Seren von heterolog mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff Vaxzevria® und Comirnaty Geimpften oder durch Seren von dreifach mit Comirnaty Geimpften effizienter inaktiviert. Allerdings neutralisierten diese Seren immer noch wesentlich deutlicher ein Delta-S-Protein als ein Omikron-S-Protein.
Dass Seren von Genesenen ihre Neutralisationskapazität gegenüber der Omikron-Variante massiv einbüßen, konnte auch von einer Gruppe um Li Zhang von der staatlichen chinesischen Gesundheitsbehörde NIFDC in Peking gezeigt werden, die ihre Daten jetzt in »Emerging Microbes & Infections« publizierte. Diese Gruppe arbeitete ebenfalls mit pseudotypisierten Viren und verwendete auch denselben Referenzstamm wie die deutsche Gruppe.
Im Vergleich zu diesem Stamm nahm die mittlere Neutralisationseffektivität von Rekonvaleszenten-Seren gegenüber Omikron um den Faktor 8,4 ab. Dieser Rückgang war viel höher als bei anderen pseudotypisierten besorgniserregenden oder unter Beobachtung stehenden Virusvarianten (VOC und VOI), bei denen die Autoren lediglich eine Abnahme der Neutralisationsaktivität um das 1,2- bis 4,5-Fache ermittelten.
Auch diese Ergebnisse deuten somit darauf hin, dass die Omikron-Variante einen Schutz durch eine frühere SARS-CoV-2-Infektion oder einen durch Impfung hervorgerufenen Immunschutz unterlaufen wird.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.