Österreich: Schnelltest-Abgabe auch an Laien, Masken per Post |
Cornelia Dölger |
30.12.2020 13:00 Uhr |
Land im Lockdown: Auch in Österreich gelten strenge Vorkehrungen zur Eindämmung des Coronavirus. Das Dienstleistungsspektrum der Apothekerinnen und Apotheker ist in der Pandemie breiter als zuvor. / Foto: Getty Images/Gwengoat
Aktuell stellten viele Apothekenkunden Fragen zu Coronavirus-Impfungen und Testmöglichkeiten, aber auch zu Desinfektion oder zur richtigen Handhabung von Schutzmasken, erklärt der österreichische Apothekerverband auf Anfrage der Pharmazeutischen Zeitung. »Zudem beraten die österreichischen Apotheken viele Patientinnen und Patienten, die an chronischen Erkrankungen leiden und dadurch zu den Risikogruppen gehören«, so die Interessenvertretung, der 95 Prozent der österreichischen Apotheken angehören, das sind derzeit etwa 1400 Offizinen.
Während der Pandemie hat sich das Dienstleistungsspektrum der Apotheker erweitert. Anders als sonst dürfen Apotheken ihre Kunden mit rezeptfreien Arzneimitteln beliefern; diese Möglichkeit der speziellen Zustelldienste ist ausdrücklich der Pandemiesituation vorbehalten. Im Regelfall dürfen Apotheken in Österreich nur in »dringend benötigten Einzelfällen« Arzneimittel, auch rezeptpflichtige, zustellen, erklärt der Apothekerverband. Ausgenommen von der Regelung sind demnach nur registrierte Versandapotheken – »das sind aktuell einige Dutzend«, so der Verband.
Darüber hinaus hatten die Apotheken während der ersten Coronavirus-Welle im Frühjahr Desinfektionsmittel herzustellen, um die Versorgung damit zu sichern. In den Offizinen werde zudem zu den aktuellen Coronavirus-Schutzmaßnahmen sowie zu präventiven Maßnahmen wie der Stärkung des Immunsystems beraten, hieß es von der Apothekerkammer. Einige ausgewählte Apotheken böten PCR-Tests zum Gurgeln an, die direkt dort durchgeführt und per Lieferdienst oder Großhandel an die Labore weitergeschickt werden. Bei diesen Tests ersetzt das Gurgeln den Rachenabstrich – ein Verfahren, das von Wiener Forschern entwickelt wurde.
Covid-19-Antigen-Schnelltests dürfen in österreichischen Apotheken abgegeben werden – und zwar auch an Privatpersonen. Werden in einer Apotheke Antigentests angeboten, muss das beim Gesundheitsministerium gemeldet werden, teilte der österreichische Apothekerverband auf Anfrage der PZ mit. In Deutschland ist die Test-Abgabe an Laien nach wie vor verboten. Seit Anfang Dezember gilt hierzulande, dass Schnelltests auch an Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertageseinrichtungen, Kinderhorte, Kindertagespflegeeinrichtungen, Schulen, Heime und Ferienlager abgegeben werden können. Apotheken können seitdem auch Bildungseinrichtungen mit den Schnelltests versorgen.
In Österreich wie in Deutschland müssen Apothekenmitarbeiter, die Antigentests durchführen wollen, entsprechend geschult sein. Außerdem dürften »diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen sowie Sanitäterinnen und Sanitäter unter ärztlicher Aufsicht« Tests durchführen. Die Apothekerkammer stellt dafür Schulungsmaterial bereit. Getestet werden dürfen nur symptomfreie Personen.
»Spezialisierte Apotheken bieten Antigen-Schnelltests an und ermöglichen so auch symptomfreien Menschen einen einfachen und raschen Zugang zu Information über den Infektionsstatus«, erklärte Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, auf Anfrage der PZ. Viele Menschen wollten über ihren Infektionsstatus Bescheid wissen. Vor allem in ländlichen Gebieten, wo das nächste Labor weit entfernt sei, habe sich das bislang schwierig gestaltet. Antigen-Schnelltests könnten in solchen Fällen wertvolle Informationen liefern. In jüngster Zeit habe es viele Anfragen dazu in Apotheken gegeben. Die Kammer zeigt auf ihrer Website eine täglich aktualisierte Liste von Apotheken, die Covid-19-Antigen-Schnelltests durchführen.
Auch in Deutschland gibt es eine wachsende Nachfrage von Privatpersonen nach Schnelltests. Laut einer aktuellen Umfrage des Apothekerverbands Nordrhein fragen vor allem Laien in den Apotheken nach solchen Schnelltests. Ärzte, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Pflegedienste, Pflegeheime und Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kitas fragten demnach vergleichsweise seltener an.
Wie in Deutschland gibt es seit Kurzem auch in Österreich kostenlose FFP2-Masken für Ältere, allerdings sind die Apotheker anders als hierzulande in die Verteilung nicht eingebunden, sondern das Ganze erfolgt per Post. Geplant ist, dass alle über 65 Jahre in einem Schwung zehn Masken erhalten sollen, bestätigte das österreichische Gesundheitsministerium auf Nachfrage. Mitte Dezember winkte der Bundesrat das Vorhaben durch. Die Auslieferung der FFP2-Masken werde quer über Österreich verteilt in mehreren Tranchen erfolgen, erklärte das Ministerium der PZ. Noch vor Weihnachten sollten die ersten Lieferungen stattfinden, so der Plan. Details etwa zu den Kosten, die dem Bund dadurch entstehen, nannte das Ministerium nicht. Auch ob im weiteren Verlauf der Pandemie die Abgabe weiterer Masken notwendig werden könnte, sei demnach noch nicht abzuschätzen, hieß es.
Fest steht aber, dass etwa 1,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Österreich Anspruch auf die Masken haben, wobei allein deren Alter zählt; Vorerkrankungen und andere Risikofaktoren fallen nicht ins Gewicht. Ob die Bundesregierung den Postweg gewählt hat, um damit schon im Vorhinein Anstürme und Warteschlangen vor Apotheken zu verhindern, wie es teils in deutschen Apotheken passierte, wollte der Sprecher nicht bestätigen. In erster Linie sollte es sich um ein niedrigschwelliges Angebot handeln, das sicherstellt, dass alle Anspruchsberechtigten Masken bekommen, erklärte er.
Impfen in Apotheken ist wie auch in Deutschland ein großes Thema in Österreich. Bislang ist es der Apothekerschaft nicht erlaubt, in ihren Offizinen zu impfen. Hierzu sei man aber schon lange in Gesprächen mit der Politik, erklärte der Apothekerverband. Ziel sei, dass Apotheker nach einer »Impf-Ausbildung« Vakzine wie etwa gegen Grippe oder FSME verabreichen dürften. Die Apothekerkammer ergänzt, es sei erklärtes Ziel des Berufsstandes, dass das Impfen in Apotheken rasch ermöglicht wird.
Ob die Apothekerschaft in die Covid-19-Massenimpfungen einbezogen wird und wenn ja, wie, ist in Österreich noch unklar. Laut Apothekerverband sind die Apotheker für die erste Impfwelle im Januar nicht eingeplant – für weitere Schritte liefen derzeit Gespräche, heißt es. In Deutschland ist der Einsatz von Apothekenteams in den bundesweit rund 400 Impfzentren fest eingeplant. Apothekerinnen und Apotheker sowie PTA sollen vor Ort die Rekonstitution und das Vorbereiten des tiefgekühlten Covid-19-Impfstoffs von Biontech/ Pfizer übernehmen.
In der Miniserie »Apotheken in der Coronavirus-Pandemie« stellt die PZ vor, wie Apotheker mit der Krise in anderen Ländern umgehen und welche Beiträge sie dort leisten, um die Pandemie einzudämmen. Den Anfang machte die Schweiz – dort dürfen Apotheker beispielsweise auf SARS-CoV-2 testen und gegen Covid-19 impfen. In Teil 2 wird erklärt, dass Pharmazeuten in Großbritannien ebenfalls gegen Covid-19 impfen dürfen.