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EMA prüft Sabizabulin

Neues Covid-19-Medikament in Sicht

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat mit der Bewertung eines neuen Medikaments zur Behandlung von Patienten mit moderatem bis schwerem Covid-19 begonnen. Geprüft wird der Mitosehemmer Sabizabulin.
Daniela Hüttemann
02.08.2022  15:32 Uhr

Sabizabulin stammt eigentlich aus der Krebsforschung. Ähnlich wie Colchicin bindet es an Untereinheiten der Mikrotubuli und vernetzt diese, wodurch der Zellzyklus zum erliegen kommt. Dies betrifft vor allem sich schnell teilende Zellen. Mikrotubuli helfen auch dem Coronavirus SARS-CoV-2, die menschliche Wirtszelle zu entern und zu verlassen. Daher soll Sabizabulin die Virusreplikation hemmen. Zudem soll es die inflammatorische Reaktion des Körpers unterdrücken.

Vor Kurzem erschienen Phase-III-Studiendaten von 210 hospitalisierten Covid-19-Patienten mit moderatem bis schwerem Verlauf und hohem Risiko für ein akutes respiratorisches Stresssyndrom (ARDS) und tödlichem Verlauf im neuen Fachmagazin »New England Journal of Medicine Evidence«. Die Patienten erhielten entweder einmal täglich 9 mg des oral verfügbaren Wirkstoffs Sabizabulin oder Placebo, jeweils zusätzlich zur bisherigen Standardbehandlung mit Medikamenten wie Remdesivir, Dexamethason, IL-6-Antikörpern wie Tocilizumab oder JAK-Inhibitoren wie Baricitinib. Unter den Patienten waren auch solche mit Delta- oder Omikron-Infektion.

Eine Analyse der ersten 150 eingeschlossenen Patienten ergab: Die Sabizabulin-Gabe konnte das Risiko für einen tödlichen Verlauf innerhalb der nächsten 60 Tage um 55,2 Prozent gegenüber Placebo senken. Bei den 52 Probanden der Placebogruppe lag die Mortalitätsrate bei 45,1 Prozent gegenüber 20,2 Prozent bei zusätzlicher Sabizabulin-Gabe. Die Liegedauer auf der Intensivstation konnte um 43 Prozent reduziert werden, die Tage an mechanischer Beatmung um 49 Prozent und die Liegedauer im Krankenhaus insgesamt um 26 Prozent.

Zwar hat Hersteller Veru aus Wisconsin, USA, selbst noch keinen Antrag auf eine Zulassung oder ein Rolling-Review-Verfahren bei der EMA gestellt. Trotzdem begann die Behörde ein Review der vorliegenden Daten, um den EU-Mitgliedstaaten die Entscheidung über den frühzeitigen Einsatz des Medikaments zu erleichtern, meldet die EMA. Es handele sich um das erste derartige Review nach einer neuen EU-Gesetzgebung, die die Rolle der EMA bei gesundheitlicher Notlage von internationaler Tragweite stärken soll. Deutschland hatte die Prüfung angefordert. Zum Zeithorizont der Begutachtung machte die Behörde keine Angaben.

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