Neuer Angriffspunkt bei Schnupfenviren entdeckt |
Daniela Hüttemann |
21.06.2019 17:00 Uhr |
Wie ein Schlüssel ins Schloss kann sich die Substanz in eine Tasche der Virushülle einlagern. / Foto: Neyts et al.
Zu den Picornaviren gehören unter anderem Rhinoviren, die jährlich Millionen Fälle von Erkältungen verursachen, aber auch Enteroviren, die Magen-Darm-Infektionen, Hirnhautentzündungen oder Polio auslösen können. Bislang können solche Infektionen nur symptomatisch, nicht aber ursächlich behandelt werden. Belgische und finnische Forscher wecken nun Hoffnung, dass sich dies in Zukunft ändern könnte.
Bei ihrer Suche nach potenziellen Arzneistoffkandidaten gegen Viren fanden die Teams von den Universitäten in Leuven und Helsinki Substanzen, die Viruspartikel unterschiedlicher Picornaviren stabilisieren konnten. Damit nahmen sie den Virionen die Fähigkeit, sich so zu verformen, dass sie mit der Wirtszelle in Kontakt treten und die virale RNA freigeben können. Um herauszufinden, wie die Substanz diesen Effekt zustande bringt, stellten die Forscher um die Professoren Dr. Johan Neyts und Dr. Sarah J. Butcher ein hochauflösendes Modell des Virus-Wirkstoff-Komplexes mittels Kryo-Elektronenmikroskopie dar.
Obwohl Picornaviren bereits gut untersucht sind, entdeckten die Wissenschaftler zu ihrem Erstaunen eine bis dato unbekannte Tasche an der Oberfläche der Viren, an die die Substanz gebunden hatte, berichten sie im Fachjournal »PLOS Biology«. Durch diese Bindung war jegliche Konformationsänderung des Virus unterbunden – und damit auch die Interaktion mit der Wirtszelle. Das Besondere: Diese Bindungstasche scheint hoch konserviert über viele verschiedene Spezies von Picornaviren zu sein. Die Forscher hoffen daher, dass ein möglicher Arzneistoff relativ sicher vor einer Resistenzentwicklung wäre, was normalerweise gerade bei Viren ein großes Problem ist.
Die Teams haben bereits mit der Wirkstoffoptimierung begonnen, um Substanzen zu entwickeln, die noch besser an die Tasche binden können. »Unsere Ergebnisse eröffnen uns einen neuen Ansatz für das Design von Breitspektrum-Arzneistoffen gegen Rhinoviren und Enteroviren«, so Studienleiter Neyts. Bis zur Anwendung am Menschen ist es jedoch noch ein weiter Weg.